Dem Betreiber Cinemaxx war angeblich die Mietsteigerung zu hoch, Kenner sehen andere Gründe. Was aus der Immobilie wird, ist offen.

Es war wie in einem traurigen Film - ohne "Happy End": Im Passage-Kino, dem fast 100 Jahre alten Filmtheater an der Mönckebergstraße, lief gestern die letzte Vorstellung. Ein letztes Mal wurde im großen Saal (500 Plätze) der Vorhang - von Hand! - aufgezogen, die Leinwand ausgefahren und seitlich aufgeklappt. Um kurz vor 22.30 Uhr, als "Der Informant" mit Matt Damon zu Ende ging, war Schluss. "Ein trauriger Moment", sagt Holger Steinert (56), der das Traditionshaus mit dem plüschigen Charme 21 Jahre lang geleitet hat. "Es stimmt mich wehmütig, dass ich der Letzte bin, der das Licht ausmacht." Schon in den nächsten Tagen sollen Technik und Bestuhlung aus Hamburgs ältestem Kino ausgebaut werden.

Wie schon in den vergangenen Wochen brachten auch gestern viele Cineasten ihr Bedauern, aber auch Unverständnis über das Ende dieser Institution, die am 1. November 1913 mit dem Monumentalfilm "Richard Wagner" eröffnet worden war, zum Ausdruck. "Dieses Haus hatte eine ganz besondere Atmosphäre", sagt Holger Steinert. "Mitten in der hektischen Innenstadt war es ein Rückzugsort, an dem man Kino geradezu atmen konnte."

Doch warum geht das Kinosterben in der Hansestadt, die einige Experten als "schwierigen Markt" für Filmtheater beschreiben, weiter? Die Erbengemeinschaft, der die Immobilie in begehrter Citylage gehört, will die Miete erhöhen. Für das Passage-Kino (drei Säle, 768 Plätze) sei dies "wirtschaftlich unmöglich", heißt es bei der Cinemaxx-Gruppe, die das Kino seit 1988 betreibt. "Die Schließung schmerzt uns sehr", sagt Sprecher Arne Schmidt, "aber als börsennotiertes Unternehmen müssen wir mindestens kostendeckend arbeiten, können uns leider keine Liebhabereien erlauben."

Kenner der Hamburger Kinoszene, die namentlich an dieser Stelle nicht genannt werden möchten, haben eine andere Theorie: Der Cinemaxx-Konzern, so die Behauptung, wolle sich verstärkt auf das lukrativere Geschäft mit Multiplex-Kinos wie am Dammtordamm konzentrieren, behandle kleine Häuser daher "stiefmütterlich". Zudem hätte für das teils in die Jahre gekommene Passage-Kino womöglich mittelfristig eine kostspielige Renovierung angestanden.

"Stimmt nicht", sagt Arne Schmidt von Cinemaxx. Zu gern hätte man das Passage-Kino, das jedes Jahr 150 000 Besucher anlockte, behalten. Das Holi (Schlankreye), das ebenfalls von Cinemaxx betrieben wird, gelte als "Schmuckstück" und stehe schließlich auch nicht auf der Kippe. Durch die gestiegene Miete sei das Passage-Kino nicht zu halten gewesen. "Wenn wir als großer Betreiber das schon nicht können, weiß ich nicht, wer es schaffen sollte", so Schmidt. Den 18 Mitarbeitern des Hauses seien Stellen in anderen Filmtheatern der Cinemaxx-Gruppe angeboten worden, nicht alle hätten zugesagt. "Das Team des Passage-Kinos war eben eine sehr eingeschworene Gemeinschaft." Gerüchte, dass es einer Einkaufsgalerie weichen müsse, hat es laut Autor Volker Reißmann, der sich für sein Buch "Mach dir ein paar schöne Stunden" mit der Hamburger Kinohistorie beschäftigte, immer gegeben. Doch was wird nun wirklich aus der Immobilie? "Alles offen", sagt Karl-Heinz Pacholke vom Büro Arnold Hertz, das die Eigentümer vertritt. Auch eine "kulturelle Lösung" wie ein Kino, sei nicht ausgeschlossen. Citymanagerin Brigitte Engler (49) sagte schon im Juni, als die Schließung bekannt wurde: "Schade, gerade nach 20 Uhr hat das Kino die Innenstadt belebt."