Ältestes Gebäude von Buchholz muss dringend saniert werden. Kosten liegen bei fast 220.000 Euro - Besitzer können die Summe nicht stemmen.

Hinter dem rotgeklinkerten Torbogenhaus scheint die Zeit einfach stehen geblieben zu sein. Der helle Kombi und der Mann in Arbeitskleidung, der auf dem Innenhof mit einem Rechen das Laub der mächtigen Linden und Eichen zusammenharkt, müssen einer anderen Welt entsprungen sein. Unmöglich, dass sie zu diesem Anwesen am Ufer der Seeve gehören. Viel eher würde man eine Pferdekutsche erwarten, mit der ein Stalljunge gleich das Heu ins nahe gelegene Dorf bringt, während die Magd im Bauerngarten die Gänse füttert.

Das Gut Holm am äußersten Ende der Stadt Buchholz ist wie ein Gemälde aus einer fernen Vergangenheit. Wo sich die Heide gen Norden ausstreckt und das Büsenbachtal seinen ganzen Zauber entfaltet, dort muss offenbar auch heute noch Raum für das Unzeitgemäße sein. Für einen Ort, der den Atem einfach angehalten hat.

500 Jahre Geschichte liegen direkt vor dem Besucher, der über die Straße aus jahrhundertealten Pflastersteinen fährt. Beim ersten Anblick ist man nahezu überwältigt. Rechterhand das mit Fachwerk verzierte Herrenhaus, zu dem ein Turm gehört, der den Brüdern Grimm als direkte Vorlage für das Märchen Rapunzel gedient haben muss. Daneben, rund um den Innenhof angelegt, das ehemalige Inspektorenhaus, alte Stallanlagen und die Gutskapelle aus dem Jahr 1580, das nachweislich ältestes Gebäude der Stadt Buchholz.

Doch gerade dieses Zeitzeugnis ist bedroht. Das gesamte Gebäude ist dringend sanierungsbedürftig, Fachwerk und Grundschwelle sind massiv beschädigt. Wer sich das Gebäude näher anschaut, bemerkt sofort seine leichte Neigung. Es steht nicht gerade, ist irgendwie abgesackt. Lehmwespen haben sich in den Mauern eingenistet und Fugen zerstört. Das wiederum führt dazu, dass die Steine keinen Halt mehr finden und vereinzelt herausbrechen.

Im Inneren ist unter anderem das Holz der Original-Kanzel teilweise gerissen und der nachträglich eingebaute Sockel in den Raum hinein verschoben, so dass sich nahezu die gesamte Kanzel von der Wand löst. Auch die vermutlich ebenfalls originalen Bleiglasfenster sind in einem schlechten Zustand und müssten dringend erneuert werden.

Insgesamt fast 220 000 Euro würde die Sanierung der Gutskapelle kosten - für die Besitzerfamilie Kohrs keine Summe, die sie auf der hohen Kante liegen hat. In mittlerweile dritter Generation führt sie das Gut, das Christoph von Hodenberg im Jahre 1567 gründete und das bereits seit 1853 nicht mehr in Adels-, sondern in Bürgerhand liegt. Jürgen Kohrs und seine Frau Anne würden über ihren Besitz aber am liebsten gar nicht sprechen. Das Ehepaar, das das Gut vor Kurzem an seinen ältesten Sohnes übergeben hat, würde eigentlich auch gar nicht an die Öffentlichkeit treten, wenn sie nicht den einen Wunsch hätten: "Uns ist es ein ganz starkes Anliegen, dass das alles hier auch über die dritte Generation hinaus erhalten bleibt", sagt Jürgen Kohrs.

Der Forstwirt, der auf dem herrschaftlichen 800-Hektar-Anwesen mit Wald- und Teichflächen aufgewachsen ist, hofft auf die Unterstützung von Spendern. 45 000 Euro müssten aus Eigenmitteln aufgebracht werden, das restliche Geld soll aus beantragten Zuschüssen kommen, unter anderem vom niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege oder der Klosterkammer Hannover. So wie das gesamte Gebäudeensemble des Gutes steht auch die Gutskapelle unter Denkmalschutz und darf nur nach bestimmten Vorgaben saniert werden.

Jeden ersten Sonntag im Monat werden in dem Gebäude Gottesdienste der evangelischen Kirchengemeinde Holm-Seppensen abgehalten, Hochzeiten sind ebenso möglich wie Konzerte, Konfirmationen oder Taufen. "Zum Weihnachtsgottesdienst hatten wir schon mal mehr als 200 Kirchbesucher hier", erinnert sich Anne Kohrs. Dass der Vorbesitzer des Gutes die Kapelle jahrelang als Lagerraum genutzt hatte, ist ihr unverständlich, zumal aus dieser Zeit vermutlich auch viele der heutigen Schäden herrühren. Erst mit dem Übergang des Gutes auf die Familie Kohrs im Jahre 1939 erhielt sie wieder ihren ursprünglichen kirchlichen Zweck.

Die Sanierung soll nach dem Konzept des Lüneburger Architekturbüros Henschke Schulze äußerst umsichtig vonstatten gehen. Unter anderem soll der an den Westgiebel angrenzende massive Anbau weichen, damit die Kapelle wieder ihre ursprüngliche Wirkung als Solitär innerhalb des gesamten Gebäudeensembles des Gutes erhält. Beim Fachwerk soll das geschädigte Holz ausgebaut und gegen gesundes ausgetauscht werden, die Verbindungsglieder des Tragwerks sollen erneuert und die geschädigten Mauern ausgebaut, gereinigt und wieder eingebaut werden. Bei neu verwendeten Steinen sei darauf zu achten, historisches Steinmaterial in derselben Farbgebung und Patina zu verwenden, heißt es in dem Sanierungskonzept.

Im Ganzen sei das Bauwerk ein Juwel, wie es nur noch selten zu finden sei, lautet das abschließende Urteil der Architekten. Der hohe kulturhistorische Stellenwert macht es ihrer Meinung nach notwendig, die Kapelle für künftige Generationen zu erhalten. Außerdem trage eine zeitnahe Umsetzung dazu bei, dass die Arbeiten in einem überschaubaren Rahmen bleiben. Heißt übersetzt: Wenn jetzt nichts getan wird, werden die Kosten in ein paar Jahren noch höher ausfallen.

Die Familie Kohrs hofft nun, so schnell wie möglich die Mittel zusammenzubekommen, damit die Sanierung beginnen kann. "Wir würden das fertige Gebäude dann gern im kommenden Jahr beim Tag des offenen Denkmals im September den Besuchern präsentieren", sagt Anne Kohrs. Einen kleinen Beitrag dafür hat die Stadt Buchholz bereits geleistet. Über den Ortsrat Holm-Seppensen sind 5000 Euro bewilligt worden. Wenn noch weitere Spender hinzukommen, könnte das geschichtsträchtige Kleinod schon bald rundum erneuert werden. Weitere Informationen gibt es im Gemeindebüro der Kirchengemeinde Holm-Seppensen unter der Telefonnummer 04187/6717.