Die Regierung lässt 13 bürgerschaftliche Ersuchen unbeantwortet. Die FDP hat daher eine außerordentliche Sitzung des Ältestenrats beantragt.

Hamburg. "Der Senat hat der Bürgerschaft und den von ihr eingesetzten Ausschüssen auf Verlangen Auskünfte zu erteilen", heißt es in Paragraf 10 der Geschäftsordnung der Bürgerschaft. Das ist die Theorie. In der Praxis knirscht es bei der Gewährung des wichtigen Rechts der Abgeordneten auf Information derzeit vernehmlich zwischen Parlament und Regierung.

Die oppositionelle FDP hat jetzt eine außerordentliche Sitzung des Ältestenrats beantragt, um den Umgang der Ersten mit der Zweiten Gewalt zu thematisieren. "Anlass für die Anmeldung ist der nach unserer Auffassung völlig unzureichende Umgang des Senats mit den von der Bürgerschaft in der 20. Wahlperiode (die laufende, die Red.) beschlossenen bürgerschaftlichen Ersuchen", heißt es in einem dem Abendblatt vorliegenden Brief von FDP-Fraktionschefin Katja Suding an Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD).

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Seit dem Regierungswechsel im März 2011 hat der Senat in 13 Fällen die von der Bürgerschaft gesetzte Frist zur Beantwortung von bürgerschaftlichen Ersuchen nicht eingehalten. Die Antworten stehen noch immer aus. Im krassesten Fall geht es um die Lange Nacht des Sports.

Anfang Juni 2011 hatte die Bürgerschaft den Senat "aufgefordert zu prüfen, ob und unter welchen finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen sich das Konzept der Langen Nacht des Sports in Hamburg durchführen lässt". Der Senat sollte das Ergebnis seiner Überlegungen bis zum 31. Oktober 2011 der Bürgerschaft mitteilen.

Weder dieser Termin noch eine zwischenzeitlich angekündigte Berichterstattung im März 2012 wurde eingehalten. "Die Gespräche zwischen dem HSB (Hamburger Sportbund, die Red.) und der FHH (Freie und Hansestadt Hamburg, die Red.) sind bislang noch nicht abgeschlossen", schreibt der Senat am 25. April in einer Übersicht über alle noch nicht beantworteten Ersuchen. Sobald es ein Ergebnis bezüglich der Langen Nacht des Sports gebe, "wird dieses ... auch kommuniziert".

Suding unterstellt, dass die verzögerte Beantwortung im Einzelfall begründet sein mag. "Dass allerdings 13 bürgerschaftliche Ersuchen, die zwingend von einer Mehrheit der Bürgerschaft beschlossen werden müssen, bisher nicht beantwortet wurden ..., nehmen wir zum Anlass, die Praxis des Senats und den Umgang der Fraktionen mit diesem Thema grundsätzlich besprechen zu wollen".

Hinter dem Hinweis auf die für jedes Ersuchen erforderliche Mehrheit der Bürgerschaft steckt bei Suding politisches Kalkül. Ohne die Stimmen der Senatspartei SPD kommt kein Beschluss zustande. Das Ersuchen zur Langen Nacht des Sports war sogar ausschließlich ein Antrag der SPD-Fraktion. Doch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel reagiert gelassen auf etwaige Nachlässigkeiten seiner Parteifreunde im Senat.

"Die Verzögerungen bewegen sich im Normalbereich", sagte Dressel dem Abendblatt. Es gebe bisweilen neue Entwicklungen, die sich erst im Zuge der Beantwortung eines Ersuchens herausstellten. "Substanz ist wichtiger als die Einhaltung einer Terminvorgabe", sagte Dressel. Immerhin teile der Senat für alle Fristüberschreitungen bei Ersuchen Gründe mit.

Zurückhaltend reagierte Senatssprecher Jörg Schmoll. "Der Senat ist bestrebt, für eine zügige Umsetzung zu sorgen", so der Senatssprecher. "In einzelnen Fällen nimmt die Umsetzung eine gewisse Zeit in Anspruch." Der FDP-Abgeordnete Robert Bläsing, dessen Kleine Anfrage den Stein ins Rollen gebracht hatte, übte harte Kritik an der Landesregierung: "Das ist eine arrogante Missachtung des Souveräns nach dem Motto: selbstherrliches Ignorieren statt gutes Regieren." Die FDP-Fraktion werde sich dieses Verhalten nicht gefallen lassen.

Die bürgerschaftlichen Ersuchen sind bereits der zweite Konfliktpunkt zwischen Parlament und Senat: Mehrfach haben Abgeordnete und auch Bürgerschaftspräsidentin Veit gerügt, dass der Senat Anfragen von Parlamentariern nicht umfassend und vollständig beantwortet. Andererseits hat die Zahl Kleiner und Großer Anfragen zugenommen, vor allem weil es vier Oppositionsfraktionen gibt - so viel wie nie zuvor. Anfragen sind gerade für die Opposition, die keinen direkten Zugang zum Senat hat, ein wichtiges Instrument.