Wie sich die Stadtreinigung in Hamburg auf einen heißen - beziehungsweise frostigen - Jahreswechsel vorbereitet.

Wolkenfetzen ziehen in schnellem Vorwärtslauf über einen Bildschirm. Auf einem anderen verteilen sich hell- und dunkelblaue Flächen über einer Hamburg-Karte. Je blauer, desto kälter. Und die Drei-Tages-Vorschau lässt den Betrachter frösteln. Blau steht für viel Arbeit für die Männer und Frauen von der Hamburger Stadtreinigung, von denen die meisten derzeit wohl den Müll- und Laubbesen mit der Schneeschippe und Sandkelle getauscht haben.

Mindestens drei Tage im Vorlauf kann Winterdienst-Spezialist Uwe Unbehaun-Dietze die Straßenverhältnisse von Niendorf bis zur Köhlbrandbrücke im Voraus bestimmen. Dank der Vorhersagen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und anderer Meteorologen, deren Daten der 55-Jährige in einem unscheinbaren, kleinen Zimmer empfängt.

Aber auch dank eines eigenen Systems, eingeführt vor drei Jahren: Mit Messfühlern an Straßen und Streufahrzeugen sowie in Kenntnis der Beläge der wichtigsten Straßen der Hansestadt, kann Unbehaun-Dietze mit seinem Team genau bestimmen, wann welcher Verkehrsweg wie stark vereisen wird. "Jeder Asphalt kann schließlich unterschiedlich viel Wärme aufnehmen und speichern", sagt Unbehaun-Dietze und zeigt auf eine Reihe Skalen, die die aktuelle Luftfeuchtigkeit, Temperatur, den Niederschlag und Taupunkt, den Frostgrad und den Oberflächenzustand an den mehr als neun Messpunkten in der gesamten Stadt aufzeigen.

Unvorbereitet war hier - in der Zentrale der Stadtreinigung am Bullerdeich in Hammerbrook - also niemand, als vor knapp eineinhalb Wochen die Temperaturen in den Keller sackten, so tief wie schon lange nicht mehr. Und unvorbereitet ist auch niemand, was die angekündigten Schneemassen betrifft.

"6000 Tonnen Salz türmen sich derzeit in den sieben Lagern, die in der gesamten Stadt verteilt sind, dazu jede Menge Streusand und Granulat", sagt Andree Möller, Sprecher der Stadtreinigung, mit Blick auf einen mehrachsigen Sattelschlepper aus Bad Oldesloe, der eine Ladung Sand in die riesige gefräßige Luke der Vorratshalle fließen lässt. Sofort braust Holger Ohl (50) mit seinem 14-Tonnen-Radlader heran und mischt Salz- und Sandberge zu einem Granulat.

Im Durchschnitt zehn Gramm Feuchtsalz (gemischt mit Magnesiumchlorid) streuen die knapp 170 Fahrzeuge der Stadtreinigung pro Quadratmeter Straße. Macht für einen kompletten Durchlauf - der knapp dreieinhalb Stunden dauert - 250 Tonnen Salz. Nur wenn eine dicke Schneedecke den Asphalt bedeckt, streuen die Stadtreiniger noch Split hinterher.

Auf den Bürgersteigen und den knapp 12 000 Überwegen hingegen wird mit Salz vermischter Sand gestreut, zum größten Teil per Hand, wie Teamleiter Ramazam Sarlak (49) erklärt, der mit seinen knapp 1000 Kollegen seit Tagen in Bereitschaft steht. Statt wie gewöhnlich gegen 6 Uhr, beginnt für sie - wenn sie der Pieper aus dem Schlaf holt - die Schicht meist schon gegen 2 Uhr nachts. Unterstützt werden sie dabei zu einem großen Teil von Subunternehmern, die in den Wintermonaten mehr als die Hälfte der Fahrzeuge und Streuer stellen.

Die Prioritäten sind klar verteilt: Zuerst werden die Hauptverkehrsstraßen und diejenigen gestreut, auf denen die Linienbusse verkehren - etwa 2470 Kilometer Asphalt. Dann sind Verbindungsstrecken an der Reihe, noch einmal knapp 850 Kilometer Straße.

Schnee und Eis auf Gehwegen hingegen müssen die Anlieger selbst entfernen, betont Sprecher Möller. Spätestens bis 8.30 Uhr am Morgen.