Die Welt blickt auf Hamburg. Der angekündigte Rücktritt des Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) und die Schlappe des Senats beim Volksentscheid um die Primarschule haben ein großes Echo ausgelöst. Das Abendblatt hat einige Pressestimmen ausgewählt.

"Neue Zürcher Zeitung" (Schweiz):

"Beust hat nicht eben edel gehandelt. Sein unvermittelter Abgang war zwar ruhiger und nobler als der Bundespräsident Köhlers, vermittelt aber ein ähnlich unangenehmes Flair von Überdruss und Ichbezogenheit."

"The New York Times" (USA):

"Herr von Beust trat zurück wegen wachsenden Widerstands gegen seine Pläne für die Schulreform und ausufernder Kosten für ein Kulturzentrum. Es ist unklar, ob die schwarz-grüne Koalition in Hamburg überleben wird."

"Süddeutsche Zeitung" (München):

"Die Flucht des inselreifen Bürgermeisters aus dem Amt wäre für sich genommen ein Grund, das Regierungsbündnis aufzukündigen; ohne diesen Architekten wäre es nie dazu gekommen. Und die Amputation der Schulreform um ihren am meisten diskutierten Teil, das längere gemeinsame Lernen, könnte ebenfalls taugen, um aufzugeben. Doch da beides so verhängnisvoll zusammentrifft, sähe ein Rückzug der Restregierung aus wie eine Kapitulation vor der Aufgabe Politik generell. Deshalb ist Schwarz-Grün in Hamburg fürs Erste zum Weitermachen verdammt."

"Nürnberger Nachrichten":

"Alles hat seine Zeit, sagte Ole von Beust zu seinem Rücktritt. Ein Zitat aus der Spruchsammlung des 'Predigers Salomo'. Da werden etliche Gegensätze aufgezählt, die 'ihre Zeit' haben. Unter anderem 'behalten und wegwerfen'. Aber diese Passage zitierte von Beust nicht. Sonst wäre überdeutlich geworden, dass er sich fürs Wegwerfen entschied."

"Daily Telegraph" (England):

"Es gab seit einigen Monaten Gerüchte, dass Herr von Beust amtsmüde war. Für Kanzlerin Merkel könnte der Rücktritt neue Kopfschmerzen und Zweifel an ihrer Führung bedeuten."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung":

"Es ist jedenfalls kein sehr beruhigendes Zeichen, wenn die Wähler, die nicht so einfach von ihren Problemen zurücktreten können, von der Politik keine Zukunftsperspektiven mehr und keinen Glauben an die Stabilität der Demokratie (und ihrer Vertreter) vermittelt bekommen, sondern nur das Bild eines zerrütteten Haufens demotivierter Gestalten, die den Einsatz für die Res publica als eine auf Dauer nicht lohnenswerte Anstrengung betrachten und mit einem gewissen Stolz erklären, sich in ihrem Leben 'auch etwas anderes vorstellen' zu können (Geld in der Wirtschaft machen, Urlaub auf Sylt)."

"Le Monde" (Frankreich):

"Ole von Beust ist der sechste konservative Ministerpräsident, der binnen eines Jahres geht. Rund um Angela Merkel lichten sich die CDU-Reihen."

"El Pais" (Spanien):

"Der Rücktritt eines weiteren CDU-Ministerpräsidenten verschärft die Krise von Angela Merkel."

"Dresdner Neueste Nachrichten":

"Mit einer Frechheit, die sich Pressestatement nannte, fand die politische Karriere des Bürgermeisters Ole von Beust ihr passendes Ende: Ich bin dann mal weg. Wählerauftrag für vier Jahre, Chef einer schwarz-grünen Landesregierung mit Modellcharakter, Verantwortung übernehmen für eine vermurkste Schulreform: schnurzpiepegal."

"tageszeitung" (Berlin):

"Der Urnengang hat das hässliche Wort vom Gucci-Protest bestätigt. Das Großbürgertum riegelt hinter sich ab, die Mittelschicht versucht, noch eben durch den Türspalt zu huschen. Das Hamburger Establishment hat ganz selbst-bewusst entschieden, seine Kinder nur vier Jahre mit den Bildungsverlierern zu belästigen. Wo blieb die starke Bewegung für die Primarschule?"

"Die Presse" (Österreich):

"Die Rücktrittswelle in der CDU nimmt nicht erst seit dem vorzeitigen Abgang von Ole von Beust am Montag Ausmaße an, die politische Beobachter stutzig machen müssen. Entweder stehen jeweils vertuschte Ursachen hinter den doch nicht so harmlosen Abgängen, oder irgendetwas an Angela Merkels Führungsstil treibt männliche Hoffnungsträger der Christdemokraten in Scharen aus den Ämtern."