Aus der Kloake Suzhou soll der “Traum-klar-Park“ werden. Von 2009 bis 2011 investiert die Stadt umgerechnet mehr als zehn Milliarden Euro.

Shanghai. Zum Schluss hat die schwarze Brühe des Suzhou-Flusses so gestunken, dass die Immobilienpreise in den Quartieren rundherum im Keller waren, weil niemand mehr hinziehen wollte. Vor 20 Jahren entschloss sich die Shanghaier Stadtverwaltung, die von Industrieabwässern ruinierte Kloake zu sanieren. Mit Unterstützung der Weltbank wurden 7500 Einwohner umgesiedelt und ihre Häuser abgerissen. 18 Fabriken vor allem aus der Textilbranche, mussten schließen. Seit 1995 werden keine Abwässer mehr in den Suzhou eingeleitet.

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Gestern gingen Bürgermeister Ole von Beust und die Hamburger Delegation durch den "Traum-klar-Park", der dort liegt, wo früher die Fabriken standen. Der Name ist Programm: Der Fluss soll einmal wieder klares Wasser führen. Es bleibt vorerst ein Traum. Heute ist der Suzhou hellbraun und also nach wie vor trübe. "Kann man hier baden?", fragt von Beust, als er an der kleinen Uferpromenade steht. "Oh, nein", antwortet Fang Fang fast erschrocken. Sie ist die stellvertretende Leiterin der Shanghaier Umweltkommission und betreut das Suzhou-Projekt. "Aber man kann mit dem Ruderboot fahren", sagt sie. Auch ein Trost.

Im Jahr 2010 ist der Umweltschutz in der chinesischen Millionenmetropole längst zu einem Wirtschaftsfaktor und zu einem Top-Politikthema geworden. Von 2009 bis 2011 investiert die Stadt umgerechnet mehr als zehn Milliarden Euro in die Verbesserung von Luft, Wasser und Boden. Und Fang Fang ist eine moderne Umweltmanagerin, die die weltweite Ökodebatte genau verfolgt. "Es geht um das Thema fortschreitende Urbanisierung", sagt sie. Die größten ökologischen Herausforderungen liegen in den Städten. Vor zehn Jahren wurden in Shanghai nur 30 Prozent der Abwässer geklärt, heute sind es immerhin 80 Prozent.

Verkehrsstaus gehören zum Shanghaier Alltag, Fahrräder sind die beinahe pittoreske Ausnahme geworden. Um die Menschen zum Umsteigen auf Busse und Bahnen zu ermuntern, hat die Stadt die Parkgebühren drastisch erhöht. Acht Stunden kosten umgerechnet gut sieben Euro. "Parken ist teurer als Taxifahren", sagt Fang Fang lachend. Ob sich die Autofahrer wirklich von den hohen Parkgebühren abschrecken lassen, muss angesichts des Verkehrsaufkommens bezweifelt werden. Andererseits investiert die Stadt in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs: In den vergangenen zehn Jahren sind 400 S-Bahn-Kilometer gebaut worden. Das sprengt den Hamburger Rahmen dann doch bei Weitem.

Beim Thema Klimaschutz sind die Shanghaier Fachleute längst auf den Hamburger Beitrag auf der Expo aufmerksam geworden. "Das Hamburg-Haus öffnet uns die Augen", sagt Fang Fang. Der Backstein-Bau, der nach der Expo weitergenutzt wird, ist das erste zertifizierte Passivhaus in China. "Nicht nur in Shanghai, sondern in ganz China können wir uns da etwas abgucken", sagt Fang Fang. Und die agile Umweltschützerin regt gleich einen Fachaustausch zwischen den Hamburger Experten und ihren Umweltamtskollegen sowie deren Stellvertretern in allen chinesischen Provinzen an - immerhin 180 Frauen und Männer. Von Beust nahm die Anregung gerne an.

"Wir wollen beides: wirtschaftlichen Erfolg und Umweltaktivitäten", sagt Fang Fang dann noch. Das klingt genauso wie von Beusts schwarz-grünes Mantra im Hamburger Rathaus: die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie. Womit bewiesen wäre, dass Probleme und Lösungsansätze in großen Städten sehr ähnlich sind. Oder auf gut Marxistisch, schließlich sind wir in der Volksrepublik China: Das Sein bestimmt das Bewusstsein.