Der Rückgang ist nicht so dramatisch wie befürchtet. Finanzsenator Freytag: Alle Behörden müssen ihren Sparbeitrag leisten.

Hamburg. Die Finanzlage Hamburgs verschlechtert sich weiter, allerdings nicht so schlimm wie noch im Mai befürchtet. 2009 werden die Steuereinnahmen gegenüber dem Ansatz im Haushalt nicht um 520, sondern sogar um 610 Millionen Euro niedriger liegen. Der für 2010 prognostizierte Rückgang um 1,3 Milliarden Euro wird hingegen "nur" um weitere neun Millionen unterschritten. Das geht aus der November-Steuerschätzung hervor, die Finanzsenator Michael Freytag (CDU) gestern vorstellte.

Gegenüber der Mai-Schätzung ist die Prognose also um insgesamt 99 Millionen Euro schlechter. "Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos", sagte Freytag. Die Talsohle im Rahmen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise sei erreicht. Der Bund der Steuerzahler warnt allerdings vor erheblichen Unsicherheitsfaktoren. Untersuchungen hätten ergeben, dass die November-Steuerschätzung im Mittel um 1,46 Prozent daneben liegt. "Das heißt, die tatsächlichen Steuereinnahmen in diesem Jahr werden wahrscheinlich noch einmal um 111 Millionen Euro unter dem vorgelegten Wert liegen", sagt Jürgen Nielsen, Haushaltsexperte des Steuerzahlerbundes Hamburg. Bei der Prognose für das Jahr 2010 sei eine Abweichungsquote von 6,42 Prozent normal. Demnach könnten die tatsächlichen Einnahmen um bis zu 484 Millionen Euro von der Schätzung abweichen. Nielsen forderte vom schwarz-grünen Senat eine nachhaltige Konsolidierung des Landeshaushalts und den Verzicht auf "Wunschprojekte" wie die Stadtbahn.

Bis 2013 fehlen der Stadt sechs Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Beschlossen ist bereits, dieses Loch komplett durch die höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Stadt aufzufüllen. Die dafür fälligen Zinsen, nach Freytags Worten bis 2013 etwa 500 Millionen Euro, sollen aber in den laufenden Haushalten eingespart werden. Welche Ressorts es wie stark trifft, wird auf einer Senatsklausur am 26./27. November beraten. "Keine Behörde steht unter Naturschutz", sagte der Finanzsenator. "Jede muss und wird ihren Beitrag leisten." Freytag deutete aber an, dass die starken Proteste gegen geplante Kürzungen im Kulturbereich nicht ohne Wirkung bleiben. "Ich möchte nicht Tabula rasa machen in Bereichen, die die Lebensqualität unserer Stadt ausmachen."

Der Finanzsenator bedauerte, dass mehr oder weniger öffentliche Unternehmen wie die HHLA oder die HSH Nordbank derzeit keine oder kaum eine Dividende zahlen können, schränkte aber auch ein: Die 62 Millionen Euro, die die HSH zuletzt abgeführt hatte, reichten gerade, um vier Tage lang die Ausgaben für Soziales, Personal und Zinsen zu decken.

Die schlimmsten Steuerverschwendungen in Hamburg

Ohnehin drohen weitere Belastungen aus Vorhaben der neuen CDU/FDP-Bundesregierung: So führe das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu weiteren Belastungen für den Hamburger Haushalt von mehr als 100 Millionen Euro jährlich, und die darüber hinaus angekündigten Steuerentlastungen können für Hamburg zu zusätzlichen Einnahmeausfällen von 300 Millionen Euro pro Jahr führen. Freytag forderte daher Kompensation: "Wir werden hier nicht mit dem Fett der Länder das Kotelett des Bundes braten."

Kritik an dem CDU-Politiker kam von der Opposition: "Verbale Kraftmeiereien vor Ort helfen nichts gegen die waghalsigen Steuersenkungsarien seiner Parteifreunde auf Bundesebene, die die dramatische Lage in Hamburg weiter verschärfen werden", sagte Joachim Bischoff, Finanzexperte der Linkspartei. SPD-Finanzpolitiker Peter Tschentscher sagte, der Senat beschließe täglich neue Projekte ohne eine realistische Finanzplanung. "Die Menschen in Hamburg zahlen jetzt den Preis für die undurchsichtige CDU-Finanzpolitik der vergangenen Jahre." Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat die Zeichen der Zeit erkannt und steuert bereits gegen. Auf der internationalen Klimakonferenz im CCH (Seite 14) begrüßte er Städtevertreter aus aller Welt mit den Worten: "Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt in Hamburg. Und bitte lassen Sie etwas Geld in der Stadt."