Kita-Gebühren in Hamburg steigen. Besonders hart trifft es Familien mit einem behinderten Kind. Das Abendblatt hat zwei Familien getroffen.

Hamburg. Sie sind das, was die Politik "Mittelverdiener" mit zwei Kindern nennt. Sie sind das, was sie selbst eher so beschreiben: "Ich glaube, wir sind die klassische Normal-Familie", sagt Sabrina Steensbeck. Keine sogenannten Besserverdiener, keine Hartz-IV-Empfänger. Sondern die Mitte, der Durchschnitt. Eine Familie mit einem monatlichen Netto-Gesamteinkommen von knapp unter 3000 Euro. "Die Lebenshaltungskosten in der Stadt sind hoch", sagt die 38-Jährige. "Jeder fehlende Euro schmerzt uns." Und deshalb tue auch die für August geplante Erhöhung der Kita-Gebühren so weh.

+++Das sagen Politiker zu den höheren Gebühren+++

Sabrina Steensbeck arbeitet als Sekretärin bei einer Projektentwicklungsfirma. In Vollzeit, 38 Stunden pro Woche. Ehemann Rodolfo Seves, 41 Jahre alt, ist als technischer Angestellter bei einem Schiffsausrüster beschäftigt. Sohn Mateo, gerade vier Jahre alt geworden, besucht die Kita St. Markus in Hoheluft-Ost. Der Kita-Gutschein sieht zehn Stunden pro Woche vor. Tochter Paulina, neun Jahre alt, wird nachmittags nach Schulschluss in einem Hort betreut, fünf Stunden in der Woche.

Etwa 350 Euro gibt die Familie Steensbeck-Seves derzeit jeden Monat für die Betreuung der beiden Kinder aus - und es wird künftig deutlich teurer, je nach Einkommen der Eltern um bis zu 100 Euro im Monat. "Wie hoch die Steigerung in unserem Fall ist, weiß ich noch gar nicht genau", sagt Sabrina Steensbeck. "Ich weiß nur: Mit der versprochenen kinderfreundlichen Stadt hat das alles nichts zu tun. Kinderfreundlich geht anders."

+++So teuer wird künftig die Kinderbetreuung+++

Schon ab Mitte Mai müssen Eltern mehr Geld für das Kita-Essen ihrer Kinder ausgeben: In den Kindertagesstätten steigt die Kostenbeteiligung laut Sozialbehörde von bisher 13 Euro im Monat auf 21 Euro, in den Horten sogar auf monatlich 42 Euro. "Das finde ich schon happig", sagt Sabrina Steensbeck. Die Kinder verzehrten doch nicht plötzlich das Doppelte. Natürlich seien Lebensmittel teurer geworden. "Aber dieser Zuschlag scheint doch etwas unverhältnismäßig."

In der Kita, wenn die Kinder abgeholt würden, gebe es derzeit kaum ein anderes Thema, der Frust der Eltern sei groß. "Kaum freut man sich über eine noch so kleine Erhöhung des Kindergeldes", sagt die 38-Jährige und ihre Stimme wird ein wenig lauter, "werden einem die Euro an anderer Stelle sofort wieder abgeknöpft." Und wofür eigentlich? Das sei doch überhaupt die entscheidende Frage. Würde sich die Qualität der Betreuung verbessern, wären künftig mehr Erzieher im Einsatz - ja, dann hätten sie und ihr Mann vielleicht etwas mehr Verständnis für die Gebührenerhöhung. "Aber so bleibt immer der Eindruck, dass mit diesem Geld ganz andere Löcher gestopft werden."

Dabei müssen die Steensbeck-Seves selbst haushalten und dafür sorgen, dass am Monatsende kein Loch in der Kasse klafft. Das Auto koste, die Lebensmittel seien teuer geworden, die Sport- und Musikkurse für die Kinder schlagen zu Buche - und nicht zuletzt die Miete für die Altbauwohnung am Eppendorfer Weg. Drei Zimmer auf 70 Quadratmetern. Ein bisschen mehr Platz wäre schon schön für die vierköpfige Familie, sagt die Mutter. "Aber eine größere Wohnung könnten wir in dieser begehrten Lage, in diesem zentralen Stadtteil, leider gar nicht bezahlen." Am ehesten würde die Familie auf den Urlaub verzichten. "Allerdings verreisen wir ohnehin nur einmal im Jahr", sagt Sabrina Steensbeck und zuckt mit den Schultern. Glücklich seien ihr Mann und sie über die Familienpolitik des Hamburger Senats derzeit nicht. "Irgendwie brodelt es doch an allen Ecken und Kanten." Dass die Sozialbehörde bis Ende 2011 mit teurerem Essen und höheren Regelsätzen in den Kitas rund 30 Millionen Euro mehr einnehmen wolle, sei ein Ärgernis. Das andere sei die Schulreform. "Man wird doch als Eltern vor vollendete Tatsachen gestellt, mit den Kindern in ein Chaos gestürzt und muss dann sehen, wie man daraus noch das Beste macht."