Der Konflikt um die 13-Millionen-Sparrunde bis Ende 2012 für Hamburgs Wissenschaftsetat ist so grundsätzlich wie erbittert.

Hamburg. Ein Wortwechsel über die erste Krise des SPD-Senats klingt so: "Fahren Sie mal nach Jenfeld", sagt ein Politiker, "und fragen Sie, was die Wähler dort wollen: mehr Polizisten oder mehr Professoren?" Aus der Universität lautet die Antwort: "In einer gebildeten Gesellschaft gibt es keine Gewalt!"

Der Konflikt um die 13-Millionen-Sparrunde bis Ende 2012 für Hamburgs Wissenschaftsetat ist so grundsätzlich wie erbittert. Ein städtischer Mitarbeiter verweigert seinem Bürgermeister den Gehorsam: Uni-Präsident Dieter Lenzen wird trotz der Weisung der Regierung nicht selbst den Rotstift in die Hand nehmen, und erstmals seit Jahren stehen die Mitarbeiter der Uni nahezu geschlossen hinter ihrem Präsidenten. Auf der anderen Seite sitzt Senatschef Olaf Scholz (SPD), der ein Ziel hat: Bald will er zur versprochenen Sanierung der maroden Finanzen sagen können: "Die SPD meint es ernst."

Zwei Sturköpfe also, sie rollen wie Eisenbahnen aufeinander zu. Nach Abendblatt-Informationen löst das Hamburger Sparprogramm sogar im Bundesforschungsministerium "Besorgnis" aus. Es ist übrigens nicht einfach, auch für den Senat nicht, einen gewählten Hochschulchef zu entlassen - gute Bedingungen also für einen politischen Kampf mit allen Mitteln.

So wurde dem SPD-Gesandten Philipp-Sebastian Kühn ein spezieller Empfang zuteil, als er zum Krisentreffen mit den Hochschulchefs erschien. Nachdem er als Einziger ohne Handschlag begrüßt wurde, summte einer der Hochschulchefs das Liedchen: "Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten". Zuvor hatte die Uni gedroht, das Zoologische Museum schließen zu lassen (Betriebskosten 6000 Euro im Jahr). Man stelle sich vor, der ausgestopfte Tiger würde vor den Tränen einer Schulklasse im Keller verstaut - "... und Olaf Scholz ist schuld!"

Das war nur der Anfang psychologischer Kriegsführung einer kleinen Wissenschaftslobby, die sich Aufmerksamkeit verschafft. Es ruhten große Hoffnungen auf der SPD, dass die Bedingungen besser würden, über die Abschaffung der Studiengebühren hinaus. So große offenbar, dass eine - kaum minder heftige - Sparrunde des abgewählten Senats ebenfalls einfach nicht umgesetzt wurde. Nach Abendblatt-Informationen spekulierte die Uni früh auf einen Regierungswechsel. Ein Professor sagte freimütig: "Ich habe SPD gewählt, obwohl ich doch Reaktionär bin."

Man darf glauben, dass die SPD einen "geschummelten" Haushalt vorfand, auch daher also in die Klemme geriet. So zitierte Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) in der Bürgerschaft - unwidersprochen - GAL-Fraktionsvize Anja Hajduk, die unter der Hand mit Blick auf ein rot-grünes Bündnis gesagt habe: "Es wird schwer für uns, die Studiengebühren abzuschaffen, im Haushalt sind viele Schlaglöcher." Insofern war die laute Empörung der GAL und CDU im Parlament ein ziemliches Schmierentheater.

Ein Satz hat es aber in sich: "Die SPD hat aus dem Fehler nicht gelernt, den Schwarz-Grün in der Kultur gemacht hat", sagte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Man müsse eben mit Betroffenen sprechen, bevor man kürze. Zunächst scheint diese Kritik plump, Senatorin Stapelfeldt hat engen Kontakt zu den Unis. Wersich ging es wohl aber darum, ein Stichwort zu geben: "Kultur". Der damalige Senat knickte mit seinen Sparplänen ein, als die gesamte Szene auf die Straße ging. Auch deshalb will die SPD nun nicht nachgeben, damit Proteste keine Schule machen. Wenn also die CDU beim Thema moralisch schon nicht trittsicher ist, gießt sie eben Öl ins Feuer und ermuntert zu Protesten.

Auch die Aussicht auf sprudelnde Steuereinnahmen, mit deren Verkündung diese Woche zu rechnen ist, beeindruckt die Sozialdemokraten wenig. Gewöhnlich verteilen Regierungen einen Teil dieser Einnahmen wieder, doch genau das will der Senat nicht. Stichwort: Schuldenbremse. An der Universität wird damit ein Exempel statuiert, das mögliche Bittsteller abschrecken soll. Langfristig zielt die SPD zwar auf eine Vermögenssteuer ab - aber bis das bundesweit mehrheitsfähig ist, müssen die Kassen offenbar noch leerer werden.

Bis dahin klingen "strukturelle Veränderungen" besser als "Museumsschließungen". Also erwägt der Senat, Uni-Verwaltungen abzuspecken, auch Präsident Lenzen soll seinen Stab verkleinern. Die Idee, die HafenCity-Uni an die TU Harburg anzudocken, scheint nicht vom Tisch zu sein. TU-Präsident Garabed Antranikian, der das befürwortet, ist Doktorvater der Wissenschaftsstaatsrätin Kristina Böhlke.

Noch ist keine Einigung in Sicht, an der Uni Hamburg sind große Proteste erst in Planung, um für die Beschlüsse des Akademischen Senats zu kämpfen. Auch eher verwaltungshörige Akademiker sind beschwingt. Eine Idee: Aufkleber drucken mit dem Spruch: "Das würde es ohne Uni nicht geben."

Diesen Sticker könnte man übrigens auch auf das Rathaus kleben.