Am 1. Januar müssen sich Wirte entschieden haben: Küche dicht machen, damit die Gäste weiter qualmen können oder Raucher vor die Tür setzen.

Hamburg. Das Ribs an der Lutterothstraße sieht aus wie eine typische Eckkneipe. Ein paar Tische, Stehhocker, ein massiver Tresen. Und allenthalben Qualm, den zu später Stunde die Gäste verströmen wie eine Nebelmaschine. Wer hier ein Bier trinkt, raucht (und braucht) nicht selten eine Zigarette dazu. Noch in den frühen Morgenstunden können die Gäste Essen ordern: Grünkohl zum Beispiel, Bratkartoffeln oder Rindersteaks. Stephan Nordbruch (45) betreibt das Lokal seit 1983. Kneipe und Küche - diese Kombination zahlte sich aus.

Nun dräut der Gaststätte die größte Gefahr "seit Einführung der Getränkesteuer", glaubt der Wirt. Wenn das neue Nichtraucherschutzgesetz am 1. Januar in Kraft tritt, muss er sich entschieden haben: Macht er die Küche dicht, damit die Gäste weiter qualmen können? Oder setzt er die Raucher vor die Tür, damit er die Küche nicht dichtmachen muss? Schmauchen oder schmausen, das ist hier die Frage - und die Antwort darauf eine Quadratur des Kreises. Etliche starke Raucher zählten zu seinen Gästen. Will er die vergrätzen? "Das neue Gesetz ist keine Bedrohung", sagt er. "Es ist das Aus."

Wer sich nun in den Kneipen umhört, fühlt sich an die starren Positionen von 2007 erinnert, als das totale Rauchverbot drohte. Damals wie heute solidarisieren sich Raucher mit Kneipiers, und die Kneipiers wettern gegen die CDU/GAL-Koalition, die am Mittwoch eines der schärfsten Nichtraucherschutzgesetze der Republik beschlossen hat: Vom 1. Januar an darf nur noch in reinen Schankbetrieben geraucht werden - ausnahmslos. Sogar Nichtraucher stellen die Frage, ob in ihrem Namen nicht vielmehr ein Holz-, als ein Königsweg beschritten wird. "Dass in Restaurants nicht gequalmt werden darf, finde ich gut", sagt Ribs-Gast Ralf Meiburg (55). "Doch kleine Kneipen leben von ihren rauchenden Gästen und oft vom Speisenverkauf. Es kann außerdem jeder selbst entscheiden, ob er sich in Gefahr begibt."

Wie ihm geht auch Boris Wohlecke (30) die Regelung zu weit. Grundsätzlich sei er "pro Nichtraucher". Er könne aber damit leben, wenn in seiner Stammkneipe, wie bisher, im abgetrennten Raucherraum gequalmt würde. Zwischen Essen und Rauchen muss sich auch der "Berliner Betrüger" (Schanze) entscheiden. Im Raucherraum fläzen sich junge Leute paffend auf der Tribüne, sitzen bei Bier und Kippe an den Tischen. Noch geht das. Seiner Bekannten Anna (20) zuliebe nimmt Jörg Winzer (40) aus Ahrensburg die Tortur für die Atemwege auf sich. "Grundsätzlich bin ich für eine Einschränkung der Rauchermöglichkeiten", sagt er. "Wenn alle Kneipen nur darauf hinweisen müssten, dass geraucht wird - wo sollte ich noch hingehen?" Für Gabor Nagy (32) ist indes klar: "In einer Kneipe würde ich eher aufs Essen verzichten als aufs Rauchen."

Auch in der Pinte Engel (Eichenstraße) ist das neue Gesetz das Thema am Tresen. Von staatlicher Bevormundung ist die Rede. Gottfried Richter (75), hager und impulsiv, zürnt: "Das Gesetz ist politisch-sachlicher Unfug. Was ist mit den Restaurants, die viel Geld in ihre Raucherräume investiert haben? Die bleiben doch auf ihren Kosten sitzen." Damit könnte Feyzullah Ademoglu, Chef des Big Easy an der Osterstraße, gut leben. Auch wenn er für 6000 Euro die Ablufttechnik im 150 qm großen Raucherraum modernisiert hat. Beim sonntäglichen Brunch ist es hier voller als unten bei den Nichtrauchern. "Viele kommen nur, weil sie wissen: Hier wird geraucht", sagt er. "Künftig rechne ich mit 30 bis 40 Prozent weniger Gästen." Nicht auszuschließen sei, dass er bis zu sechs seiner 20 Angestellten entlassen müsse.

Seine Gäste scheinen die pessimistische Prognose zu bestätigen. "Wenn ich zum Rauchen vor die Tür gehen müsste, wäre das ein Grund, nicht mehr zu kommen", sagt Dirk Warning (45). Auch Bettina K. (23), Buchhalterin aus Eidelstedt, ist vergnatzt. "Wenn ich brunche, will ich auch in Ruhe rauchen." In Zukunft werde sie wohl umdenken müssen. "Eigentlich müsste ich zu Hause bleiben", sagt sie. "Aber das ist ja auch keine Alternative."