Tapas-Bars sind immer weiter auf dem Vormarsch. Die Manufaktur sorgt auch für die spanischen Spezialitäten zum Mitnehmen.

Lüneburg. Böse Gaumen behaupten, der aktuelle Trend zu Tapas stand früher als halbe Seniorenportion auf der Speisekarte. Fakt ist, dass auch im Hamburger Umland immer mehr Tapas-Bars entstehen. Wir haben drei von ihnen besucht.

Bodega Companie in Lüneburg

Lüneburg kommt einem besonders spanisch vor. Googler erhalten allein fünf Tapas-Anbieter an der Ilmenau. Unsere Wahl fällt auf die Bodega Compania, dem örtlichen Pionier für südliche Lebensart, seit 1992 die spanische Botschaft des guten Geschmacks.

Ihr Chef ist Deutscher, Peter Busch. "Wer nichts wird, wird Wirt" - das trifft auf ihn bestimmt nicht zu. Der Mann hat den Doktor in Philosophie, macht Unternehmensberatung und coacht Firmen. Auch seine Bodega ist mehr, als sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Neben dem Restaurant gibt es eine kleine Manufaktur für Spezialitäten zum Mitnehmen. Hier stellt sein Team Soßen und Dips her, die unter der Hausmarke auch über den Handel vertrieben werden. Allen voran die gehaltvolle Aioli (Knoblauch-Kräutercreme), die Liebespaare nur gemeinsam genießen sollten. Oder den köstlichen Cream Cheese, ein Brotaufstrich mit Frischkäse und rosa Etikett. Alle Sorten werden handgemacht in Sechskantgläser gefüllt.

Der Bodega-Tag beginnt am späten Vormittag. Dann richtet Servicefee Kyra Ziethen draußen Tische und Stühle her. Die Heiligengeiststraße ist eine schmale Altstadtgasse, jedoch nicht so sehr Laufsteg wie die Schröderstraße. Inmitten der Kulisse von Fachwerk und alten Pflastersteinen sitzt es sich prächtig, wenn das Wetter mitspielt. Das Gebäude war früher eine Schmiede und stammt aus dem 15. Jahrhundert.

+++ Geschichte der Tapas +++

Um 12 Uhr eröffnet das Team das Mittagsbuffet. Tapas, Salate, verschiedene warme Speisen und Nachtisch so viel Sie mögen für 7,90 Euro. Oder Ihnen reicht ein großer Teller, dann sparen Sie zwei Euro.

Abends gibt es vegetarische Gemüse-Tapas (z.B. gegrillte Auberginenröllchen gefüllt mit Frischkäse für 4,90 Euro), Klassiker mit Fleisch (Chorizo con miel, Paprikawürstchen mit Schalotten und Honig gebraten, 4,90 Euro) oder Meeresbewohner (knusprige kleine Sardinen in Knoblauch-Kräuteröl, 5,90 Euro). Verschiedene Platten-Angebote sollen das Qual-der-Wahl-Problem bei der Kartenlektüre verkleinern. Eigentlich eine gute Idee, allerdings waren die Schälchen darauf immer noch zu üppig gefüllt. Kleinere Keramik, Probierportionen, das wünscht sich das Entdeckerherz.

Das schlägt dienstags und donnerstags besonders hoch. Dann darf auf dem Abendbuffet für 11,90 Euro hemmungslos getestet werden. Paare erhalten sogar eine Flasche Landwein dazu und zahlen gemeinsam nur 29,90 Euro.

BARrica in Hittfeld

Wer eines der am besten besuchten Lokale im Landkreis leitet, um dann gleich gegenüber ein weiteres zu eröffnen, ist entweder verrückt oder Gastronomin aus Leidenschaft. Auf Julia Kissmann trifft wohl Letzteres zu. Die Wirtin des Rossini kann sich über mangelnden Zuspruch nicht beklagen, als 2011 im Herzen von Hittfeld ein altes Fachwerkhaus frei wird. Zuvor war hier das Café Lebensart, dann wurde monatelang umgebaut.

Um sich mit zwei ähnlichen Konzepten nicht selbst Gäste wegzunehmen, teilt sie das historische Haus von 1859 in zwei Welten und holt sich mit Marco Elsner einen Geschäftspartner ins Boot. Der erfahrene Barkeeper leitete früher an gleicher Stelle das Pinguin und ist nun für die Drinks zuständig, während Julia Kissmann die feste Nahrungsaufnahme organisiert und das urige Innenleben geschmackvoll neu gestaltet.

Tapas fehlten im gastronomisch nicht gerade armen Hittfeld. Und Tapas haben viel mit Trinken zu tun. In spanischen Bodegas (Bars) gibt's zu den Getränken die köstliche Kleinigkeit meist sogar kostenlos dazu. So weit möchte das BARrica-Duo nicht gehen. Allerdings ist ihm in Sachen Authentizität ein schöner Coup gelungen. Für die vakanten Positionen in der Küche wurde es auf dem spanischen Arbeitsmarkt fündig. Carlos Diaz und Brian Rodenas verließen ihre kriselnde Heimat Alicante, um von Seevetal aus ihre Familien zu ernähren. Ohne Deutsch-, aber mit vielen Tapas-Kenntnissen.

Jetzt lernen die Hittfelder spanisch. "Porcion Pata Negra" (Schinken vom Iberico-Schwein), "Pimientos del Padron" (Bratpeperoni mit Meersalz) oder "Pollo al ajillo" (Hähnchenschenkel in Knoblauch) werden bestellt. Die kleine Tellerportion ab 3,50 Euro und jede mit Foto in der Karte.

+++ Mal kompliziert, mal ganz einfach +++

Ironie des Schicksals: 100 Prozent Spanien wollen die Gäste gar nicht, erzählt Marco Elsner. Spanische Musikbeschallung wurde wieder abgestellt. Das recht leichte Original San-Miguel-Bier wenig nachgefragt und von der Karte gestrichen. Aktuell testet das Team sogar internationale Tapas. Die deutsche Variante mit Currywurst soll lustig sein, bringt aber geschmacklich keinen Mehrwert. Das Carpaccio ist Antipasti, also Tapas auf Italienisch, ergo nicht neu. Und das kleine Rinderfilet auf Zuckerschoten mit Teriyakisoße soll asiatisch schmecken. Kann man bestellen, muss man nicht.

Nach dem Dinner entfaltet das BARrica seinen vollen Charme. Wenn drinnen die Kerzen angezündet werden, einige Gäste an die Bar wechseln, sehen und gesehen werden, viel reden und sich von Barchef Marco Elsner seine Empfehlung mixen lassen: Moloko mit Citrus, Ingwer, Holunderblüten und Alkohol nach Wahl. Tschüß, Hugo!

Esperanza in Ovelgönne

Svenja Jürgensen wollte eigentlich Lehrerin werden. Dann absolvierte sie im europäischen Freiwilligendienst ein Jahr in Burgos, Nordspanien, wurde von Land und Lebensart infiziert und eröffnete nun zu Hause ihre eigene Tapas-Bar. Praktisch, wenn Vater Helmut nebenan den Ovelgönner Hof betreibt und für den angrenzenden ehemaligen Viehstall keine rechte Verwendung fand. Bis aufs Wochenende. Dann dient das gemütliche Innenleben mit dicken Stallbalken aus dem 19. Jahrhundert ausschließlich als Ort für Feiern. Südeuropa wird unter der Woche inszeniert, dann aber richtig. Spanische Freunde halfen beim Konzept, Dekoration hat sie sich aus dem Urlaub mitgebracht, Rezepte online recherchiert. Eingekauft wird beim Harburger Spanien-Importeur Toro Verde. Die Juniorchefin versucht, authentisch zu sein. Sie teilt ihr Angebot in kalt und warm. 16 Variationen auf der Karte, spontane Kreationen in der Vitrine.

Die in Iberien beliebte Blutwurst mit Reis und Zwiebeln gehört nicht dazu, ebenso wenig ganze Tintenfische. Alles könne man ihren Gästen nicht zumuten, meint Svenja Jürgensen.

Und worin unterscheiden sich Deutsche und Spanier beim Essen gehen? Spanier betreten dann ein Lokal, wenn wir schon wieder auf dem Sofa liegen, sagt sie. "Und ihr Leben findet draußen statt." Bei spanischen Temperaturen kriegten wir das auch hin.

In Ovelgönne leider nur eingeschränkt. Die rustikalen Tische und Bänke am Haus befinden sich in empfindlicher Hörweite zur B 73. Dann lieber drinnen bei spanischer Musik genießen.