Die neue EU-Norm EN 115 schreibt vor: Kinderwagen dürfen nicht mehr befördert werden. Das Unfallrisiko sei zu hoch.

Hamburg. Mit dem Kinderwagen U- oder S-Bahn fahren in Hamburg? Das ist oft beschwerlich, weil es nur wenige Fahrstühle gibt. Und Rolltreppen sind seit dem 1. Januar für Kinderwagen tabu. Die neue EU-Norm EN 115 schreibt vor: Kinderwagen dürfen nicht mehr befördert werden. Das Unfallrisiko sei zu hoch. Was passiert, wenn ich mit der Kinderkarre trotzdem Rolltreppe fahre?

S-Bahnstation Stadthausbrücke: Die Rolltreppe hinunter ist nicht in Betrieb. Zum Glück packt Sabine Braun mit an. Gemeinsam schleppen wir die Karre samt Kind die Treppe hinunter. Von der Richtlinie hat die Mutter des zweieinhalbjährigen Jonathan gehört: "Die ist bescheuert", sagt sie. "Ich benutze die Rolltreppe zwar ohnehin nicht so gern, aus Angst, dass der Kinderwagen hinunterfällt, aber ganz darauf verzichten könnte ich nur, wenn es genügend Fahrstühle gäbe." Unten angekommen, nehme ich die Rolltreppe zurück nach oben, und niemand hält mich davon ab. Noch hat die Bahn keine Verbotsschilder angebracht.

Auch am Jungfernstieg, Ausgang Rathausmarkt, ist den Leuten egal, dass ich mit dem Kinderwagen Rolltreppe fahre. Sie haben sogar Verständnis, so etwa Stephan Rademann. Er sagt: "Wie soll das mit Kinderwagen auch anders gehen?" Weiter ins Alsterhaus. Überall stehen Kaufhausmitarbeiter, einer sogar direkt hinter mir auf der Rolltreppe. Auffällig genug bin ich, mit einem schreienden Kind in der Karre. Niemand weist mich darauf hin, dass das, was ich mache, nicht erlaubt ist. Verbotsschilder gibt es keine. Nächster Test: Gänsemarktpassage. Dort klebt ein Kinderwagenverbotsschild an der Rolltreppe. Trotzdem fahren wir. Weder Passanten noch Passagenmitarbeiter hindern uns daran.

Testergebnis: Die Bürokraten in Brüssel können sich ruhig unsinnige Verbote ausdenken - solange es in Hamburg niemanden interessiert.