Altona warnt Bauherren vor punktuell instabilem Grund. Im schleswig-holsteinischen Quickborn sackte die Erde ab, weil ein Hohlraum einstürzte.

Hamburg. Wie erdbebengefährdet ist Hamburg? Nachdem im schleswig-holsteinischen Quickborn Teile eines Spielplatzes 80 Zentimeter tief im Boden versanken, weil der Hohlraum eines darunter liegenden Salzstocks kollabierte, wächst die Sorge vor einem ähnlichen Ereignis in Hamburg. Die SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Martina Koeppen und Anne Krischok sprechen sogar von einer "realen Erdbebengefahr" und fordern deshalb genaue Untersuchungen der Hamburger Salzstöcke sowie Änderungen der Baurichtlinien in gefährdeten Gebieten.

Grund für die Forderung: Der eingestürzte Quickborner Salzstock ist Teil eines 23 Kilometer langen Massivs, das sich von Schleswig-Holstein über Langenfelde bis nach Othmarschen an die Elbe zieht und auch auf Hamburger Stadtgebiet kritische Höhenlagen aufweist. Diese Lagen - etwa am Altonaer Krankenhaus, der ehemaligen Ziegeleitongrube in Langenfelde oder im Bereich Groß Flottbek - befinden sich nur wenige Meter unter der Erdoberfläche und sind anfällig für Wechselwirkungen mit Wasser. Kommen das sogenannte Hutgestein des Salzstocks und Grundwasser in Berührung, kann es zu Lösungsprozessen und schließlich zum Einsturz kommen. In Quickborn war das die Ursache des absackenden Erdreichs, wie das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume in einem Gutachten urteilt.

38 derartige Erdfallstrukturen hat der Geologe Nils Buurmann in seiner Dissertation auch im Hamburger Stadtgebiet beschrieben. Sie wurden während des Forschungsprojektes "Hamburg - ein dynamischer Untergrund", das von der Universität Hamburg und der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt umgesetzt wurde, entdeckt. Unter anderem erschütterten Einsturzbeben in den Jahren 2000 und 2009 Teile der Stadt, weiter zurückliegende Erdfälle ließen etwa den 80 Meter breiten Bahrenfelder See entstehen und sind am westlichen Rand des Flottbeker Marktplatzes zu finden. Zuletzt ereigneten sich zwei Erschütterungen im April des Vorjahres in Groß Flottbek, wie aus einer Kleinen Anfrage der beiden SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Koeppen und Krischok hervorgeht.

Nicht zuletzt deshalb beginnt der Bezirk Altona jetzt, Bauherren in Flottbek punktuell auf die Aktivitäten im Erdreich hinzuweisen, wie Sprecherin Kerstin Godenschwege sagt. So sei der kürzlich fertiggestellte Aldi-Markt am Flottbeker Markt mit entsprechenden Bauauflagen entstanden, auch die geplanten Bauvorhaben "Flottbek 10" und "Flottbek 14" sollen mit "Hinweisen" auf den Salzstock versehen werden.

Renate Taugs, Leiterin des Geologischen Landesamts Hamburg, begrüßt zwar die Forderung nach weiteren Untersuchungen der Salzstöcke - ein entsprechendes Projekt sei in Planung -, könne aber keine akute Gefahr ausmachen. "Die bisher in Hamburg bekannten Erdfälle zeigen ein langsames Deformationsverhalten, mit Absenkraten von zwei bis fünf Millimetern und keinen großen Schadensfällen." Aber: Aussagen zur Wahrscheinlichkeit von Erdfällen könnten kaum getroffen werden.

Dass es jederzeit passieren kann, musste die 81-jährige Edeltraut Glaubke an der Quickborner Marienhöhe erfahren. Sie habe sich erst vor ein paar Tagen von dem Schock über das große Loch vor ihrem Haus erholt. "Ich war ganz durcheinander", erzählt die tapfere Frau, "und wollte im ersten Moment schon zu meiner Tochter Karin nach Rissen ziehen." Doch nun will sie bleiben. Selbst wenn das schleswig-holsteinische Landesamt keine Entwarnung geben kann und konstatiert: "Es ist nicht auszuschließen, dass es zu weiterer Erdfalltätigkeit in diesem Bereich kommen kann."

An den letzten größeren Vorfall in Hamburg kann sich die Flottbeker Friseurmeisterin Karin Witt erinnern: "Im Jahr 2004 gab es einen lauten Knall. Als ich nach unten in meinen Salon lief und die kaputten Gläser sah, war mir klar: ein Erdbeben." Geologin Renate Taugs sagt dazu: "Das war tatsächlich ein Erdbeben der Stärke 4,5 auf der Richterskala, hing aber mit Erdgasbohrungen in Niedersachsen zusammen." Die Hamburger Einsturzbeben der Jahre 2000 und 2009 seien dagegen "lokal stark begrenzt" und in anderen Stadtteilen kaum messbar gewesen.