“Bitterleichte Lyrik“ aus der Hand des Gynäkologen Dr. Volker Maaßen, der als Autor seinen Ausgleich zum Beruf fand.

Harburg. Am kommenden Wochenende kann Dr. Volker Maaßen die großen Leidenschaften seines Lebens wieder einmal zusammenführen. Bei der von ihm seit zehn Jahren organisierten Sonntagsmatinee des Brustzentrums Süd tritt der 69-Jährige als Arzt und Autor in Aktion. Unter dem Titel "Brustkrebs und Kultur" wird er ab 11 Uhr im Privathotel Lindtner an der Heimfelder Straße 123 vornehmlich Frauen den therapeutischen Wert künstlerischer Betätigung nahe bringen. Zwei Felder, auf denen sich Maaßen so gut auskennt, wie kaum ein Zweiter.

Star-Aktrice Angelina Jolie, die unlängst publik machte, sie habe sich aus Angst vor Brustkrebs prophylaktisch beide Brüste abnehmen lassen, wird zwar nicht in Heimfelds Topherberge vorbeischauen. Doch solcher Schwergewichte der internationalen Filmszene bedarf es laut Maaßen auch gar nicht, um die emotional aufgeladene Materie seriös und konstruktiv zu thematisieren. So hat der Mediziner die bekannte Hamburger Schauspielerin Kathrin Spielvogel eingeladen. 2006, da war sie gerade 34 Jahre alt, wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Über die Zeit danach mit all ihren Ängsten, Zweifeln und Zumutungen hat sie ein Videotagebuch erstellt, aus dem später, 2008, unterstützt durch Filmemacher Nicholas Feustel, der Dokumentarfilm "Ich will ja leben, oder?" entstand.

"Kathrin Spielvogel kann sehr authentisch und glaubhaft über diese schwierige Phase ihres Lebens berichten. Aber auch darüber, wie wichtig es ist, nach vorn zu schauen und solch ein Schicksal zu meistern", sagt Maaßen. Den als Mediziner und Künstler ebenso fasziniert, wie die 1977 nur 44-jährig an Krebs verstorbene Autorin Maxie Wander das Thema literarisch aufgearbeitet hat.

Dass die heimtückische Krankheit Krebs auch einem behandelnden Mediziner Druck aufbürdet und ihn viel Kraft kostet, weiß der gebürtige Kieler aus eigener Erfahrung. 15 Jahre leitete der anerkannte Facharzt für Pathologie und Gynäkologie die Geburtenstation des Allgemeinen Krankenhauses Harburg, jetzt Asklepios. Seit 2010 ist er Chef der AKH-Fachklinik für Gynäkologie am Helmsweg, zu der auch das Brustzentrum Süd gehört.

"Mit dem, was man als Mediziner sieht und erlebt, ist es nicht immer leicht, umzugehen", so Maaßen. Deshalb sei es wichtig, ein Feld zu haben, das für Ausgleich und Entspannung sorge. Das hat er schon vor vielen Jahren im Schreiben gefunden. "Ich bin da ein ganz anderer Mensch", sagt Maaßen. Als Chefarzt sei man ja doch irgendwie "Sklave seines Namens". Davon befreit fühle er sich, wenn er mit Baskenmütze und rotem Schal in die Rolle des Autors schlüpfe.

Maaßen fabuliert und dichtet, wann immer er Zeit dafür findet. In den langen Nächten als Bereitschaftsarzt zum Beispiel. Oder am späten Abend an seinem Schreibtisch in der Wohnung am Eißendorfer Pferdeweg. Oder auf seiner geliebten "Willy Wieberg", einem schwedischen Marieholm-Langkieler. Das fast zehn Meter lange, hochseetaugliche Segelboot liefert ihm regelmäßig die Anregungen für seine "Geschichten nicht nur für Segler", wie es im Untertitel seines zweiten Buches "Träume weiter, Willy" (ISBN 978-3-86675-172-9) heißt.

Wie schon im Erstling "Willy, Gedanken eines Seglers" (ISBN 978-3-89950-604-4) geht es nicht nur um Wind, Wellen, Wasser und das weite Meer, sondern um weit mehr. Die autobiografisch getriebenen Erzählungen vom Leben auf der "Willy Wieberg" sind gespickt mit Weisheiten über das Leben, gepaart mit "seglerischen Chauvinismen" (Zitat Maaßen) und einer großen Prise Humor. Kann vielleicht auch gar nicht anders sein, da Skipper Willy sein schwimmendes Reich ja mit Ehefrau Marie, zwei Töchtern und Hund Max teilen muss.

"Mühelos navigiert Maaßen dabei in lockerem Tonfall vom Alltäglichen zum Philosophischen" befand ein Kritiker des Segelmagazins Palstek. Die Einblicke in die Gedankenwelt des Skippers Willy seien so erfrischend wie politisch unkorrekt. Weil dem Helden nichts Menschliches fremd ist, von den komplizierten Türschlössern dänischer Klohäuschen über die regelmäßig zu Schnäppchenjagden ausartenden Landgänge seiner weiblichen Crew bis zur Konfrontation mit Damen des horizontalen Gewerbes in Norwegen.

"Auf der Bühne kommt der Lyriker aber besser an", weiß Volker Maaßen. Doch auch das ist für den Liebhaber von Ringelnatz, Heine, Kästner und Fried kein Problem. Als er kürzlich seine Gedichte auf der Bühne des neuen Literaturcafés "Komm du" an der Buxtehuder Straße 13 vortrug, war der Gastraum bestens gefüllt. Unter dem Motto "bitterleichte Lyrik" sollen die Verse im Herbst auch als Gedichtband auf den Markt kommen. Gefolgt von Maaßens erstem Thriller "Tödliche Transaktion", dessen Erscheinen fürs diesjährige Weihnachtsgeschäft geplant ist.