Wie wir wurden, was wir sind. Die gemeinsame Serie vom Abendblatt und dem Kiekeberg-Museum. Teil 3: Methoden der Konservierung.

Erdbeeren im Winter, Frühlingszwiebeln im Herbst: Was heute mit einem Griff ins Supermarktregal zu jeder Zeit möglich ist, war früher ein wahrer Kraftakt mit großem Aufwand organisatorischer und manchmal auch finanzieller Art. Wer frische Nahrungsmittel über einen längeren Zeitraum konservieren wollte, musste vorausschauend handeln - und wissen, wie es geht. Denn Fehler beim Konservieren konnten gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben. Das Freilichtmuseum am Kiekeberg hält mit einer Dauerausstellung auf dem Gelände die Erinnerung an die Konservierungsmethoden der vergangenen Jahrhunderte lebendig und veranstaltet am Sonnabend ein "Schlachtfest", wie es in der Region bis Mitte des 20. Jahrhunderts noch regelmäßig gefeiert wurde.

Die Konservierung von Lebensmitteln sicherte schon in prähistorischer Zeit das Überleben ganzer Familien. Denn eine Vielzahl frischer Lebensmittel konnte in der Regel nur einmal im Jahr geerntet werden. Und auch geschlachtet wurde nur selten. Die Menschen waren daher stets gezwungen, beispielsweise einen Teil der im Herbst eingebrachten Ernte als Vorräte anzulegen und haltbar zu machen, um die Nahrungsknappheit im Winter und Frühling zu überleben. "Eine der ältesten, wichtigsten und gängigsten Methoden war das Trocknen", erzählt Dr. Nils Kagel, Volkskundler des Freilichtmuseums am Kiekeberg. Den Lebensmitteln wird bei diesem Verfahren dauerhaft Wasser entzogen und so das Wachstum gesundheitsgefährdender Mikroorganismen gehemmt. Die Menschen legten Äpfel, Pflaumen und Birnen dafür in die Sonne. Ab dem 19. Jahrhundert wurden dafür vielfach die eigens dafür gebauten "Obstdarren" verwendet. "Gern genutzt wurde dafür auch die Nachwärme des Backofens", sagt Nils Kagel. Getrocknet wurden zudem Kräuter und Gemüsesorten wie Bohnen oder Erbsen.

Nüsse und Fleisch hängten die Bauern - vorzugsweise im Winter - einfach in den abziehenden Rauch der Feuerstelle und machten sie damit länger haltbar. Der Rauch zog durchs Dach ab - und hielt so auch das vielfach auf dem Boden gelagerte Heu und Getreide keimfrei. Denn Rauch trocknet nicht nur die Oberfläche der Nahrungsmittel; er enthält auch viele antimikrobiell wirksame Substanzen wie Ameisensäure, Formaldehyd, Acetaldehyd und Kresole. Heute wird der Rauch mit gezieltem Verschwelen von Spänen und Sägemehl von naturbelassenem Holz, vor allem Buchen-, Eichen-, Erlen- und Ahornholz erzeugt und ist damit deutlich gesünder.

Kochsalz wurde bereits im Mittelalter in großen Mengen zur Konservierung von Fleisch, Fisch und Gemüse verwendet. "Weil Salz aber relativ teuer war, zahlten die Käufer früher für konservierte Ware deutlich mehr Geld als für frische Ware", erklärt Nils Kagel. Die vorbereiteten Lebensmittel wurden dafür in geeignete Gefäße wie Steingut oder Glas lagenweise eingeschichtet, zwischen die Lagen wurde Salz gestreut. Danach konnten die Gefäße verschlossen und jahrelang aufbewahrt werden. Dem Salz wurde später als zusätzliches Konservierungsmittel Salpeter oder Nitrit zugegeben - auch bekannt als Pökelsalz. Letzteres verstärkt die Bakterien hemmende Wirkung. Bis in die Neuzeit spielt Kochsalz für die Konservierung von Lebensmitteln eine große Rolle.

Gleiches gilt für Zucker. Obwohl er für viele Mikroorganismen einen sehr guten Nährstoff darstellt, kann Zucker in hohen Konzentrationen zur Konservierung von Lebensmitteln dienen. Doch dieses Verfahren setzte sich erst mit der Nutzung der in Europa heimischen Runkelrübe durch. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war der Zuckerpreis zu hoch; erst dann wurde er auch für ärmere Menschen erschwinglich. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Zucker häufig als Konservierungsmittel für Obst verwendet, beispielsweise beim Kochen von Marmeladen und Konfitüren.

Zu den weitverbreiteten Konservierungsmethoden gehörten darüber hinaus das Fermentieren sowie das Haltbarmachen mit Öl, Essig, Alkohol und Schwefel. Einen enormen Fortschritt auf dem Gebiet der Lebensmittelkonservierung erzielte François Nicolas Appert im Jahre 1790. Der Konditor entdeckte das Verfahren der Hitzekonservierung und erhitzte Fleisch und Gemüse in luftdicht abgeschlossenen Gefäßen. Der britische Kaufmann Peter Durand kam 1810 auf die Idee, die Methode von Appert mit Blechkanistern umzusetzen. Die Erfindung des Konservendosen-Vorgängers wurde am 25. August 1810 patentiert.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich allmählich die Kältekonservierung durch. 1850 baute John Gorrie die erste Kaltluftmaschine. 31 Jahre später entstanden die ersten Kühlräume. Zur Entwicklung des Kühlschranks trug 1876 auch der deutsche Ingenieur und Unternehmer Carl von Linde bei. Seine Erfindung erlaubte es, Wassereis ganzjährig industriell herzustellen. Auf Natureis konnte somit verzichtet werden. Der erste Kühlschrank für den Hausgebrauch wird 1913 in Chicago verkauft. Der erste europäische Kühlschrank wurde 1929 von den durch Jørgen Skafte Rasmussen gegründeten Zschopauer Motorenwerken J.S. Rasmussen entwickelt.