450 Menschen gedachten des Mädchens. Im Haar seiner Pflegeeltern wurde Heroin nachgewiesen

Hamburg. Die Pflegeeltern der an einer Methadonvergiftung gestorbenen elfjährigen Chantal haben noch bis vor Kurzem Heroin konsumiert. Nach Informationen des Abendblatts und der "Welt" wurde in Blut- und Haarproben nicht nur die Ersatzdroge Methadon nachgewiesen, sondern auch Heroin. Danach hatten Chantals Pflegeeltern ihre Sucht mit der Ersatzdroge Methadon keinesfalls im Griff.

Am Freitagabend trafen sich etwa 450 Menschen, darunter viele Familien mit Kindern und Vertreter der Kirchengemeinden, zu einem Schweigemarsch durch das Viertel. Anne Böhm, 42, eine vierfache Mutter, hatte per Facebook dazu aufgerufen. Viele trugen bei dem Umzug Kerzen und Plakate mit Bildern von Chantal und Lara Mia, die 2009 unterernährt in Wilhelmsburg gestorben ist. Anschließend stellten die Teilnehmer des Schweigemarsches ihre Kerzen vor Chantals Wohnhaus an der Fährstraße nieder.

Inzwischen hat sich auch die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zu Wort gemeldet. Der "Welt" sagte sie, es dürften keine Fehler passieren, wenn schutzlosen Kindern ein Vormund zur Seite gestellt werde. Noch wichtiger sei "die Lösung der strukturellen Probleme". Die Ministerin verwies auf ihre Gesetzesreform, nach der sich ein Amtsvormund um höchstens 50 Kinder kümmern dürfe. Die Regelung tritt am 5. Juli in Kraft.

Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen die Schulakten von Chantal, dem zweiten Pflegekind Ashley und den beiden leiblichen Kindern der Pflegeeltern angefordert und Kontakt zu den Schulen aufgenommen. Wie berichtet, hatte eine Lehrerin dem Jugendamt vergeblich von Verwahrlosung in der Familie berichtet. Laut Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers soll geklärt werden, warum das Jugendamt den Hinweisen nicht nachgegangen war. Dazu sagte die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion Christiane Blömeke: "Mit dem viel beschworenen Aufklärungswillen der SPD ist es nicht weit her. Es ist völlig unverständlich, warum den Hinweisen von Nachbarn, Angehörigen und der Schule auf die Zustände in der Pflegefamilie nicht nachgegangen wurde."

Unterdessen kam heraus, dass Mitte-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) der abgesetzten Jugendamtsleiterin Pia Wolters bereits im Sommer 2011 die Zuständigkeit für die offene Kinder- und Jugendarbeit entzogen hatte.