Dieter Klar und Sohn Reto widmen der Buxtehuder Lebenshilfe zum 50. Geburtstag ein außergewöhnliches Fotoprojekt.

Buxtehude. "Es ist normal, verschieden zu sein", so lautet der Leitspruch der Buxtehuder Lebenshilfe. Seit 1962 setzt der Verein sich für Menschen mit geistiger Behinderung und deren Familien ein. Zum 50. Geburtstag der Einrichtung zeigt das Buxtehuder Museum am Stavenort 2 ab heute ein außergewöhnliches Projekt der beiden Buxtehuder Fotografen Dieter und Reto Klar. "Mitten im Leben" lautet dessen Titel, und zu sehen sind darin Porträtfotos von Menschen, die die Lebenshilfe betreut.

"Wir haben vor zehn Jahren schon mal ein ähnliches Projekt gemacht", erinnert sich Dieter Klar. "Die Leute haben uns damals die Türen eingerannt. Was nicht nur uns, sondern auch die Lebenshilfe überrascht hat, war, wie sehr sich die Familien mit ihren Kindern identifiziert haben. Sie nahmen ihr behindertes Kind in die Mitte und wollten alle mit aufs Bild." Die Fotos waren damals in Geschäften der Buxtehuder Innenstadt zu sehen und wurden dank einer begleitenden Rallye schnell zum Stadtgespräch. Kein Wunder also, dass Eckhard Stein, Geschäftsführer der Lebenshilfe, Dieter Klar und seinen Sohn Reto fragte, ob sie das Projekt zum 50. Geburtstag des Vereins nicht wiederholen wollten.

"Erst habe ich gedacht, dass man das schwer noch mal besser machen kann", so Klar. Doch über die anfängliche Sorge siegte schnell die Lust auf das Projekt. "Ich habe schon immer gerne mit behinderten Kindern gearbeitet", sagt Klar. In den Achtzigern produzierte er zusammen mit seiner Frau Annemieke Kesselaar die ARD-Serie "Kinder in der Kiste", die von Unicef unterstützt bald in großen Teilen der Welt lief. Das Konzept: Die Kinder konnten munter drauf los plaudern und erzählen, was ihnen auf dem Herzen lag. "Ich habe damals immer drauf geachtet, dass wir auch behinderte Kinder dabei haben", so Klar.

Im Februar dieses Jahres luden Dieter und Reto Klar also alle von der Lebenshilfe betreuten Menschen und deren Angehörige sowie Mitarbeiter des Vereins in ein mobiles Fotostudio im alten Gemeindehaus am Schafsmarkt in Buxtehude ein. Aber nicht, ohne sich für "Mitten im Leben" ein neues Konzept einfallen zu lassen. Die beiden Fotografen beschlossen, die Porträtierten dieses Mal in weißer Kleidung vor einer weißen Wand zu fotografieren und sie anschließend darum zu bitten, die Fotos selbst zu bemalen. "Ich interessiere mich schon länger für Behindertenmalerei", so Klar. "Zum Beispiel gibt es in Hamburg eine Ateliergemeinschaft namens 'Schlumper', die aus Behinderten besteht. Die sind nicht nur begabt und mutig, sondern auch unorthodox. Sie sind wahnsinnig kreativ und gehen mit Farben um, auf solche Ideen kommt man gar nicht."

Folglich sind auch die im Buxtehude Museum ausgestellten Fotografien farbenfroh und vielfältig gestaltet. Der Fantasie der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen waren keine Grenzen gesetzt, sie konnten mit Filzstiften, Wasserfarben und Fingerkreide malen, konnten Sprüche und Gedanken notieren und Dinge aufkleben. So entstanden eindrucksvolle, kleine Kunstwerke, die das Lebensgefühl, die Wünsche und die Hoffnungen der Porträtierten zeigen.

Der Wille zum Mitmachen war wie beim letzten Mal überwältigend. "Wir haben etwa 200 Menschen fotografiert, mehr als 2000 Fotos gemacht", so Klar. Dabei trafen die beiden auf viele bekannte Gesichter. "Eine ganz rührende Situation war, als eine Frau mit ihrem zwölfjährigen Sohn kam. Ihn hatten wir schon beim ersten Mal fotografiert, da war er zwei. Er hatte schon damals riesige, aussagekräftige Augen. Da spiegelt sich die Welt drin", so Klar. "Als ich wieder in diese Augen blickte, wurde mir klar, was es bedeuten muss, zehn Jahre mit einem solchen Kind zu leben. Was für eine Last aber auch Freude das sein muss. Seine Mutter fuhr dann nach Hause und kam kurz darauf mit dem Foto von vor zehn Jahren wieder. Was soll man dazu sagen?"

Neben 60 Porträts von behinderten Menschen sind im Buxtehude Museum außerdem Fahnen mit Fotos all der Angehörigen und Mitarbeiter sowie ein Film mit dem Titel "Tanzsalat" zu sehen. Er ist am selben Tag entstanden wie die Fotos. Finanziert von der Sparkasse Harburg-Buxtehude ließ Klar von Tanztherapeutinnen begleitete Menschen der Lebenshilfe filmen. Aus zwölf Stunden Material schnitt er schließlich einen 15-minütigen Film, den er mit klassischer Musik unterlegte. "Es ist beeindruckend", sagt Klar, "die vielen zärtlichen Gesten dieser Menschen beim Tanzen zu sehen."

Das Ziel der Ausstellung ist dabei klar definiert. Sie soll deutlich machen, dass Menschen mit Handicap Teil unserer Gesellschaft sind. "Wir hoffen", sagt Klar, "dass die Fotos in den Leuten eine Art Solidarität wecken und zeigen, dass auch Menschen mit Handicap tolle Leute sind."

Das Buxtehude Museum ist dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr und sonnabends bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Die Ausstellung "Mitten im Leben" läuft noch bis zum 11. November.