Damit die bekannte Kultureinrichtung wenigstens 2013 noch Besucher anlocken kann, erwägt der Mieter sogar eine Versetzung des Gebäudes.

Wilhelmsburg. Der Mieter der Soulkitchenhalle, Mathias Lintl, kämpft für den Verbleib der beliebten Kulturstätte in Wilhelmsburg über das Jahresende hinaus. In einem Schreiben an Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) macht er auch den spektakulären Vorschlag, das Gebäude von der Industriestraße an das andere Ufer des Veringkanals auf ein städtisches Grundstück in der Straße Am Veringhof zu versetzen. Die Nutzungsvereinbarung mit der städtischen Sprinkenhof AG läuft zum Jahresende aus.

Mathias Lintl schlägt vor, dass Architekten, Bauingenieure und Techniker zunächst einmal prüfen, ob die frühere Industriehalle, Schauplatz und Filmkulisse des Erfolgsfilms "Soul Kitchen" des Hamburger Regisseurs Fatih Akin, transloziert werden könne. So nennt man das Versetzen eines Gebäudes an einen anderen Ort. Mindestens fünf oder sechs Monate würde die Untersuchung dauern, schätzt Lintl. Für diese Zeit bestünde ein Abriss-Moratorium.

Auf den ersten Blick, so Lintl, spreche nichts dagegen, das Gebäude ab- und woanders wieder aufzubauen. Das Holz sei "super erhalten", die Stahlträger könnten mit einem Kran auf die andere Kanalseite transportiert werden. Beim Wiederaufbau könnte ein neues Mauerwerk mit vernünftiger Wärmedämmung eingesetzt werden. Um die Kosten gering zu halten, schlägt Mathias Lintl die Zusammenarbeit mit einem Beschäftigungs- und Qualifikationsprojekt vor.

Seine Idee hat Lintl bereits Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter geschildert. "Als er nicht darüber lachte", sagt der Soulkitchen-Chefkoch, "dachte ich mir, das könnte klappen."

In seinem Schreiben an den Finanzsenator nennt Mathias Lintl aus Sicht der Betreiber Wege, um die Existenz der Soulkitchenhalle im Jahr 2013 zu sichern. Die Stadtteilinitiative Soulkitchenhalle, dazu zählen nach Lintls Angaben ein Personenkreis von bis zu 15 Personen und zusätzlich 25 bis 30 aktive Unterstützer, bittet um die Aussetzung der Mietzahlungen von Januar bis April 2013, da bei kaltem Wetter im Winter keine "nennenswerten Veranstaltungen" stattfinden und somit keine Einnahmen erzielt werden können. Dabei handelt es sich um gut 2000 Euro. Weiter bitten die Betreiber, die Mietschulden aus dem vergangenen Winter in Höhe von 3600 Euro zu stunden. Lintl hält es für unrealistisch, sämtliche Schutzbestimmungen aus der Versammlungsstättenverordnung auf den früheren Industriebau anzuwenden.

Das würde das Aus der jetzigen Kulturstätte bedeuten. Er ist aber zuversichtlich, dass Fluchtwege so geschaffen werden können, dass bei einem Feuer eine Evakuierung problemlos möglich sei. Das solle bei intensiven Gesprächen mit der Bauprüfabteilung während der "Winterruhe" geklärt werden.

Mathias Lintl gilt als das Gesicht des Soulkitchenhalle, die für besonders skurrile Party-Mottos wie "Plattenmassaker" bekannt ist. Er glaubt an die Zukunft des ungewöhnlichen Kulturtreffs: "Ich bin zuversichtlich", sagt er, "dass Politik und Verwaltung zur Einsicht kommen, dass es unklug wäre, die Halle zu schließen."

Klar, sagt Mathias Lintl, hätten die Betreiber immer gewusst, dass zum 31. Dezember eigentlich Schluss sein solle. "Aber wir haben auch nicht geahnt", gibt er zu bedenken, "dass wir so einen großen Erfolg haben würden." Mehr als 26.000 Gäste seien seit der Eröffnung im Juni 2010 in der Halle gewesen. Das lebendige Filmkulissendenkmal aus Fatih Akins Kinoerfolg "Soul Kitchen" hat sich zum Kulttreff entwickelt. Das Hamburger Veranstaltungsunternehmen FKP Scorpio, einer der führenden Konzertveranstalter Deutschlands, mietet für seine Weihnachtsfeier den löchrigen Industriebau. Mitarbeiter der Kulturbehörde wollten sich unbedingt dort zum Kochen treffen. Ein bayerischer Papierhersteller möchte im Februar in Hamburgs bekanntester Restaurantkulisse seine Produktneuheit, ein Neonpapier, präsentieren.

Obwohl die Nutzungsvereinbarung endet: Das Künstlerkollektiv der Soulkitchenhalle lädt in der Silvesternacht ab 1 Uhr zu einer Neujahrsmorgen-Matinee ein und rechnet mit der Duldung des Vermieters. Die öffentliche Unterstützung ist groß: Die CDU im Bezirk Hamburg-Mitte wird am heutigen Donnerstag in der Bezirksversammlung beantragen, die Soulkitchenhalle zumindest bis Ende des Jahres 2013 zu erhalten.

Die Soulkitchenhalle in Wilhelmsburg sei durch die Popularität des Films von einem Ort der sogenannten Off-Kultur, die nur eine Minderheit erreicht, zu einem Ort für eine breite Bevölkerungsschicht geworden, schreibt der Wilhelmsburger CDU-Politiker Jörn Frommann in dem Antrag.

In dem Ausstellungsjahr von Internationaler Gartenschau (igs) und Internationaler Bauausstellung (IBA) werden in Wilhelmsburg voraussichtlich mehr als drei Millionen Besucher erwartet. Die IBA-Gesellschaft nennt in ihrem Besucher-Guide die Soulkitchenhalle als lohnenswertes Ziel. Die Grünen in der Hamburger Bürgerschaft haben sich ebenfalls für die Kulturstätte eingesetzt.

Der Hamburger Filmregisseur Fatih Akin hatte sich im September öffentlich für den Erhalt der Soulkitchenhalle, Schauplatz seiner Kino-Erfolgskomödie "Soul Kitchen", stark gemacht. Damals hatten Behörden die Veranstaltungshalle wegen Sicherheitsmängel vorübergehend geschlossen. In einem Kraftakt haben die Betreiber und Sympathisanten diese baulichen Mängel korrigiert, so dass die Kulturstätte wieder öffnen durfte.