Rund 4500 Buchholzer geben ihre Unterschrift für das Bürgerbegehren. Parallel zur Landtagswahl im Januar könnten sie zur Urne schreiten.

Buchholz. Es war der Zankapfel der Stadt, an dem sich die unterschiedlichen politischen Mehrheiten seit mehr als 30 Jahren die Zähne ausbissen. Jetzt deutet alles darauf hin, dass die Buchholzer Bürger beim Ostring das endgültige Wort haben werden. Voraussichtlich am 20. Januar 2013, parallel zur niedersächsischen Landtagswahl, könnte es einen Bürgerentscheid zu den Ostring-Verträgen geben. Die Vorbereitungen dazu beginnen am kommenden Montag. Dann werden die drei Initiatoren des Bürgerbegehrens rund 4500 Unterschriften an Bürgermeister Wilfried Geiger übergeben, fein sortiert in mehrere Aktenordner.

"Den Leuten hängen die alten parteipolitischen Positionen einfach zum Hals raus", erklärt Michael Kreidner die Motivation vieler Bürger zu unterschreiben. Sie wollten endlich mitbestimmen. Und auch für ihn selbst war diese Tatsache Anlass genug, gemeinsam mit Timo Hanke und Marion Riebesehl das Bürgerbegehren, das von CDU, FDP und UWG unterstützt wird, zu initiieren.

Außergewöhnlich ist dabei, dass Kreidner Ostring-Befürworter und zugleich Mitglied der SPD ist - also der Partei, die mit Grünen, Buchholzer Liste, die Linke und Piratenpartei den Ostring ablehnt. "Meine Meinung ist eben eine andere, und dafür trete ich ein", sagt er. Die Überparteilichkeit, die aus dieser besonderen Konstellation entsteht, wertet er jedoch als durchaus hilfreich für den angestrebten Bürgerentscheid. Denn das Thema Ostring ginge schließlich alle Buchholzer an.

Günter Helmrich erlebt das hautnah. Der langjährige Buchholzer Ratsherr ist einer derjenigen, der den praktischen Teil des Bürgerbegehrens übernommen hat. Seit Mitte August steht er mehrmals die Woche vor dem City-Center und wirbt um die Aufmerksamkeit der Passanten. Bis zu 200 Unterschriften habe er pro Tag gesammelt, und fast alle Leuten würden fragen, "Ich bin für den Ostring, wo muss ich unterschreiben?", berichtet er. Das Unterschriften-Sammeln wird so zum Selbstläufer.

Und tatsächlich: Nahezu im Minutentakt bleiben die Leute am Stand von Günter Helmrich stehen, der an diesem Vormittag von FDP-Ratsherr Wilhelm Pape unterstützt wird. "Mein Mann fährt jeden Tag zur Arbeit nach Hamburg", sagt Agnes Fischer aus Holm-Seppensen. Logisch, dass sie da das Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift unterstütze. Auch Gitta Thies und Ramon Cordua aus Buchholz sind dieser Meinung. "Ich fahr manchmal sogar einen Umweg über die A-1-Abfahrt Rade, um den Stau aus Richtung Dibbersen zu umgehen", sagt Ramon Cordua. Eine Umgehungsstraße sei dringend nötig.

Dennoch fragen die beiden bei Helmrich und Pape noch einmal nach wegen der genauen Formulierung des Bürgerbegehrens. Es dreht sich nämlich nicht direkt um den Bau der Umgehung, sondern um die Frage, ob die Stadt den Ostring-Vertrag mit dem Landkreis Harburg aufheben soll oder nicht. Die Aufhebung hatte der Stadtrat am 17. April beschlossen.

Dass vielen Bürgern diese feine Unterscheidung gar nicht bewusst ist, hat Michael Kreidner ebenfalls beobachtet. Er sagt deshalb, dass es in einer zweiten Phase nun darum gehe, die Leute über die genauen Details aufzuklären. Hintergrund ist, dass sich Bürgerbegehren und Bürgerentscheid nur auf einen Sachverhalt beziehen dürfen, der im Wirkungskreis der Kommune liegt. Deshalb kommt nur der Ratsbeschluss zur Aufhebung der Verträge als Thema in Frage und nicht etwa der Bau des Ostrings an sich, da daran auch der Landkreis beteiligt ist. Aus Sicht vieler Ostring-Befürworter war der von den Gegnern angeschobene Aufhebungs-Ratsbeschluss im April somit die Steilvorlage, überhaupt aktiv werden zu können.

Doch selbst wenn es "nur" die Verträge sind, die zur Abstimmung stehen, geht Kreidner davon aus, dass das Votum der Bürger etwas auslöst. Schon jetzt würden die für das Bürgerbegehren erforderlichen 3200 Unterschriften weit überschritten sein. Wenn auch die Teilnahme am Bürgerentscheid so gut ausfalle und sich die Mehrheit klar gegen die Aufhebung der Verträge ausspreche, hoffe er, dass die Politik das als klares Signal pro Ostring sehe.

Schützenhilfe für ihr Engagement erhielten die Ostring-Befürworter kürzlich vom Kreistag. Die Grünen hatten für die Sitzung beantragt, dass der Landkreis seinerseits die Ostring-Verträge kündigt. Doch mit dem Hinweis, zunächst das Bürgerbegehren abzuwarten, entschied die Mehrheit, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen.

Als nächstes wird nun die Buchholzer Verwaltung die am Montag übergebenen Unterschriften prüfen. Hat jemand doppelt teilgenommen? Wohnt er in Buchholz, und das seit mindestens drei Monaten? Laut Stadtsprecher Heinrich Helms geben die Mitarbeiter dafür die Namen in eine spezielle Software ein. Voraussichtlich vor dem 22. Oktober soll dieses Verfahren abgeschlossen sein. Liegen dann immer noch 3200 gültige Unterschriften vor, geht das Ganze an den Verwaltungsausschuss. Der muss seine Zustimmung zum Bürgerentscheid geben und einen Termin festlegen. Um Kosten zu sparen, könnte er parallel zur Landtagswahl laufen, sagt Helms. Bei einem separaten Termin würde der Bürgerentscheid 20 000 bis 25 000 Euro kosten.