Politiker aus zehn Ländern unterzeichnen im Rathaus den Vertrag für den Bau des einzigartigen Forschungsgeräts.

In der Metropolregion Hamburg entsteht eine rund eine Milliarde Euro teure Forschungsanlage der Superlative. Wissenschaftsminister und Staatssekretäre aus zehn Ländern haben gestern ein Übereinkommen über Bau und Betrieb des Europäischen Röntgenlasers XFEL unterzeichnet. Die Anlage soll im Jahr 2014 in Betrieb genommen werden und Forschungsfelder erschließen, von denen Wissenschaftler bislang nur träumen konnten.

Kleiner, schneller, intensiver - der Röntgenlaser wird neue Rekorde aufstellen. Er kann bis zu 30 000 Laserlichtblitze pro Sekunde abschießen, die mit einer Wellenlänge von 0,1 bis sechs Nanometern so klein sind, dass atomare Details, etwa von Viren, erkennbar werden. Jeder Blitz ist kürzer als unvorstellbare 100 billiardstel Sekunden, wodurch sich die Bewegungen von Molekülen filmen lassen. Und die Leuchtstärke der Blitze ist zehntausendfach höher als die der besten herkömmlichen Röntgenquellen. Damit können erstmals dreidimensionale Aufnahmen aus dem Nanokosmos gemacht werden.

Von der Anlage sollen nicht nur Mediziner und Pharmazeuten, sondern auch Chemiker, Physiker, Materialwissenschaftler und Elektroniker profitieren. Mit den neuen Erkenntnissen könnten sie bessere Medikamente, Computerchips, Katalysatoren oder Solarzellen entwickeln, hoffen die Betreiber. Die 3,4 Kilometer lange Anlage verläuft unterirdisch von dem Gelände der Deutschen Elektronen-Synchrotron (Desy) in Bahrenfeld bis ins schleswig-holsteinische Schenefeld (Kreis Pinneberg). Dort entsteht ein 150 000 Quadratmeter großer Forschungscampus mit einem Hauptgebäude und einer unterirdischen Halle, in der rund 300 Mitarbeiter experimentieren werden. Die Tunnel zwischen Bahrenfeld und Schenefeld verlaufen in sechs bis 38 Meter Tiefe. Mit ihrem Bau wurde schon im vergangenen Januar begonnen.

"Dieses internationale Großgerät scheint einem Science-Fiction-Roman zu entstammen", sagte Helmut Dosch, Vorsitzender des Desy-Direktoriums und des European XFEL-Rats. "Man kann es sich als Hochgeschwindigkeitskamera vorstellen, die es der Forschung ermöglichen wird, aus dem Nanokosmos live zu empfangen." Neben den zehn Ländern, die das Übereinkommen schon unterzeichnet haben, planen auch China, Frankreich, Großbritannien und Spanien ihre Teilnahme. "Die internationale Zusammenarbeit macht den XFEL nicht nur finanzierbar, sondern bündelt auch Spezialwissen, Erfahrung und Talente für seine Entwicklung, seinen Bau und Betrieb", sagt Professor Massimo Altarelli, Geschäftsführer der European XFEL GmbH, die den Laser als eigenständige Forschungsorganisation baut und betreibt. Sie arbeitet nicht gewinnorientiert. Deutschland trägt mehr als die Hälfte der Kosten der neuen Anlage, Hamburg stellt davon 65 Millionen Euro und Schleswig-Holstein 25 Millionen Euro. Während der Bauphase entstehen jährlich mehr als 1350 Arbeitsplätze in Deutschland, die Hälfte davon in der Metropolregion Hamburg. Größter internationaler Partner ist Russland mit einem Anteil von 250 Millionen Euro, die anderen Partner tragen bis zu 3,5 Prozent der Kosten.

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hob die Zusammenarbeit von Forschern aus 14 Ländern hervor: "Davon lebt heutzutage die Wissenschaft - nicht von einzelnen Standorten, sondern von der Vernetzung." Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sieht im XFEL einen "Beschleuniger in die Zukunft". Das Projekt stärke den Forschungsstandort Deutschland und bedeute außerdem "große Schritte nach vorn in der Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein". Die Anwohner müssen sich laut Betreiber keine Sorgen machen: Der Laser erzeuge weder Lärm noch giftige Abgase und könne auch nicht explodieren.