Der Geschäftsführer des Landesverbandes des BUND antwortet auf die Ansichtssache von Matthias Iken „Bürgerbegehren wie bei St. Florian“.

Hamburg. Natürlich kann man sich fragen, ob Bürger- oder Volksbegehren eine Stadt, die zugleich Bundesland ist, in ihrer Regierbarkeit beeinträchtigen. Und Elemente der direkten Demokratie können auch für den reinen Eigennutz missbraucht werden.

Aber schauen wir uns einige Erfahrungen der letzten Jahre an. Da gab es im Bezirk Wandsbek ein Bürgerbegehren gegen den Bebauungsplan Wohldorf-Ohlstedt 13. Hier sollten, benachbart zu einem Europäischen Naturschutzgebiet, Wohnungen entstehen - im Sinne der Wachsenden Stadt. Das Bürgerbegehren war dennoch erfolgreich, passte den Verantwortlichen im Rathaus aber nicht. Prompt erkannte der Senat bei dem Projekt mit nur 150 Wohnungen ein übergeordnetes Interesse, evozierte das Verfahren und ließ den Bürgerwillen ins Leere laufen. Derzeit liegt das Ganze bei den ohnehin überlasteten Verwaltungsgerichten.

Aktuell nun der Buchenhof. Das Verfahren ist in der Tat kompliziert, offenbart aber nicht nur das Problem von Politikern und Verwaltung, den Bürgerwillen zu akzeptieren. Es ist auch Ausdruck einer skandalösen Planungs- und Genehmigungskultur. Baustufenpläne, die vor dem Zweiten Weltkrieg erlassen wurden, können bei geschickter Nutzung trotz verwaltungsverbindlicher Ausweisung als Waldfläche eine Bebauung möglich machen. Es genügt nach Auffassung des Bezirksamts ein Bauvorbescheid und die Bereitschaft, diesen zwei Monate in der Schublade liegen zu lassen, damit er bestandskräftig wird. Sitzen dann noch verantwortliche Bezirkspolitiker im zuständigen Ausschuss und zugleich im Aufsichtsrat des Bauträgers, wird man sich kaum wundern, was alles möglich ist, um Geld zu verdienen.

Drei Hektar Wald wie am Buchenhof mögen nicht viel sein, und es sollen ja auch nicht alle Bäume gefällt werden. Aber über 40 000 Menschen lehnen genau diesen Eingriff ab. Diesen Menschen hat nicht St. Florian bei ihrer Unterschrift die Feder geführt. Hier machen Menschen Ernst mit den Vokabeln vieler politischer Sonntagsreden: Wir brauchen mehr politisches Engagement, die Artenvielfalt muss erhalten bleiben, und die immense Flächenversiegelung ist zu reduzieren. Sollte nun aber die Wirkungslosigkeit des erfolgreichen Bürgerbescheids festgestellt werden, wäre dies fatal. Das Vertrauen der Menschen in die demokratischen Instrumente unserer Stadt wäre ernsthaft erschüttert. Und die Bezirkspolitik muss sich fragen lassen, ob sie selbst die Zusammenhänge und Regelwerke tatsächlich noch versteht. Ansonsten hätte zumindest von der GAL ein Aufschrei vor Einleitung des Bürgerentscheid-Verfahrens kommen müssen.

Wichtig ist sicher auch eine offensivere und ehrliche Informationspolitik. So manches Bürgerbegehren wäre vermutlich unnötig, wenn berechtigtes Misstrauen aufgrund erkennbarer Verquickungen von Privatinteressen, politischem Mandat und Bauprojekten bereits im Vorfeld aufgegriffen wird. Beispiel hierfür mag das Projekt "Haus des Waldes" sein.

Politik und Bürger müssen sich mehr denn je die Frage stellen, wie wir mit der Stadtentwicklung umgehen. Die Wachsende Stadt und eine investorengelenkte Stadtplanung waren über Jahre die herrschende Doktrin. Nun scheint das Pendel langsam in die andere Richtung auszuschlagen.

Bürger- und Volksentscheide sind für die Auseinandersetzung um den besten Weg für die Bürger dieser Stadt aber auch für den Umweltschutz ein wichtiges Instrument, sind gelebte Demokratie. Selbstverständlich muss man nicht alle Entscheidungen richtig finden, gleichwohl aber als Bürgerwillen akzeptieren. Was auf keinen Fall passieren darf, ist aber, die Initiatoren darauf zu reduzieren, dass diese nur ein ruhiges Wohnumfeld haben wollten und die Stadt Hamburg als Museumsdorf begreifen.