Christoph Ahlhaus tritt als Nord-Kreischef ab und verzichtet auf Bundestagskandidatur, bleibt aber in der Bürgerschaft.

Hamburg. Jahrelang galt der Kreisverband Nord als Hort der Stabilität in der Hamburger CDU. Parteifreunde aus stürmischeren Parteigliederungen wie Altona oder Mitte sprachen neidvoll vom "gelobten Land" Nord, in dem es keinen Streit gab und das Landesvorsitzende und Senatoren im Abonnement stellte: Dirk Fischer, Michael Freytag, Dietrich Wersich und mit Christoph Ahlhaus sogar einen Bürgermeister, wenn auch nur kurz.

In Zukunft könnte es auch in der CDU Nord etwas turbulenter zugehen. Ex-Bürgermeister und Kreisvorsitzender Ahlhaus hat die Vorsitzenden der neun Nord-Ortsverbände für Dienstagabend zu einer Sondersitzung eingeladen. Es gibt Brisantes zu besprechen: Bei dem Treffen wird Ahlhaus, wie die "Bild-Zeitung" bereits berichtete, seinen Rückzug erklären. Er wird bei der regulären Neuwahl im Mai nicht mehr als Kreischef antreten. Ahlhaus gibt auch seine Ambitionen auf eine Bundestagskandidatur auf, für die er noch bis vor Kurzem intern geworben hat, bleibt aber Bürgerschaftsabgeordneter.

+++ Fall Ahlhaus: Die Rätsel um den Hauskauf +++

+++ Der unendliche Villen-Streit +++

Dem Abendblatt wollte Ahlhaus seine Pläne, die auch eine berufliche Neuorientierung einschließen sollen, nicht bestätigen. "Es ist guter Stil, erst einmal mit den eigenen Parteifreunden zu sprechen", sagte Ahlhaus. Entscheidend für den politischen Rückzug dürften die Dauerauseinandersetzungen über die Ahlhaus-Villa in den Elbvororten sein. Vor vier Wochen hatte das Abendblatt darüber berichtet, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Bürgermeister wegen des Verdachts der Vorteilsnahme im Zusammenhang mit dem Hauskauf eingeleitet hat. Der Ex-Regierungschef bezeichnete die Vorwürfe, die auf einer anonymen Anzeige basieren, als "völlig absurd". Doch zugleich nahm die parteiinterne Kritik an seinem Verhalten zu. Manch ein Parteifreund riet Ahlhaus zu umfassender Transparenz in der Haussache.

Schon zuvor gab es in der CDU Nord eine Diskussion darüber, ob Ahlhaus der richtige Bundestagskandidat für den Wahlkreis Nord/Alstertal sein könne. Als damaliger Spitzenkandidat ist er neben dem früheren Partei- und Fraktionschef Frank Schira entscheidend mitverantwortlich für das Wahldebakel der CDU bei der Bürgerschaftswahl vor einem Jahr. An der CDU-Basis und in der CDU-Wählerschaft gibt es jedoch auch immer wieder Befremden über die großzügige Dimension der Ahlhaus-Villa. Das Millionenobjekt mit großem Grundstück in einer der teuersten Lagen der Stadt sei für einen CDU-Politiker "unhanseatisch".

Nach Abendblatt-Informationen bröckelte der Rückhalt für Ahlhaus innerhalb der Nord-CDU zunehmend. Der eine oder andere Parteifreund machte dem Ex-Bürgermeister deutlich, dass seine Wiederwahl als Kreisvorsitzender keineswegs gesichert sei. Zwischen Kreischef Ahlhaus und seiner Stellvertreterin Viviane Spethmann, der rechtspolitischen Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion, soll es darüber zum Zerwürfnis gekommen sein. Die Einschätzung seiner Chancen und die Dauerbelastung mit dem Hausthema dürften Ahlhaus bewogen haben, sich zurückzuziehen.

In der CDU Nord dürfte ein Gerangel um die Nachfolge entstehen. Die Machtfrage gilt als durchaus offen. Nach Abendblatt-Informationen favorisieren Ahlhaus, der Nord-Bundestagsabgeordnete und frühere Parteichef Dirk Fischer und weitere einflussreiche Parteifreunde den Bürgerschaftsabgeordneten Andreas Wankum als neuen Kreisvorsitzenden. Wankum gehört wie Ahlhaus und Fischer dem mächtigen CDU-Ortsverband Winterhude an, der mehr als ein Drittel der Nord-Mitglieder stellt. "Für mich ist der Kreisvorsitz bislang kein Thema", sagte Wankum. Er wolle außerdem abwarten, was Ahlhaus am Dienstag erkläre.

Spethmann soll intern bereits gesagt haben, nicht als Kreischefin antreten zu wollen. Denkbar, aber nicht sehr wahrscheinlich wäre auch, dass der Fuhlsbüttler CDU-Vorsitzende und Bürgerschaftsabgeordnete Klaus-Peter Hesse ins Rennen geht. Hesse ist beruflich stark in Berlin engagiert. Bürgerschafts-Fraktionschef Dietrich Wersich käme theoretisch in Betracht, hat aber in der CDU Nord nicht nur Freunde. Ein schlechtes Wahlergebnis würde ihn auch als Fraktionschef schwächen.

Überwölbt wird der Streit um den Kreisvorsitz von der Frage, wer als Bundestagsdirektkandidat für den Wahlkreis Nord/Alstertal antritt. Noch hat Dirk Fischer - seit 1980 im Bundestag - nicht erklärt, ob er erneut kandidieren will. Zwar wurde bislang erwartet, dass Fischer zugunsten seines politischen Ziehsohnes Ahlhaus verzichtet. Aber nun ist eine neue Lage entstanden. Denkbar ist, dass Fischer noch einmal vier Jahre anhängt, um dann den Platz für Wersich freizumachen, falls es mit dem Regierungswechsel im Rathaus 2015 nicht klappen sollte.

Andererseits werden auch Wankum Ambitionen nachgesagt, der Kreisvorsitz wäre dafür ein ideales Sprungbrett. Als wenig aussichtsreich gälte derzeit eine Bewerbung eines Wandsbeker Christdemokraten - etwa Frank Schira - im gemeinsamen Wahlkreis der Bezirke Nord und Wandsbek.