Bei der Sparklausur des Senats spielte der CDU-Landeschef “keine tragende Rolle“. Jetzt wird spekuliert, dass er Saga-Chef werden könnte.

Hamburg. Die einen sind sich sicher, dass er geht - und zwar bald. Die anderen bestreiten genau dies heftig. Mit einem Wort: Die politische Zukunft des angeschlagenen Finanzsenators Michael Freytag (CDU) ist höchst ungewiss.

Der Betroffene selbst hält sich zurück. "Zu wilden Spekulationen und Gerüchten nimmt der Senator grundsätzlich keine Stellung", ließ er über seinen Sprecher Daniel Stricker ausrichten. Zu einem klaren Dementi war der Senator gestern nicht bereit.

Auffällig ist, dass Freytag bei der Senatsklausur zu den geplanten drastischen Haushalts-Einsparungen am Dienstag und Mittwoch nach Aussage von Teilnehmern keine tragende Rolle gespielt hat. Das Heft des Handelns soll danach über weite Strecken auf Staatsrat Volkmar Schön, den Leiter der Senatskanzlei, übergegangen sein. Tritt hier einer schon den stillen Rückzug an?

Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der Freytag stets das Vertrauen ausgesprochen hat, ließ seinen engen Mitarbeiter Schön offensichtlich gewähren. "Ich hätte mir schon einen stärker steuernden Finanzsenator gewünscht", sagte ein Teilnehmer der Runde. Bezeichnend: Auch Fragen zum Sparpaket durfte die Finanzbehörde nicht beantworten. "Dazu äußert sich nur die Senatskanzlei", hieß es.

Nun lassen sich gute Gründe für Freytags Zurückhaltung finden, schließlich hat der Mann mit dem andauernden HSH-Nordbank-Desaster (siehe nebenstehenden Bericht) und dem Ringen um die Zukunft des Traditionsunternehmens Hapag Lloyd schon zwei große Baustellen. Und doch: Der Haushalt ist das Kerngeschäft jedes Finanzsenators oder -ministers. Dass er diese Plattform nicht nutzt, lässt Raum für Spekulationen.

Nach Abendblatt-Informationen wird seit dem Sommer intensiv nach einem neuen "Job" für den Banker und Juristen gesucht, auch außerhalb des öffentlichen Sektors. Nachdem der Senator in der HSH-Krise recht glücklos agiert hatte, war der Rückhalt für ihn in Teilen der Partei geschwunden. Die Rolle als "Kronprinz" von Beusts war Freytag, der auch CDU-Landeschef ist, jedenfalls los. Jetzt soll sich eine neue Perspektive eröffnet haben. Derzeit ist zu hören, dass Freytag auf den Chefsessel des städtischen Wohnungsbauunternehmens Saga GWG wechseln könnte. Nach Abendblatt-Informationen ist der Vertrag des Saga-Vorstandsvorsitzenden Lutz Basse zwar erst im vergangenen Jahr bis 2013 verlängert worden. "Es stehen keine Personalveränderungen im Vorstand an", sagte Saga-Sprecher Mario Spitzmüller denn auch. Und doch: Ein Rückzug Basses aus persönlichen Gründen ist gleichwohl nicht ausgeschlossen.

Aus dem Umfeld von Bürgermeister von Beust werden solche Spekulationen zurückgewiesen. Es sei ausgeschlossen, dass es zu einer Senatsumbildung in diesem Jahr komme. Und in die Zukunft könne niemand schauen. Das klingt danach, dass abgewartet werden soll, wie sich Freytag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur HSH Nordbank schlägt.

In der Tat stellt sich die Frage, wem ein schneller Abgang Freytags nützt. Jeder Nachfolger würde jetzt - im November oder Anfang Dezember - ein extrem undankbares Erbe antreten. Zum einen müsste der "Neue" die Verantwortung für die katastrophale Haushaltslage übernehmen, ohne große eigene Akzente setzen zu können. Zum anderen birgt das politische Abenteuer HSH Nordbank weiterhin erhebliche Risiken, die ein Neuling kaum zu taxieren geschweige denn zu steuern weiß.

Es kommt hinzu, dass aus Sicht des schwarz-grünen Senats die Wirkung eines Rücktritts als Befreiungsschlag, wenn er denn für erforderlich gehalten wird, wegen dieser Risiken verpuffen könnte. Die klassische Politikregel lautet deswegen auch, dass ein schwächelnder Minister die "Drecksarbeit" noch erledigen muss, damit ein Nachfolger unbelastet starten kann. Und: Auch nach einem Rücktritt als Finanzsenator müsste Freytag vor dem Nordbank-PUA als Zeuge aussagen. Frei von den Koalitionszwängen müsste Freytag keine Rücksicht mehr nehmen und könnte so, gar aus Frustration, mit seinen Aussagen zu einem Risiko für die im Amt Verbliebenen werden.

Eins ist klar: Ein Rücktritt des Parteivorsitzenden Michael Freytag als Finanzsenator würde das innerparteiliche Kräftegewicht verschieben. Vermutlich müsste sich die Hamburger CDU dann auch einen neuen Vorsitzenden suchen.

Allerdings war noch etwas auffällig in diesen Tagen: Beobachter berichteten übereinstimmend, dass der auf dem Höhepunkt der HSH-Nordbank-Krise noch hochgradig angespannte und dünnhäutige Senator derzeit betont locker und gelöst wirke. Ob das wirklich nur an dem für Freytag erfreulichen Bundestagswahlergebnis der Hamburger CDU liegt?