Harburg. Er lebte im Gängeviertel, Helmut Schmidt kaufte seine Bilder. Nun würdigt eine Ausstellung im Binnenhafen Franz Kaisers Lebenswerk.

  • Der Hamburger Künstler Franz Kaiser lebte von 1881 bis 1971, die meiste Zeit in Armut
  • Er wohnte im Hamburger Gängeviertel und auf einem Dachboden in der Kanalstraße
  • Die Bewahrer seiner Kunst nennen ihn deshalb heute liebevoll den „Kaiser ohne Thron“

„Er war Maler, Bildhauer, Philosoph und Prophet. Gebildet und viel mit Literatur und Politik beschäftigt.“ Das sagt der Harburger Sammler Jürgen Winzer über den Hamburger Künstler Franz Kaiser. Zu Unrecht sei der 1971 verstorbene, in der Nazizeit verfolgte Künstler in Vergessenheit geraten, sagt Winzer. Er selbst besitzt rund 50 Bilder und Skulpturen sowie um die 100 Kollagen, Zeichnungen und Aquarelle. Rund 70 Werke werden vom 11. April an in der Galerie 1565 an der Harburger Schloßstraße 13 zu sehen sein.

„Franz Kaiser wäre bestimmt sehr glücklich, wenn er seine Ausstellung hier sehen könnte“, sagt Winzer und schaut sich in den historischen Räumen des Bornemannschen Hauses um.

Künstler, Kämpfer, Kommunist: Harburg feiert Franz Kaiser

Franz Kaisers Ölgemälde „Späte Heimkehr/Kaffee im Garten“ aus dem Jahr 1946 zeigt ein Paar, das sich entfremdet und nicht viel zu sagen hat.
Franz Kaisers Ölgemälde „Späte Heimkehr/Kaffee im Garten“ aus dem Jahr 1946 zeigt ein Paar, das sich entfremdet und nicht viel zu sagen hat. © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

Hier ist nichts glatt geschliffen, aus einem Guss. Backstein- und Fachwerkwände aus mehreren Jahrhunderten, oft krumm und schief oder mit blätternder Farbe, bilden einen geeigneten Rahmen für den streitbaren Freigeist Franz Kaiser, der im engen Hamburger Gängeviertel lebte und nicht nur im Dritten Reich mit seiner in Bildern gefassten Kritik an herrschenden Verhältnissen, der Staatsmacht oder gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten aneckte.

Das heruntergekommene Arbeiterviertel zwischen Valentinskamp und Speckstraße sollte seine Heimat werden. Hier entstand ein Großteil seines rund 1500 Arbeiten umfassendes künstlerischen Werkes.

Zu den interessierten Sammlern gehörten auch Helmut und Loki Schmidt

Jürgen Winzer hat Franz Kaiser 1966/67 als Student kennengelernt. „Er hat mich sehr beeindruckt. Damals hatte ich leider schon Medizin studiert. Sonst hätte ich wahrscheinlich etwas anderes gemacht“, sagt der pensionierte Arzt, der heute im Harburger Binnenhafen wohnt. So kam der Kontakt zur Galerie 1565 zustande.

Franz Kaisers umfangreiches Werk wurde nach seinem Tod von Dr. Jürgen Winzer in Hamburg bewahrt, der ihm als Freund und Arzt nahestand.
Franz Kaisers umfangreiches Werk wurde nach seinem Tod von Dr. Jürgen Winzer in Hamburg bewahrt, der ihm als Freund und Arzt nahestand. © Klaus Seidel / Ben Seidel | Klaus Seidel / Ben Seidel

Schon zu Lebzeiten konnte FranzKa, wie er selbst sich nannte, seine Werke verkaufen. Zu den interessierten Sammlern gehörten auch Loki und Helmut Schmidt. „Eines Tages fuhren die Schmidts mit großer Limousine und Entourage beim Gängeviertel vor, um Kaiser zu besuchen“, erinnert sich Winzer. In jedem Satz, den er über Kaiser spricht, steckt seine Bewunderung des Künstlers.

Ein neues Privat-Museum für Hamburg – Franz Kaisers Werke sind fest eingeplant

Als dieser 1971 starb, übernahm Winzer dessen Nachlass. In dem von ihm gegründeten „Freundeskreis Franz Kaiser“ aus sechs kunstinteressierten Privatpersonen setzt Winzer sich dafür ein, dass der Hamburger Künstler in der Stadt wieder präsenter wird, unter anderem mit der Website „Kaiser ohne Thron“.

Galeristin Maya Meinecke und Sammler Jürgen Winzer stellen die Werke von Franz Kaiser in der Galerie 1565 aus. In der Hand hält Winzer ein Foto des Künstlers aus dessen Zeit als Kommunist in den 1920er Jahren.
Galeristin Maya Meinecke und Sammler Jürgen Winzer stellen die Werke von Franz Kaiser in der Galerie 1565 aus. In der Hand hält Winzer ein Foto des Künstlers aus dessen Zeit als Kommunist in den 1920er Jahren. © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

Ein Mitglied des Freundeskreises ist die Kunsthistorikerin Maike Bruns. Mit ihrer Stiftung baut sie gerade eine Bleibe für die Kunst der Moderne in Hamburg: Unter dem Namen PARABEL entsteht im umgebauten Gebäudeensemble der Ohlsdorfer Nikodemuskirche ein „Zentrum für Kunst in Hamburg“. Im Herbst soll das Privatmuseum eröffnen, Werke von Franz Kaiser sind fest eingeplant.

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2018 hat die Hamburger Kunsthalle zwei Gemälde aus dem Nachlass von Franz Kaiser erworben und ausgestellt. Als Akt der Wiedergutmachung. 1937 war im Rahmen der „entartete Kunst Aktion“ das im Besitz der Kunsthalle befindliche Bild „die Afrikanerin“ entfernt und zerstört worden.

Nach der großen Schau im Gängeviertel nun die Galerie 1565 in Harburg

Eine größere Bilderschau gab es im Mai 2018 im Gängeviertel. Nun folgt die Ausstellung im Harburger Binnenhafen, ergänzt durch erklärende Schrifttafeln sowie ein Video mit Erinnerungen von Zeitzeugen und Wegbegleitern. Einige der 70 Exponate werden in der Galerie 1565 zum Kauf angeboten. Die Ausstellung läuft bis Ende August.

Skulpturen, Zeichnungen und Kollagen von Franz Kaiser liegen in der Galerie 1565 für die Ausstellung bereit.
Skulpturen, Zeichnungen und Kollagen von Franz Kaiser liegen in der Galerie 1565 für die Ausstellung bereit. © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

Bis zum 4. April läuft in der Galerie noch eine Ausstellung der Hamburger Künstlerin Aneta Anna Pahl. Auf der Vernissage der Kaiser-Rückschau am Donnerstag, 11. April, 18 Uhr soll ein Dialog zwischen Maike Bruhns und Jürgen Winzer einen lebendigen Eindruck vom Künstler erzeugen und dessen Werk in die Gegenwart transportieren. Gleichzeitig ist es die Vernissage einer zweiten Ausstellung im Erdgeschoss des Hauses von Werken vier internationaler junger Künstler. „Ihre Werke ergänzen die Franz Kaiser-Retrospektive wunderbar“, sagt Galeristin Maya Meinecke.

Das restaurierte Bornemannsche Haus liefert dazu den passenden Rahmen. Dessen Eigentümer Arne Weber freut sich auf die neuen Ausstellungen in seiner Galerie: „Franz Kaiser hat erstaunliche Bilder gemalt, sehr außergewöhnliche Bilder. Mal sehen, vielleicht werde ich welche kaufen.“