Finanzsenator verteidigt Gründung einer Investitionsbank gegen Kritik und verweist auf Vorteile und Notwendigkeit einer Förderbank.

Hamburg. Schützenhilfe kam ausgerechnet vom "Tatort". Im Sonntagabendkrimi vergab eine Bankangestellte gutherzig, aber unter Missachtung der Vorschriften Kredite an Kleinunternehmer. Ihre Begründung: "Man bekommt leichter eine Million Euro als ein paar Tausend."

Der Film war Wasser auf die Mühlen des SPD-Senats, denn er steht massiv in der Kritik wegen seines Plans, eine Investitions- und Förderbank (IFB) zu gründen, die auch Kleinunternehmer fördern soll. Es bestehe in Hamburg gar keine Kreditklemme und somit auch keine Notwendigkeit für eine Förderbank, außerdem seien die Kammern nicht in die Planung mit einbezogen, hatte Handelskammer-Chef Fritz Horst Melsheimer den Senat im Abendblatt ungewöhnlich deutlich kritisiert.

Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) wollte den Konflikt gestern nicht weiter anheizen. Dennoch verwies er im Gespräch mit dem Abendblatt auf die Vorteile und Notwendigkeit einer Förderbank, wie sie alle anderen 15 Bundesländer schon haben. So sei die Wirtschaftsförderung in der Hansestadt auf diverse Institutionen und Behörden verteilt und daher völlig unübersichtlich; aufgrund der nirgendwo gebündelten Kompetenz habe Hamburg kaum Zugang zu EU-Fördermitteln; und die Finanzierungssituation für kleine und junge Unternehmen sei durchaus verbesserungswürdig. Daher solle die IFB unter anderem Firmengründern und Kleinunternehmern mit "Mikrokrediten" bis 25 000 Euro unter die Arme greifen. Ein Geschäft, das Banken mitunter scheuen, weil es kaum Erträge verspricht - nicht nur im "Tatort".

+++ Sachverstand für die Förderbank +++

+++ Stadt Hamburg will ins Bankgeschäft einsteigen +++

Dass Hamburg bei der Förderintensität - sie misst die Wirtschaftsförderung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt - Spitze sei, wie die Handelskammer behauptet hatte, wies Tschentscher zurück: Hamburg habe 2010 nur aufgrund von Sondereffekten wie einem Programm gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise einen Spitzenplatz eingenommen. "In den Vorjahren waren wir Letzter oder Vorletzter, hinter uns lag nur das Saarland. Daher sind wir der Meinung, dass die Stadt in dem Bereich noch eine Menge tun kann."

Die SPD verfolgt seit der Regierungsübernahme das Ziel, die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt in eine Investitionsbank umzuwandeln. Unter ihrem Dach sollen alle Fördereinrichtungen der Stadt gebündelt werden. Noch vor dem Sommer wird der Senat der Bürgerschaft einen neuen Sachstandsbericht geben. Ziel ist es, dass die IFB Anfang 2013 die Arbeit aufnimmt.

Zur IFB soll künftig auch die Innovationsstiftung Hamburg gehören. Mit ihrem Vermögen von gut 60 Millionen Euro gehört sie zu den Herzstücken der Wirtschaftsförderung in der Stadt. Nachdem bisher drei Optionen für die Zukunft der Stiftung diskutiert wurden, gibt es nun Klarheit: Sie soll nach den Plänen des Senats aufgelöst werden, ihre Aufgaben gehen auf eine "Innovationsagentur" unter dem Dach der IFB über. Die Hälfte des Stiftungskapitals soll künftig auch als "Eigenkapitalunterlegung" für Darlehen an innovative Firmen dienen, die andere Hälfte wird für Projekte gebraucht, die Hamburg zur "Innovationshauptstadt" machen sollen - ein Vorgehen, das umgehend heftige Kritik der GAL-Fraktion auslöste: "Es wäre kontraproduktiv, die Innovationsstiftung ausbluten zu lassen", so der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Anjes Tjarks. "Mit der Auflösung der Stiftung würde der Senat sich von einer nachhaltigen Wirtschaftsförderung verabschieden und von der Substanz zehren."

Während Kritiker der Senatspläne zudem die Auffassung vertreten, für eine Reform der Hamburger Förderlandschaft sei keine Bank erforderlich, ist diese aus Sicht von Tschentscher unerlässlich: "Bisher beruht die Hamburger Wirtschaftsförderung fast ausschließlich auf Zuschüssen und Beratung. Wir halten es für sinnvoll, dies durch Förderung mit zinsgünstigen Darlehen zu ergänzen. Um diese Darlehen vergeben zu können, benötigt man aber eine Bank mit entsprechender Lizenz." Die IFB werde aber nicht als Konkurrent anderer Banken und Sparkassen auftreten - außer bei besagter Vergabe von Mikrokrediten.

Befürchtungen, das künftige Institut könne aufgrund spekulativer Transaktionen zur finanziellen Belastung für Hamburg werden, sind nach Darstellung des Senators unbegründet. "Wir verfolgen nicht das Ziel, dass die IFB mit ihren Erträgen den Haushalt rettet. Die Bank wird sich im Hinblick auf Risiken sehr konservativ verhalten. Wir schaffen keine zweite Landesbank", erklärt der Senator.

Dennoch gab es gestern erneut Kritik. "Den Senatsplan, eine neue staatliche Bank in Hamburg zu gründen, werden wir nicht unterstützen", sagte der Vorsitzende des Industrieverbands Hamburg (IVH), Michael Westhagemann, dem Abendblatt. "Aus heutiger Sicht ist die Notwendigkeit einer solchen zusätzlichen Fördereinrichtung nicht zu erkennen. Vielmehr läge es näher, zunächst die kommunale HSH-Nordbank nachhaltig in ruhiges Fahrwasser zu bringen." Zudem müsse zunächst genau geklärt werden, wie die Gremien besetzt sein werden und wer über die Fördermittel entscheiden darf.