Der Bezirk erteilt deutlich weniger Genehmigungen für neue Wohnungen als angekündigt worden war. SPD-Versprechen in Gefahr?

Harburg. Es war eines der wenigen konkreten Versprechen des Wahlkämpfers Olaf Scholz: 6000 neue Wohnungen werde ein SPD-geführter Senat pro Jahr bauen. Dem Wahlsieg folgten Verträge - unter anderem mit den Bezirken, die sich zu einem konkreten Beitrag verpflichteten. Es folgte ein Genehmigungs- und Bauboom. Nur: Der Bezirk Harburg scheint sich von dieser Entwicklung abzukoppeln. Wie jetzt bekannt wurde, gab es 2011 statt der geplanten 700 Genehmigungen für neue Wohnungen lediglich 217. Damit hat der Bezirk nicht nur sein ambitioniertes Ziel verfehlt, sondern auch zu viel Geld vom Senat erhalten.

Harburg habe im Januar 2012 bereits einen Vorschuss in Höhe von 175 000 Euro bekommen, sagt Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde. Das entspricht 250 Euro pro geplanter Genehmigung. "Basis war die Planzahl für Wohnungsbaugenehmigungen im Jahr 2012", so Stricker weiter. Die habe Harburg ebenfalls mit 700 angegeben.

In seiner Vorlage für den Harburger Haushaltsausschuss rechnet das Amt allerdings vor, dass dem Bezirk lediglich 40 197 Euro zustünden. Nach Aussage von Stricker wird der zu viel gezahlte Vorschuss mit der nächsten Prämienzahlung im Januar 2013 verrechnet. Das heißt, Harburg dürfte dann rund 135 000 Euro zurückzahlen.

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Jörg Penner, Dezernent für Wirtschaft, Bauen und Umwelt in Harburg, hat für die Diskrepanz eine einfache Erklärung: "Wir können nicht mehr genehmigen, als wir Anträge haben." Zum Vergleich: Der Bezirk Wandsbek hatte 1100 neue Wohnungen für 2011 angemeldet und 1033 neue Wohnungen genehmigt. Eimsbüttel meldete ein Planziel von 700 Wohnungen an und stellte sogar 972 Genehmigungen aus. Bergedorf hatte 600 Genehmigungen angemeldet, tatsächlich bewilligt wurden 504. 2011 wurden in allen sieben Bezirken 5061 Neubauwohnungen genehmigt.

Am Dienstag kommender Woche werden die Zahlen für 2011 erstmals öffentlich vorgestellt - im Haushalts- und Vergabeausschuss der Bezirksversammlung Harburg. Ausschussvorsitzender Uwe Schneider (CDU) hält die Planzahlen, die "der Bezirk Anfang vergangenen Jahres für den Förderfonds angemeldet hatte, für völlig utopisch". Da sei Harburg im vorauseilenden Gehorsam nach vorne geprescht und "hat sich vergaloppiert und verkalkuliert". Diese Zahlen zeigten deutlich, so CDU-Politiker Schneider, dass "völlig am tatsächlichen Bedarf vorbeigeplant" werde. "Wer nach Hamburg ziehen will, sucht sich nicht unbedingt Harburg als Wohnquartier aus. Und die Tatsache, dass der Senat nun auch noch drei ehemalige Sicherungsverwahrte in Moorburg unterbringen wird, dient nicht gerade als Werbung für das Wohnquartier", sagt Uwe Schneider.

Der CDU-Politiker hält es für "überaus unseriös", wenn der Bezirk die zu viel gezahlten Prämien weiter ausgebe. "Das Geld gehört uns nicht." Es ist jetzt in den Harburger Haushalt eingeflossen. "Wir bewegen uns damit in einer Spirale, die übel enden kann, wenn wir es nicht schaffen, in den nächsten Jahren die von SPD-Bezirksamtschef Thomas Völsch propagierte Zahl an Baugenehmigungen zu erreichen", sagt Schneider. Der CDU-Mann bezweifelt dies: In einer Sitzung des Stadtplanungsausschusses hätten Vertreter von Saga/GWG und Eisenbahnbauverein Harburg gesagt, der Süd-Bezirk habe keinen so großen Bedarf an neuem Wohnraum, so Schneider.

"Wir haben damals gegen diese Vereinbarung gestimmt, weil die Vorgaben einfach unrealistisch waren. Jetzt, wo wir die Zahlen haben, kann man sich natürlich fragen, woran es liegt, dass Harburg das Ziel so weit verfehlt hat. Fehlt in Harburg der Bedarf, oder arbeitet das Bauamt zu langsam?", fragt Heinke Ehlers, Abgeordnete der Grünen, in der Bezirksversammlung.

Harburgs Dezernent für Steuerung und Service, Dierk Trispel, gesteht die schlechten Zahlen im Jahr 2011 ein, ist aber für das laufende Jahr optimistisch. Er habe 2012 die "mehr als berechtigte Hoffnung, dass wir mehr Geld aus dem Förderfonds bekommen". Anlass seiner Hoffnung sind die bisherigen Genehmigungen in Harburg für Wohnungsbau. Mit Stand Juli 2012 wurden in der Bauabteilung 463 Genehmigungen unterzeichnet. Die 135 000-Euro-Rückzahlung für 2011 ist damit allerdings nicht vom Tisch.