Im Landkreis Harburg steigt die Zahl der Flüchtlinge in diesem Jahr auf mehr als 800 - das entspricht einer Verdoppelung.

Winsen. Die Zahl der Asylbewerber im Landkreis Harburg wird sich in diesem Jahr voraussichtlich verdoppeln. Derzeit liegt sie bei 410, "wir gehen davon aus, dass bis zum Jahresende 400 neue Bewerber hinzukommen", sagt Monika von der Heide, Leiterin der Abteilung Soziale Leistungen beim Landkreis. Die Neuankömmlinge werden vom Land Niedersachsen aus zugewiesen, das die Asylbewerber auf Landesebene zunächst in den beiden Aufnahmeeinrichtungen Friedland und Braunschweig unterbringt. Von dort aus geht es anhand einer bestimmten Quote, die sich an der Zahl der Einwohner orientiert, weiter in die Landkreise.

Weil die bisherigen Asylbewerberunterkünfte im Landkreis Harburg voll sind, sucht die Kreisverwaltung derzeit händeringend nach neuem Wohnraum. "Bereits seit 2011 sind die Zahlen leicht gestiegen, und seitdem sind wir quasi auf der Suche", sagt Monika von der Heide. Das Problem: Passende Unterkünfte sind schwer zu finden, die Gebäude müssen bestimmte Kriterien erfüllen. Welche das sind, erklärt Kreissprecher Bernhard Frosdorfer. Der Landkreis achte darauf, dass die Gebäude nicht zu groß sind und nicht zu viele Asylbewerber an einem Ort unterkommen. Bauliche Veränderungen sollten sich im Rahmen halten, weshalb beispielsweise Pensionen oder Gaststätte besonders in Frage kommen, Gemeinschaftsräume und Waschmöglichkeiten sind ebenfalls wichtig. "Genaue Vorgaben vom Land gibt es aber nicht."

Allein 150 der derzeit 410 Asylsuchenden im Landkreis sind in größeren Einrichtungen in Meckelfeld, Hittfeld und Neu Wulmstorf untergebracht. Die Neu Wulmstorfer Einrichtung beispielsweise beherbergt 43 Männer aus neun Nationen im Alter von 18 bis 62 Jahren und wird von der Firma Human Care aus Bremen betrieben. Die anderen Asylbewerber verteilen sich auf kleinere Häuser in Buchholz, Winsen und Klecken. Obwohl einige Einrichtungen von den Gemeinden oder von Betreibergesellschaften verwaltet werden, ist letztlich der Landkreis verantwortlich und kommt auch für alle anfallenden Kosten auf. Insgesamt 3,2 Millionen Euro sind im Haushalt 2012 veranschlagt gewesen, für 2013 sind es 5,5 Millionen Euro. "Vorerst", fügt Monika von der Heide hinzu. Es könnte sein, dass die Summe steigt, wenn die Zahl der Asylsuchenden doch noch größer wird.

Der Landkreis bittet deshalb alle Besitzer von in Frage kommenden Immobilien, sich bei der Kreisverwaltung zu melden. Zumindest zwei neue Unterkünfte sind bereits gefunden worden. Eine davon liegt in Winsen, die andere in Garlstorf. Die in Garlstorf sei am Ortsausgang Richtung Salzhausen gelegen und bestehe aus drei Wohnungen, sagt Bürgermeister Horst Jagau. Er sei vom Landkreis zwar nicht direkt informiert worden, dass Asylbewerber nach Garlstorf kommen werden, erklärt er. "Aber ich glaube nicht, dass die Bürger Probleme damit haben."

Er hat das Beispiel Undeloh vor Augen, wo der Gemeinderat kürzlich sein Einvernehmen für den Umbau eines Cafés in eine Unterkunft für 29 Flüchtlinge nicht erteilte und einige Bürger bei der Sitzung mit ausländerfeindlichen Äußerungen auffielen. "Wir als Gemeinde haben überhaupt nichts gegen die Asylbewerber", betont Bürgermeister Albert Homann. In der Sitzung habe jeder seine Meinung sagen dürfen, und auf die ausländerfeindlichen Sätze habe er nicht so schnell reagieren können. Das ablehnende Votum des Gemeinderats beziehe sich allein auf die baulichen Änderungen, sagt er. Ob nun der Landkreis weiterhin am möglichen Standort Undeloh festhält, ist laut Kreissprecher Frosdorfer offen. Er erklärt, dass Gemeinden nur dann direkt am Verfahren beteiligt werden, wenn es um baurechtliche Dinge geht. Zur Not kann der Landkreis das Einvernehmen ersetzen.

In Winsen, wo am Tönnhäuser Weg die zweite neue Unterkunft entstehen soll, hat ebenfalls ein Bürger seine Bedenken geäußert. In einem persönlichen Brief versucht Ordnungsamtsleiter Christian Riech nun, seine Sorgen - unter anderem hinsichtlich einer Wertminderung seines Grundstücks - zu zerstreuen. "Das ist natürlich schwierig, weil das impliziert, dass sich die Situation nur durch die Flüchtlinge verschlechtert", sagt er. Er werde aber auf die positiven Erfahrungen von anderen Orten verweisen, beispielsweise in Neu Wulmstorf. Darüber hinaus sind zwei weitere Standorte, Stelle und Buchholz, in der Schwebe. "Bei uns in Buchholz sind bereits 44 Flüchtlinge, und wir haben dem Landkreis angeboten, 24 weitere aufzunehmen", sagt Stadtsprecher Heinrich Helms. In Stelle wird der Bauausschuss am 27. Februar über eine mögliche Unterkunft beraten.

Was aber ist, wenn bis zur Ankunft der Flüchtlinge nicht genügend Wohnraum zur Verfügung steht? Monika von der Heide zuckt mit den Achseln. "Dann müssten wir sie wohl zunächst in Schützenhallen oder Hotels unterbringen."