Parteien und Initiative verständigten sich auf Bremer Modell für Bürgerschafts- und Bezirksversammlungswahlen.

Jetzt ist Bremen Vorbild für Hamburg - jedenfalls beim Wahlrecht. CDU, SPD, GAL und die Volksinitiative "Mehr Demokratie" haben sich nach wochenlangen Verhandlungen auf ein Modell für Bürgerschafts- und Bezirksversammlungswahlen verständigt.

Der Kompromiss sieht ein reines Personenwahlrecht bei der Wahlkreisstimme und eine Kombination aus Personen- und Listenwahl bei der Landesstimme vor. Noch vor der Sommerpause, im Juni, sollen im Landesparlament Verfassung und Wahlgesetz geändert werden.

Im Gegenzug verzichtet die Initiative "Mehr Demokratie" auf den Volksentscheid über ihren weiter reichenden Wahlrechtsvorschlag, der parallel zur Bundestagswahl am 27. September geplant war.

Der Durchbruch kam am Freitagmorgen, als sich die Vertreter der drei Parteien und von "Mehr Demokratie" in den Räumen der GAL an der Burchardstraße (Altstadt) trafen. Grundlage der Einigung war ein Vorschlag der SPD, der sich am Bremer Modell orientiert. Es waren vor allem die Volksparteien CDU und SPD, die den Wünschen der Initiative weit entgegengekommen sind.

"Für uns ist das ein großer Tag der Freude", sage der GAL-Verfassungspolitiker Farid Müller. Hamburg werde "das modernste, bürgerfreundlichste und innovativste Wahlrecht aller Bundesländer" bekommen. "Mit diesem Kompromiss können wir gut leben", sagte Manfred Brandt, einer der drei Vertrauensleute der Wahlrechtsinitiative. Brandt kündigte an, den Volksentscheid trotz der Einigung vorsorglich anzumelden. "Sobald das Wahlrecht in trockenen Tüchern ist, wird die Initiative den Volksentscheid zurückziehen."

CDU-Fraktionschef Frank Schira betonte, dass seine Partei "einige Bauchschmerzen" mit dem Bremer Modell habe. "Der entscheidende Punkt ist aber, dass wir mit dem neuen Wahlrecht die Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre endlich beenden können", so der CDU-Politiker. "Wir hätten uns ein einfacheres und klareres Wahlrecht gewünscht", sagte CDU-Verfassungsexperte Robert Heinemann. Entscheidend sei jedoch, dass weiterhin die Parteiliste angekreuzt werden könne.

"Wir haben die Chance auf einen echten Wahlrechtsfrieden", sagte der stellvertretende SPD-Chef Frank Richter. Auch die SPD habe "Bauchschmerzen" vor allem mit Blick auf die Veränderungen beim Bezirkswahlrecht.

So sieht das Wahlrecht aus:

- Jeder Wähler hat fünf Wahlkreisstimmen, die er auf einen Kandidaten konzentrieren oder auf mehrere verteilen kann. Wie bei der Bundestagswahl gibt es hier nur Personenstimmen.

- Ebenfalls fünf Landeslistenstimmen können nach Belieben verteilt oder gehäuft werden. Nach Bremer Vorbild können hier sowohl die Parteilisten als auch die Namen der Kandidaten angekreuzt werden.

- Das Wahlrecht wird in der Verfassung abgesichert. Für jede Änderung ist eine Zwei-drittel-Mehrheit erforderlich (bislang einfache Mehrheit).

- Das Bürgerschaftswahlrecht wird 1:1 auf die Bezirksversammlungen übertragen.

- Die Bezirkswahlen werden von 2014 an am Tag der Europawahlen abgehalten.

Die erste Lesung der Verfassungsänderung soll am 10. Juni, die zweite am 24. Juni erfolgen, wenn auch über das Wahlrecht abgestimmt wird.