Wie erwartet, hat der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Bülent Ciftlik am Freitag angekündigt, sein Bürgerschaftsmandat "bis zum Abschluss des gegen ihn laufenden Verfahrens" ruhen zu lassen. Dies habe er SPD-Fraktionschef Michael Neumann am Vorabend mitgeteilt. Wie berichtet, wird Ciftlik bis auf Weiteres nicht an Sitzungen von Bürgerschaft und Ausschüssen teilnehmen. Neumann sprach am Freitag von einer "klugen Entscheidung". Er betonte aber: "Diese Entscheidung ist kein Schuldeingeständnis. Mit der laufenden Angelegenheit wird sich jetzt das Gericht beschäftigen - je eher, desto besser."

Auch SPD-Landeschef Olaf Scholz hält das Vorgehen des ehemaligen Parteisprechers für richtig. "Es ist in Deutschland ein absolut üblicher Vorgang, dass ein Abgeordneter in einer solchen Situation seine parlamentarischen Ämter ruhen lässt. Bülent Ciftlik hat damit die richtige Entscheidung getroffen, und ich begrüße es, dass er diesen Schritt von sich aus getan hat."

Nach monatelangen Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft in dieser Woche Anklage gegen Ciftlik erhoben. Er steht unter Verdacht, eine Scheinehe zwischen einem türkischen Bekannten und einer Deutschen vermittelt zu haben. Dafür soll die Frau laut Staatsanwaltschaft 3000 Euro bekommen und als Kredit an Ciftlik weitergeleitet haben, die er in seinen Bürgerschaftswahlkampf gesteckt haben soll. Ciftlik selbst bestreitet die Vorwürfe.

Formaljuristisch ist in der Bürgerschaft ein "ruhen lassen" des Mandates nicht vorgesehen. Dabei handelt es sich lediglich um eine persönliche Entscheidung von Bülent Ciftlik, so lange nicht aktiv als Abgeordneter in der Bürgerschaft zu arbeiten, bis sein Fall vor Gericht geklärt ist. Dies will er nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen. Er nimmt damit lediglich sich selbst etwas aus der medialen Schusslinie und gleichzeitig den Druck von der Fraktion und der Partei. Die kann sich so wieder mehr auf die Oppositionsarbeit konzentrieren, anstatt sich mit internen Problemen zu befassen. Ciftlik bleibt trotzdem vollständiges Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und erhält weiterhin seine Abgeordnetenbezüge.

Das Mandat niederzulegen, lehnt Ciftlik weiterhin ab. Dazu kann ihn auch niemand zwingen. Rein rechtlich auch dann nicht, wenn Ciftlik schuldig gesprochen werden sollte. Anders als bei Beamten, die ihren Beamtenstatus bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verlieren, könnte ein Abgeordneter auch bei einer höheren Freiheitsstrafe Abgeordneter bleiben.

Bis zu einer Entscheidung im Fall Ciftlik wird es wohl noch Monate dauern. Ciftliks Anwältin Anette Voges rechnet mit einem Prozessbeginn wegen Überlastung des Amtsgerichts St. Georg nicht vor April.