An der Quickborner Marienhöhe gab die Erde bis zu 70 Zentimeter nach. Anlieger sind total verunsichert

Quickborn. Hannelore Eich hatte es irgendwie gespürt. "Mir war ganz schwindelig", erzählt die 84 Jahre alte Dame, die seit 38 Jahren in der Quickborner Marienhöhe Nummer 12 lebt. Direkt vor ihrem Haus ist der Boden abgesackt. An einer Stelle auf dem Spielplatz 70 Zentimeter tief. In der Nacht zum Freitag bereitete sich Hannelore Eich darauf vor, ihre Wohnung verlassen zu müssen. Wie die anderen 52 Bewohner in dem Mehrfamilienhaus. "Ich hatte schon die nötigsten Sachen zusammengepackt", sagt die Frau. Sie wollte zu ihrer Enkelin ins benachbarte Ellerau. Doch dann gab es Entwarnung von der Stadtverwaltung, die die Bewohner um 19.30 Uhr zu einer Versammlung vor dem Haus zusammengetrommelt hatte. In der Nacht zum Freitag hatte sich die Lage wieder etwas entspannt, es gab keine weitere Absackung.

Hohlräume über Salzstöcken sacken gelegentlich ein

Was in dem Wohngebiet im Quickborner Ortszentrum passiert ist, nennen die Geologen einen Erdfall. Da die Eulenstadt über einem großen Salzstock liegt, der bis nach Hamburg hineinreicht, kann es im Übergang zum Erdreich, im so genannten Hutgestein, zu Hohlräumen kommen, wenn Grundwasser dieses lösungsanfällige Gestein teilweise weggespült hat, erklärt Thomas Liebsch-Dörschner. Das könne plötzlich oder wie in Quickborn ganz allmählich geschehen. Die Stadtverwaltung hatte den Geologen vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume aus Kiel schon am Mittwoch eingeschaltet, als der Boden an der Hecke zum Spielplatz bereits 30 bis 40 Zentimeter weggesackt war. Ein Anwohner hatte die Verwaltung alarmiert. Sofort wurden der Spielplatz und Teile des angrenzenden Parkplatzes gesperrt. In den Häusern 12 und 14 darf aus Sicherheitsgründen der Fahrstuhl nicht mehr benutzt werden.

Auch die Stadtwerke mussten reagieren. Da drohte, dass die Wasser- und Stromleitungen durch den Erdfall beschädigt werden könnten, wurden provisorisch neue Leitungen gelegt. Mit Strom und Wasser seien die Bewohner aber versorgt. "Nur nach dem Deutschlandspiel könnte es kurzfristig knapp werden", warnte Astrid Oltersdorf. "Da sieht man, was das alles für Kreise ziehen kann", sagte der Erste Stadtrat Klaus H. Hensel, der Bürgermeister Thomas Köppl vertrat, der im Segelurlaub auf der Ostsee unterwegs ist.

Nachdem sich am Donnerstag die Situation zunächst dramatisch verschlechterte, die Erde noch weiter absackte, beruhigte sich das Geschehen am Abend wieder. Die ganze Nacht hindurch zum Freitag kontrollierten Geologen alte Risse im Keller des Hauses und auf der Straße, ob diese sich veränderten, erklärte Hensel. Aber zum Glück geschah nichts weiter.

Mit mehreren elektronischen Geräten wird jetzt in den nächsten zwei bis drei Wochen jede kleinste Erdbewegung in diesem Bereich gemessen. Falls es zu dramatischen Veränderungen kommen sollte, werde die Stadt die Anwohner sofort informieren, versichert Hensel. Am Freitagabend wurden alle 75 Bewohner des Mehrfamilienhauses Marienhöhe 10-14 von der Stadtverwaltung über den neuesten Stand unterrichtet, sagte Ordnungsamtsleiterin Helga Lohse. Sie erklärte dort, dass die Messwerte auch den ganzen Tag hindurch keinen Anlass zur Sorge ließen. Aber die Schwingungs- und Rissbreiten-Messgeräte, die das Vermessungsbüro Kruse aus Pinneberg an diversen Fixpunkten am und rund ums Haus installiert hat, würden sofort ausschlagen, falls sich daran etwas ändern sollte. "Sobald bestimmte Grenzwerte überschritten werden, läuft automatisch eine E-Mail bei der Feuerwehr, der Polizei und bei mir im Ordnungsamt auf", erläutert Helga Lohse. Rund 5000 Euro kosten diese Messungen, für die wohl der Eigentümer Adlershorst aufkommen wird.

Der Prophetensee ist durch eine solche Absackung entstanden

In Quickborn war dies nicht das erste Ereignis dieser Art. Vor 12 000 Jahren ist durch einen Erdfall der spätere Prophetensee entstanden. Und 4000 Jahre später der Mühlenbergsee, weiß der Geologe. Zuletzt sei im Jahr 2004 ein Erdfall in Münsterdorf im Kreis Steinburg aufgetreten. Dieses Problem könne immer mal wieder oberhalb des Salzstocks passieren, der 20 bis 46 Meter unter Quickborn beginnt und bis zu acht Kilometer tief ist. Liebsch-Dörschner: "Beheben können wir das Problem nicht. Nur auffüllen und hoffen, dass es hält." Meist aber seien Erdfälle einmalige Ereignisse, beruhigt der Experte. Nachsackungen träten eher selten auf.