Gaststätten und Hotels in der Region suchen verzweifelt nach Auszubildenden. Berufsinformationstag soll Hilfe bringen.

Hollenstedt. Seinen Traumberuf kannte Patrick Benard schon mit acht Jahren: Er wollte Koch werden - nichts anderes als Koch! Sein großes Vorbild war sein Vater: Der arbeitete als Koch in einem Restaurant in Hamburg und nahm Patrick gelegentlich in die Küche mit. "Schon mit sechs Jahren habe ich bei den Soßen mitgemacht, obwohl meine Motorik natürlich noch nicht so ausgeprägt war", sagt Patrick Benard. "Und mit neun Jahren wusste ich schon, wie man Fleisch pariert und alles wegschneidet, was nicht mitgekocht werden soll."

Jetzt ist Patrick Benard 21 Jahre alt und seinem Traumberuf schon ein Stückchen näher gekommen: Er macht eine Ausbildung zum Koch im 305 Jahren alten Hollenstedter Hof - ein Hotel-Restaurant in Hollenstedt im Landkreis Harburg, seit zehn Generationen in Familienbesitz. Patrick Benard kann schon Rehkeulenbraten in Rotweinsoße und Steinbeißerfilet in Senfsoße zubereiten und sagt: "Die Gerichte der Tageskarte sind mir schon sehr vertraut. Am liebsten probiere natürlich neue Gerichte aus."

Der Hollenstedter lernt drei Jahre lang einen Beruf, den immer weniger junge Frauen und Männer im Landkreis Harburg nach dem Schulabschluss anstreben. Kein Wunder: Köche müssen arbeiten, wenn die Liebste und die Freunde frei haben - abends und am Wochenende. Schon während der Ausbildung im Hollenstedter Hof wird Patrick Benard ordentlich gefordert: Er arbeitet von 10 bis 14 Uhr und von 17.30 Uhr bis 22 Uhr. "Zum Glück wohne ich noch bei meiner Mutter, nur zwei Minuten vom Betrieb entfernt. Aber manchmal bleibe ich auch länger, wenn Mitternachtsbuffets anstehen."

Restaurants und Hotels zwischen Tespe und Tostedt suchen derweil händeringend nach Fachpersonal und Auszubildenden wie Patrick Benard. "Das Hotel- und Gaststättengewerbe boomt, gerade im Landkreis Harburg und in der Lüneburger Heide", sagt der Erste Kreisrat Rainer Rempe. "Hoteliers und Gastronomen schaffen mehr als 5000 Arbeitsplätze im Landkreis - mehr als jede andere Branche. Die Zeichen stehen auch in Zukunft auf Wachstum."

Doch kein Wachstum ohne Nachwuchs: Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) startet deshalb am Freitag, 28. September, einen Berufsinformationstag in "Rüter's Hotel & Restaurant" in Salzhausen. Das Motto: "Auf der Suche nach deinem Traumberuf?" Profis aus Hotels, Restaurants und Gaststätten im Landkreis stellen die sechs Ausbildungsberufe vor, die das Hotel- und Gaststättengewerbe zu bieten hat: Hotelfachfrau, Hotelkaufmann, Koch, Restaurantfachmann, Fachkraft im Gastgewerbe und Fachfrau für Systemgastronomie.

Auch Anna Marie Wentzien, 18, aus Moisburg lernt drei Jahre lang im Hollenstedter Hof. Sie strebt den Abschluss der Restaurantfachfrau an. Ihre Schichten gehen von 11 bis 15 Uhr und von 18 bis 23 Uhr. Sie lebt bei ihren Eltern, fünf Kilometer vom Hotel-Restaurant entfernt.

"Kindergärtnerin war im Praktikum nicht mein Ding", sagt die Hauptschulabsolventin. "Es gefällt mir besser, mit erwachsenen Menschen zu arbeiten. Das ginge auch als Friseurin, aber dieser Beruf macht mir keinen Spaß." Jetzt zapft Anna Marie Wentzien Bier und schenkt Wein aus, serviert Essen und Getränke, räumt die Tische ab und macht abends den Tresen und die Kaffeemaschine sauber. Ein Ziel hat sie vor Augen: Wenn sie ihre Ausbildung packt, will sie noch eine zweite Lehre als Hotelfachfrau dranhängen.

Große Pläne hat auch Hauptschulabsolvent Patrick Benard: "Nach meiner Kochlehre möchte ich noch einmal zwei Jahre Konditor in München lernen. Dann hätte ich mehr Referenzen. Es ist wichtig, dass man etwas auf dem Kasten hat."

Wenn er ausgelernt hat, will der Hollenstedter "erst mal ein bisschen raus und andere Betriebe kennenlernen, denn jeder Betrieb hat eine andere Karte". Auch die Küche in Frankreich würde ihn reizen, auch wegen der französischen Sprache, die ja immer noch in der professionellen Küche dominiert. Und die Selbstständigkeit? "Das wäre schon ein Reiz, aber auch ein Risiko", sagt Patrick Benard. "Aus dem Nichts heraus möchte ich keinen Laden aufmachen."

Die Pläne sind geschmiedet, aber eine Sache bedrückt Patrick Benard und Anna Marie Wentzien: die Bezahlung. 450 Euro brutto im Monat haben sie im ersten Lehrjahr verdient, jetzt sind es 505 Euro. Davon gehen 62 Euro Kostgeld für ihr Essen und Getränke im Hollenstedter Hof ab. "Das mit dem Geld ist schon schwierig", sagt Patrick Benard, der noch bei seiner Mutter lebt. "Im Moment wird ja alles teurer, da muss ich den Cent zweimal umdrehen."

Seine Mutter, sagt der Hollenstedter, hatte ihn gewarnt: "Lerne bloß nicht Koch. Dann arbeitest Du abends und am Wochenende!" Aber eine Alternative hatte seine Mutter auch nicht parat. "Und außerdem", sagt der Azubi, "lässt man sich da ja nicht reinreden."

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