Stararchitekt und Künstler planen öffentliche Nutzung für die alte Seefahrtschule. Die Stadt will hier dagegen lieber Luxuswohnungen bauen.

Altona. Neue Pläne für die leerstehende Seefahrtschule an der Rainvilleterrasse auf dem Elbhang. Seite 2005 steht das in den 30er-Jahren im Bauhausstil errichtete Gebäude leer. Nun möchte der weltbekannte Hamburger Architekt Meinhard von Gerkan die Seefahrtschule gemeinsam mit seinem Partner Volkwin Marg und anderen Kulturschaffenden hier eine Architekturakademie mit Kulturzentrum und Restaurant wieder mit Leben erfüllen.

Offiziell versucht die Stadt derzeit, die Immobilie möglichst teuer zu verkaufen. Aktuell stehe man in Verhandlung mit einer Reederei, hieß es nun in Hamburgs wohl geheimster Kommission, der Kommission für Bodenordnng. Das als denkmalwürdig eingestufte Haus abzureißen und Luxuswohnungen neu zu bauen, ist der Plan. Etwa 18 Millionen Euro soll das bringen.

Die Pläne anderer Anbieter rückten die Verwaltungsvertreter erst auf Nachfragen raus. Denn noch ein zweites Angebot liegt der Stadt vor, wie das Abendblatt erfuhr. Unter Federführung von Architekt Meinhard von Gerkan möchte ein Bündnis aus Kultur- und Hochschuleinrichtungen das Gebäude nutzen und auch kaufen. Der große Unterschied: "Wir nehmen die Bildungstradition dort wieder auf und erhalten die alte Seefahrtschule", sagte von Gerkan auf Nachfrage.

Dies sieht sein Konzept vor: Die von Gerkan und seinem Büropartner Volkwin Marg gegründete Academy for Architectural Culture sowie die Brand Academy, eine Hochschule für Design und Kommunikation, bilden die eigentliche Bildungseinrichtung. Rund 300 Studenten, viele davon Stipendiaten aus dem Ausland, würden dort studieren. Aber auch die 1947 gegründete Freie Akademie der Künste will dort einziehen. Ebenso das Kultwerk West.

"Wir werden die alte Seefahrtschule aber auch wieder für die Öffentlichkeit öffnen", sagt von Gerkan. Partner für diesen Teil des Vorhabens ist der Sternekoch Ali Güngörmüs, der für das nahe Restaurant Le Canard Nouveau einen Michelin-Stern erkocht hat. "An der Seefahrtschule wollen wir auch erstklassige Qualitäten bieten - aber für ein breites Publikum zu erschwinglichen Preisen", sagt er. Gerade die große Terrasse mit Blick auf Elbe und Hafen würde viele tolle Möglichkeiten bieten.

Damit würde Güngörmüs an eine alte Tradition anknüpfen. Im Jahr 1798 eröffnete an derselben Stelle ein Gastrobetrieb, der lange ein beliebtes Ausflugslokal gewesen war.

Wer nun von der Stadt den Zuschlag erhält, ist noch offen, zumal es auch einen Altonaer Künstler- und Kreativenverbund mit Namen "Anna Elbe" gibt, der das Haus ebenfalls erhalten will. Vielleicht ergebe sich mit den Akademie-Plänen auch eine Zusammenarbeit, so Sprecher Christian Kaiser.

Die Kultur- und Akademiepläne ließen sich jedoch schneller als Luxusbauten realisieren: Denn um auf dem Elbhang über dem alten Fischereihafen Wohnungen zu bauen, müsste voraussichtlich der Bebauungsplan geändert werden - was gut zwei Jahre dauern könnte. Die Umbaupläne von Architekt von Gerkan und Brand-Academy-Gründer Shan Fan, einem international bekannten Maler, wären in einem Jahr umgesetzt, sagen sie. Ihr Kaufangebot liegt zwar etwas unter dem der Wohnungsbau-Investoren, doch könnte der Betrag sofort gezahlt werden, nicht erst, wenn das Baurecht vorliegt.

Hintergrund: Die Academy, die als mobile Institution bereits weltweit arbeitet, wird von der gmp-Stiftung finanziert. Die Stiftung hatten von Gerkan und seine Büropartner gegründet und Teile des Gewinns dafür abgeführt. Immer mit dem Ziel, eine feste Architektenschmiede in Hamburg zu gründen. Zunächst sollte sie im Jenischpark gegründet werden, was aber Anwohner verhinderten. Die Seefahrtschule hatte die Stadt da gerade der Rickmers-Gruppe zur Planung eines Reedereizentrums zugesprochen. Das Projekt zerschlug sich aber auch.

Die Kommission für Bodenordnung jedenfalls hat sich nun erst einmal auf November vertragt.