Es gibt Qualitätsstandards für Kindertagesstätten, aber bislang noch keine regelmäßigen Kontrollen - und nicht immer sind Mängel offensichtlich.

Hamburg. Wenn es in einer Kindertagesstätte drunter und drüber geht, wenn Qualitätsstandards nicht eingehalten werden und pädagogische Konzepte nicht auch tatsächlich realisiert werden, bekommen Eltern das meistens mit. Bei besonders schlimmen Versäumnissen kann die Sozialbehörde eine Einrichtung auch schließen. Wie berichtet, könnte die personelle Unterbesetzung bei der Kita Alsterzwergen in Rotherbaum laut Amt das Kindeswohl gefährden. Aber nicht immer sind Mängel offensichtlich, und nicht alles bekommen die Eltern auch tatsächlich mit. Regelmäßige Qualitätskontrollen an den Hamburger Kitas gibt es nicht. Dabei hatte der Senat geplant, dass bereits zum Jahresbeginn 2011 sogenannte Kita-Inspektoren ihre Arbeit aufnehmen. Doch bislang ist daraus nichts geworden. Noch immer arbeiten Träger und Behörde an Mindeststandards, die für alle Kitas Pflicht sein sollen.

"Wir prüfen zurzeit, wie wir eine Kita-Inspektion zu vernünftigen Konditionen in Hamburg einführen können. Sie soll in Richtung einer Qualitätssicherung und -entwicklung gehen", sagt Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). Staatliche Kita-Inspektoren sollen unter anderem die Arbeit der Erzieher beobachten, sie sollten die Lernentwicklung der Kinder überprüfen oder nachschauen, ob es für die Anzahl der Kinder auch genügend Räume gibt. Mitte 2010 wurde in Hamburg das Kinderbetreuungsgesetz entsprechend geändert. Kontrollen fänden bereits statt, und zwar durch Eltern, Gesundheitsämter, Feuerwehr und Bauämter heißt es aus der Pressestelle der Behörde für Soziales, Familie und Integration.

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Christoph de Vries, familienpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, fordert hingegen regelmäßige Kontrollen der Kindertageseinrichtungen. Denn zu groß seien die Qualitätsunterschiede in den jeweiligen Einrichtungen. Seine Kritik: "Im Landesrahmenvertrag werden Betreuungsstandards wie Gruppengrößen, das pädagogische Konzept, das Essen, festgeschrieben, aber nie kontrolliert." Eine regelmäßige, nicht anlassbezogene Überprüfung der Einrichtungen gebe es nicht. "Für die Eltern ist es essenziell, dass sie sich bei der täglichen Betreuung ihrer Kinder darauf verlassen können, dass diese objektiv gut betreut werden", so de Vries in einem Antrag an die Bürgerschaft.

Der Knackpunkt: Kita-Träger und die Sozialbehörde müssen einheitliche Qualitätsstandards und -kriterien gemeinsam festlegen - und das ist gar nicht so einfach. Denn: Wie will man einen Waldkindergarten, den zwölf Kinder besuchen, mit einer Einrichtung mit 120 Kindern einschließlich Hortkindern vergleichen? In Berlin sind die Kitas zu regelmäßiger interner Evaluation verpflichtet. Alle paar Jahre erfolgt dann eine refinanzierte externe Evaluation. Ein ähnliches Modell könnte auch in Hamburg denkbar sein. "Wir begrüßen diese Lösung, wenn es gemeinsam mit den Verbänden gelingt, ein schlankes Verfahren zu entwickeln, das mit der internen Evaluation Hand in Hand geht", sagt Christian Böhme vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Eine "blinde Kontrollwut" lehne sein Verband allerdings ab. "Wer mehr Leistung durch mehr Kontrolle erwartet, wird dies nicht erreichen."

Die Bereitschaft, sich Kontrollen zu unterziehen, scheint bei den Kita-Trägern grundsätzlich vorhanden zu sein. Nur um das Wie gibt es noch Diskussionsbedarf. "Bei einer Kita-Inspektion muss es darum gehen, die pädagogische Qualität zu beobachten", sagt Frank Burmeister, Qualitätsmanager bei der Diakonie. Bei dem Berliner Modell gehe es darum, sich an der pädagogischen Praxis zu orientieren. Nun komme es darauf an, ein Handwerkszeug zu entwickeln, um die pädagogische Arbeit auch reflektieren zu können. "Wir brauchen ein standardisiertes Beobachtungsverfahren", so Burmeister. Mit einem solchen Verfahren ließe sich dann herausfinden, ob die Bildungsempfehlungen in den Kitas auch umgesetzt werden. Dazu benötigen auch die Erzieher Materialien, mit denen sie ihre Anforderungen überprüfen können. Das Diakonische Werk verfüge ohnehin schon über ein eigenes Qualitätsmanagement, das einmal im Jahr extern überprüft werde. Alle drei Jahre müsse das entsprechende Gütesiegel neu erworben werden.

Während die Experten noch daran tüfteln, Kriterien zur Überprüfung von Kitas zu entwickeln, hätten die Eltern von Kita-Kindern eine solche Inspektion gern so schnell wie möglich. Claudia Wackendorff vom Landeselternausschuss: "Es wäre wünschenswert, nun einmal Zwischenergebnisse der Gespräche zu erfahren." Auch wenn es nur wenige schwarze Schafe unter den Hamburger Kindertagesstätten gebe, sei eine regelmäßige Kontrolle sinnvoll: "Das Thema sollte in Angriff genommen und nicht verschleppt werden", so Wackendorff.

SPD-Familienexpertin Melanie Leonhard: "Die Kita-Inspektion ist eines der Themen, die verstärkt angegangen werden im Zusammenhang mit dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Zweijährige ab 2012." Sie hofft im Laufe dieses Jahres auf Ergebnisse, aber: "Qualität geht hier vor Zeit."