Beim Rauchverbot setzen beide Fraktionen nun auf Konfrontation. Die Hamburger Bürgerschaft entscheidet frühestens am 13. Juni.

Hamburg. Nach dem überraschenden Kurswechsel der CDU beim Passivraucherschutzgesetz könnte es nun doch noch ein generelles Rauchverbot in Gaststätten und Restaurants geben. Die SPD-Mehrheitsfraktion in der Bürgerschaft hatte zunächst einen Kompromiss vorgelegt, der das Rauchen nur in kleinen Eckkneipen erlaubt und separate Raucherräume in Restaurants nur unter sehr strengen baulichen und technischen Auflagen gestattet.

Am Freitag hat CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung geäußert und angekündigt, die für Mittwoch geplante Abstimmung über den Gesetzentwurf abzulehnen. Stattdessen fordert die Union eine erneute Beratung im Gesundheitsausschuss und eine Expertenanhörung.

"Wir haben den anderen Fraktionen einen überparteilichen Kompromiss in der Bürgerschaft angeboten - bewusst abseits von Maximallösungen, um bei diesem hochemotionalen Thema eine möglichst breite gesellschaftliche Legitimation zu erreichen", sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel am Sonntag. Nachdem die CDU "plötzlich ausschert" - nach vorheriger Zustimmung im Gesundheitsausschuss -, so Dressel, "haben wir eine neue Lage".

+++ Gesundheitssenatorin für generelles Rauchverbot +++

+++ Wieder viel Rauch in den Restaurants +++

+++ Jugendliche greifen immer seltener zur Zigarette +++

Aus Sicht des SPD-Fraktionschefs gibt es nur zwei Alternativen, nachdem das Bundesverfassungsgericht das Nichtraucherschutzgesetz des alten schwarz-grünen Senats kassiert hatte: entweder ein komplettes Rauchverbot oder ein Rauchverbot mit wenigen und sehr engen Ausnahmen. Wenn der Kompromiss mit begrenzten Ausnahmen vom Rauchverbot nicht mehr breit in der Bürgerschaft getragen wird, bleibt, logisch gesehen, nur noch ein generelles Rauchverbot. Aber so deutlich sagt Dressel das nicht.

Es kommt hinzu, dass sich die Befürworter eines generellen Rauchverbots innerhalb der SPD verstärkt zu Wort melden. So hat die SPD Altona einen kompletten Rauchstopp in Gaststätten und Kneipen beschlossen und will darüber Anfang Juni auf dem SPD-Landesparteitag abstimmen lassen. Der Ausgang gilt als offen. Auch Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hat sich klar für ein generelles Rauchverbot ausgesprochen.

Sollte sich der SPD-Parteitag für ein komplettes Verbot entscheiden, müsste die SPD-Fraktion wohl nachziehen. Dann hätten die Sozialdemokraten immerhin die Grünen an ihrer Seite, die sich als bislang einzige Fraktion für eine ausnahmslose Verbannung des Tabakqualms aus Restaurants und Gaststätten ausgesprochen haben.

Die SPD hält die verfassungsmäßigen Bedenken der CDU für vorgeschoben. Die Union wolle "offenbar weitere Lockerungen bei den Ausnahmen vom Rauchverbot für die Gastronomie erreichen", unterstellt Dressel. SPD-Gesundheitspolitiker Martin Schäfer betonte, dass die Ausnahmeregelung für Eckkneipen verfassungsfest sei. "Bei der Formulierung haben wir uns exakt an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 2008 für die Kleingastronomie gehalten", sagte der SPD-Abgeordnete. Diese Regelungen seien auch vom zweiten Urteil des Gerichts von 2012, als es um das schwarz-grüne Nichtraucherschutzgesetz ging, nicht in Zweifel gezogen worden.

Die aktuellen Animositäten zwischen SPD und CDU dürften einen sachfremden Hintergrund haben: Nach der beinahe gescheiterten Wahl des früheren Staatsrats Stefan Schulz (CDU) zum neuen Rechnungshof-Präsidenten herrscht gegenseitiges Misstrauen. Im ersten Wahlgang fehlten Schulz mindestens zehn Stimmen von SPD und CDU. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhielt er erst im zweiten Wahlgang - bei immerhin noch sechs Neinstimmen. Eine Konsequenz aus dem Beinahe-Scheitern des Parteifreundes könnte für die Union in stärkerer Abgrenzung von der SPD liegen.

Ob komplettes Rauchverbot oder Kompromisslösung: Die SPD-Fraktion will die Abstimmung über den Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz auf die Tagesordnung der Bürgerschaft am 13. und 14. Juni setzen. "Es ist alles gesagt, alles geprüft - jetzt muss es zur Entscheidung kommen", sagte Dressel.