Tod von Chantal überschattet Neujahrsempfang der SPD. Fraktionschef Dressel fordert alle auf, gemeinsam Konsequenzen zu ziehen.

Altstadt. Es gibt Ereignisse, die die beste Feierlaune verderben können. Der Tod der elfjährigen Chantal infolge einer Methadon-Vergiftung vor zwei Wochen in Wilhelmsburg drückte auf die Stimmung der rund 1300 Gäste des Neujahrsempfangs der SPD-Bürgerschaftsfraktion. "Der Tod hat uns alle fassungslos gemacht", sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel in seiner Begrüßungsrede im Großen Festsaal des Rathauses. "Wie konnte es passieren, dass Chantal in diese Pflegefamilie kam?", fragte Dressel. "Viele wussten von der Drogenabhängigkeit der Pflegeeltern, aber nicht die, die über das Kindeswohl zu entscheiden hatten."

Ausdrücklich begrüßte Dressel die vom Senat geforderte Aufklärung der Hintergründe des Falls im Bezirk Mitte. Und der SPD-Fraktionschef erhöhte sogar noch den Druck. "Sätze wie 'das wussten wir nicht', 'das hätten wir nicht wissen können' oder 'danach durften wir nicht fragen' gehören aus dem Repertoire der Verwaltung gestrichen", sagte Dressel. Wenn es um eine Drogenkarriere oder eine kriminelle Vorgeschichte gehe, müsse "Kinderschutz vor Datenschutz" gehen. Der SPD-Politiker forderte die anderen Fraktionen auf, gemeinsam Konsequenzen aus dem Tod des Mädchens zu ziehen. "Wir sind dazu bereit - ohne die parteipolitischen Rituale", sagte Dressel.

In einer persönlich gehaltenen und zum Teil emotionalen Rede suchte Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig, SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Mai, den Schulterschluss mit Hamburg. "Schleswig-Holstein und Hamburg sind geborene Partner auf dem Weg in das prosperierende Nordeuropa", sagte Albig. "Lassen Sie uns Hand in Hand gehen bei der Entwicklung neuer Energien. Seite an Seite ist besser als sich im Weg stehen", betonte der Sozialdemokrat in Anspielung auf die Irritationen zwischen beiden Ländern im vergangenen Jahr. Die schleswig-holsteinische Landesregierung und der Senat hatten sich wegen des Streits um die Ausrichtung einer Windenergie-Messe öffentlich beharkt.

Chantal hatte nicht mal ein eigenes Bett

Chantals Tod wird für Schreiber zum Kommunikationsdesaster

"Es ist besser, die Kräfte zu bündeln, statt im Kampf gegeneinander vorzugehen", sagte Albig und erntete starken Beifall. "Ich glaube an die Kraft des Nordens", sagte er fast beschwörend. Schleswig-Holstein und Hamburg müssten im Bundesrat mit einer Stimme sprechen. Das gelte zum Beispiel für die großen Verkehrsinfrastrukturprojekte wie den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals. Albig: "Statt bei uns landet Geld Jahr für Jahr im Neckar."

Hamburg sei immer der Ort gewesen, der ihn als Jugendlichen in Holstein angezogen habe. Die Stadt sei das Zentrum im Norden, der Hafen der größte Arbeitgeber Schleswig-Holsteins mit 20 000 Beschäftigten. "Die Metropolregion ist kein Angriff auf Schleswig-Holstein, sondern die Neuerfindung des Landes", sagte Albig. Abgrenzung sei kontraproduktiv. "Gastschulabkommen ist kein Wort einer hochstehenden Politik." Reinbeker Kinder müssten auch in Hamburg zur Schule gehen können. "Dafür brauchen wir keine Grenzverschiebungen und keinen Nordstaat, sondern Vernunft", sagte der SPD-Politiker.