50 000 Hamburger haben nachgefragt, was es mit den neuen Sielgebühren auf sich hat. Der Grundeigentümerverband spricht von Desaster.

Hamburg. Für Haus- und Wohnungsbesitzer mit wenigen versiegelten Flächen wie Hausdächern, betonierten Hofflächen und Grundstücksauffahrten werden die Sielgebühren in Hamburg günstiger. Tiefer in die Tasche greifen müssen dagegen etwa Unternehmen, die riesige zugepflasterte Parkflächen haben. Um das neue Gebührenmodell umzusetzen, bei dem für Schmutz- und Regenwasser getrennte Gebühren erhoben werden und das zum 1. Januar 2012 in Kraft treten soll, erhalten die Eigentümer zurzeit Befragungsunterlagen per Post.

Doch die Schreiben sorgen bei vielen Eigentümern für Verwirrung. Sie erhalten unter anderem einen Grundstücksplan, auf dem die versiegelten Flächen verzeichnet sind. Nun müssen die Hausbesitzer überprüfen, ob die anhand der Luftbildauswertung ermittelten versiegelten Flächengrößen richtig sind. Hilfe beim Ausfüllen der Unterlagen erhalten sie unter einer extra eingerichteten Telefonnummer (0800-55 44 44 54). Und dort ist der Andrang groß. "Seit Mitte Januar hatten wir schon mehr als 50 000 Anrufe", sagt Matthias Sobottka, Sprecher von Hamburg Wasser. Die häufigste Frage sei, was eigentlich eine versiegelte Fläche ist. Denn nicht jeder Bürger weiß, dass die Rasenwiese, Gartenbeete und Flächen, auf denen das Regenwasser versickern kann, im Gegensatz etwa zu Parkplätzen als nicht versiegelt gelten. "Die Zahl der Anrufer zeigt, dass unser Angebot sehr gut angenommen wird", sagt Sobottka.

Heinrich Stüven, Vorsitzender des Hamburger Grundeigentümerverbands, interpretiert die hohe Nachfrage anders. "Das bedeutet, dass bislang etwa ein Sechstel aller privaten Eigentümer in Hamburg Fragen zu dem Verfahren hatte. Das ist ein Desaster." Die Menschen seien nicht ausreichend informiert und verunsichert.

Stüven hat weitere Kritikpunkte am 2,5 Millionen Euro teuren Verfahren für die Einführung der gesplitteten Sielbenutzungsgebühr. "Die Grundidee, einen Anreiz für die Entsiegelung von Flächen zu schaffen, ist gut - aber der Verwaltungsaufwand steht in keinem Verhältnis zum Ergebnis", sagt er. "Zudem ist es eigentlich nicht Aufgabe des Bürgers, die ungefähren, von der Stadt erhobenen Daten überprüfen zu müssen." Er gebe Eigentümern den Rat, sich nicht pauschal mit den ermittelten Flächengrößen einverstanden zu erklären.

Das ergibt allein deshalb Sinn, da die als Grundlage dienenden Luftaufnahmen aus den Jahren 2007 und 2008 stammen. "An der einen oder anderen Stelle kann sich in der Zeit etwas verändert haben", räumt Matthias Sobottka ein. Deshalb seien nun die Hausbesitzer gefragt. "Einen anderen Weg gibt es nicht", sagt der Pressesprecher. "Ein Ziel sind gerechtere und transparentere Gebühren", sagt Sobottka. Mehreinnahmen werde das Unternehmen Hamburg Wasser durch das neue Modell nicht erzielen. "Die Gebühren werden nur anders aufgeteilt." Daran glaubt Heinrich Stüven nicht. Er sagt: "Langfristig wird es für die Eigentümer mit Sicherheit teurer."

Grundstückseigentümer können sich im Kundencenter von Hamburg Wasser (Ballindamm 1) informieren oder unter der Telefonnummer 0800-55 44 44 54.