NPD verbieten? Beim Wettbewerb “Jugend debattiert“ lieferten sich zwölf Schüler packende Wortgefechte. Bundeswettbewerb im Juli.

Hamburg. Wenn Jakob Rehder argumentiert, dann spricht nicht nur sein Mund. Es sprechen auch seine Hände, mit denen er seinen Standpunkt klarstellt, Akzente setzt. Laut und deutlich schallt seine Stimme an diesem Tag durch den Großen Festsaal des Hamburger Rathauses. Seine Aufgabe: das Publikum davon zu überzeugen, dass es richtig ist, die NPD zu verbieten. "Eine für mich ziemlich anspruchsvolle Aufgabe", gibt der 16-Jährige zu, der die Oberstufe der Gelehrtenschule des Johanneums besucht. "Ich habe zu dieser Fragestellung keine eindeutige Meinung, auf dem Podium muss ich mich aber ganz klar auf eine Seite stellen und überzeugend sein." Dass dem jungen Mann aus Winterhunde dies mehr als gelungen ist, bestätigt am Ende das Jury-Urteil. Im Juli darf der Schüler als Hamburgs bester Redner in seiner Altersklasse die Stadt beim Bundesfinale von "Jugend debattiert" in Berlin vertreten. "Ich freue mich wahnsinnig", sagt Jakob nach dem Wortgefecht. "Ich hatte starke Gegner."

Neben Jakob Rehder haben in diesem Jahr 7225 Jugendliche aus Hamburg beim bundesweiten Schülerwettbewerb teilgenommen. Zwölf Schüler, die sich erst an ihrer Schule, danach auf Regionalebene durchgesetzt haben, waren gestern ins Rathaus gekommen, um in Rededuellen ihre Kräfte zu messen. In Zweierteams, jeweils für die Pro- und Kontra-Seite, traten sie auf dem Podium gegeneinander an. Die Fragestellung in der Finaldebatte der Klassenstufen acht bis zehn: "Sollen Fußballvereine für das Fehlverhalten ihrer Fans stärker bestraft werden?" Die Schüler der Oberstufe setzten sich mit dem Parteiverbot der NDP auseinander. "Die Teilnehmer konnten sich natürlich vorbereiten", so Karlheinz Goetsch, Landesbeauftragter für "Jugend debattiert" Hamburg. "Aber ob sie in der Finaldiskussion dafür oder dagegen argumentieren müssen, wissen sie nicht."

+++ Reden ist Gold +++

Für Marvin Serra Glinski vom Gymnasium Heidberg lag genau da der Reiz. Er musste gegen ein Verbot der NPD argumentieren. "Meine Meinung, die ich im Vorwege hatte, wurde zum Teil relativiert, nachdem ich mich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hatte", so der Zweitplatzierte, der gemeinsam mit Jakob Rehder Anfang Juli zum Finale nach Berlin fahren und vor dem Schirmherrn, Bundespräsident Joachim Gauck, sein Redetalent beweisen muss. Begleitet werden sie von Emily Philippi vom Christianeum und Tim Viereck vom Charlotte-Paulsen-Gymnasium, die den ersten und zweiten Platz in der Gruppe der Acht- bis Zehntklässler erringen konnten.

Die Regeln waren jedoch in beiden Altersgruppen gleich: Der Teilnehmer hat zu Beginn zwei Minuten Redezeit, anschließend folgen zwölf Minuten freie Diskussion, bis am Ende wieder alle Schüler eine Minute Zeit für ihre abschließenden Worte haben. Regeln, an die sich die Teilnehmer fast ausnahmslos hielten. 24 Minuten lang argumentierten sie mit fester Stimme, ordneten die Themen geschichtlich ein und glänzten mit Fachkenntnissen - zum Teil wurden sogar Paragrafen zitiert. Ein kleines bisschen Aufregung war bei fast allen Teilnehmern zu spüren - verständlich bei mehreren Hundert Zuhörern im pompösen Festsaal des Rathauses.

Selbst die Fachleute in Sachen Rhetorik, beispielsweise Lehrer Bernd Stinsmeier, Vorsitzender der Jury, zeigte sich begeistert von der Leistung der Schüler. "Ihr seid sehr souverän gewesen und habt gezeigt, wie sehr Debatten die Demokratie bereichern können", sagte er. Schulsenator Ties Rabe ist ähnlicher Meinung. "Die Jugendlichen lernen beim Debattieren, dass im Leben die Argumente zählen und eben nicht Gewalt, Seilschaften oder Geld", so der Senator. "Außerdem lernen die Schüler frühzeitig, Präsenz zu zeigen. Das kann nur gut sein für das Studium oder das Berufsleben." Für die beiden Hamburger Vertreter in Berlin, Marvin Serra Glinski und Jakob Rehder, steht vornehmlich der Spaß am Diskutieren im Vordergrund. Keiner von ihnen ist Mitglied in einer Partei, jedoch interessieren sich beide für gesellschaftliche und politische Themen. "Ich kann es nicht verstehen, wenn Leute sagen, dass die Politik langweilig ist und sie keinen Bock darauf haben", sagt der 18 Jahre alte Marvin, der ab dem kommenden Semester Rechtswissenschaft studieren möchte.

Den Wettstreit mit Jakob hat er als eine Debatte auf Augenhöhe wahrgenommen. "Und deshalb werden wir auch Seite an Seite in Berlin kämpfen und sehen uns keinesfalls als wirkliche Konkurrenten", stimmt Jakob zu. "Selbst wenn man leidenschaftlich und emotional diskutiert, darf man sich ein solches Streitgespräch nicht zu Herzen nehmen. Denn am Ende sind es sowieso nur die Argumente, die zählen."