Ein Bebauungsplan soll die Entwicklung des Ortes regeln. Doch aus Sicht vieler Bürger verhindert er Veränderung und mache keinen Sinn.

Buchholz. Ach, das war's schon? Wer durch Vaensen fährt, sieht oftmals den Ort vor lauter Durchgangsstraße nicht. Auf der einen Seite eine Autowerkstatt und ein paar Bauernhöfe. Auf der anderen Seite eine verlassene Gaststätte, ein Gartencenter, und dann ist da auch schon das Straßenschild, das das Ende des knapp 80 Einwohner zählenden Örtchens zwischen Dibbersen und der Buchholzer Kernstadt markiert.

Nein, ein klassisches Dorf mit Marktplatz, Kirche und Bäckerladen ist Vaensen nicht. Dennoch haben die Mitglieder des Buchholzer Verwaltungsausschusses jetzt dafür gestimmt, einen Bebauungsplan für den Ort aufzustellen, der den dörflichen Charakter bewahren und die "geordnete städtebauliche Entwicklung" sowie den Baumbestand sichern soll. Schon bald soll die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung beginnen, in der die Bürger und alle anderen Betroffenen ihre Meinung zu den Plänen kundtun können.

Diese Möglichkeit werden die Vaenser sicherlich rege nutzen. Denn viele von ihnen fragen sich, welchen Sinn der von der Buchholzer SPD per Antrag initiierte Bebauungsplan überhaupt hat. Da wäre zum Beispiel Ralf Stege. Der 47-Jährige führt seit 1999 den mehr als 150 Jahre alten landwirtschaftlichen Familienbetrieb an der Vaenser Dorfstraße, "als letzter hier im Dorf im Vollerwerb", wie er durchaus mit Stolz erzählt.

Wenn er aus dem Fenster schaut, blickt er auf satte Wiesen und hohe Eichen. Insgesamt 51 Hektar Vaenser Erde nennen Ralf Stege und seine Frau Dorothea ihr Eigen, dazu kommen noch 40 Hektar Pachtland. Neben dem Ackerbau lebt die Familie, zu der noch die zwei zwölf und 17 Jahre alten Söhne gehören, von der Schweinezucht und einer Pferdepension.

Es gehe ja überhaupt nicht darum, dass er hier sofort unzählige Häuser hinsetzen wolle, sagt Stege und zeigt auf die Pferdekoppeln hinter seinem Haus. Er wolle nur irgendwann die Möglichkeit dazu haben. Den Bebauungsplan bezeichnet er als "Bauverhinderungsplan", der das Wachstum des Ortes unterbinde. In Steges Augen ist es deshalb fast schon Ironie, dass der Plan das Ziel habe, die dörfliche Struktur zu erhalten. "Diese Struktur kann man ja nur erhalten, wenn hier auch in einigen Jahren noch Leute leben." Junge Familien, die sich ein Haus bauen, würden dem Ort unheimlich gut tun, findet auch seine Frau Dorothea. Man müsse das Dorf auffrischen, sonst blute es aus.

"Schauen Sie sich doch an, was in Buensen passiert ist", sagt sie. Der Ort sei doch nur noch Filmkulisse für Dreharbeiten und ansonsten so gut wie tot. Oder die leerstehende Gaststätte Königshof. Sie stehe exemplarisch dafür, was geschieht, wenn in einem Betrieb die Nachfolge nicht geregelt wird. Das gleiche Schicksal könnte dem gesamten Ort Vaensen eines Tages drohen, wenn die landwirtschaftlichen Betriebe nicht mehr rentabel sind und die Kinder den heimischen Hof verlassen, weil sie keine Perspektive sehen.

Dennis Diercks macht sich ähnliche Gedanken. Der Sportreiter und Geschäftsführer einer Immobilienfirma hat weite Teile seines Grundstücks an der Dibberser Straße an den Reit- und Voltigierverein Buchholz-Vaensen verpachtet und sagt: "Der Bebauungsplan will etwas reglementieren, was überhaupt nicht notwendig ist." Warum könne man nicht wie in anderen Orten auch einfach von Fall von zu Fall entscheiden, ob es eine Baugenehmigung für eine Anfrage gebe?

18 Hektar besitzt Diercks. Sollte der Bebauungsplan kommen, wären Häuser auf der Fläche ausgeschlossen. Für den Vater eines dreijährigen Jungen ist das unverständlich. "Vielleicht will mein Sohn später ja mal bauen", sagt er. Außerdem gebe es viele Leute in Buchholz, die zwar in den eigenen vier Wänden wohnen wollen, aber nicht in Neubaugebieten. In Vaensen würden sie gewachsene Strukturen vorfinden. Gerade diese Leute würde man vertreiben.

Dass in 40 Jahren sowieso alles zugebaut sein wird, davon ist hingegen Tanja George überzeugt. Die Angestellte des Gartencenters arbeitet seit vier Jahren in Vasensen und prognostiziert: "Buchholz wird sich immer weiter ausdehnen, das sieht man ja an der Märchensiedlung." Auch Vaensen werde sich diesem Bauboom auf lange Sicht sicherlich nicht entziehen können.

Hans-Heinrich Kröger hatte das ebenfalls gedacht, als er bei der Stadtverwaltung noch vor der Kommunalwahl im vergangenen Jahr eine Bauvoranfrage für den Neubau von 13 Wohneinheiten stellte. Doch damit sollte der 53-Jährige derjenige werden, der den Bebauungsplan für Vaensen überhaupt ins Rollen brachte. "Das Gelände schreit ja geradezu nach einer Bebauung", sagt Kröger, der für die CDU im Buchholzer Stadtrat sitzt. In den Gesprächen mit der Stadtverwaltung habe es zunächst keine Probleme geben, doch dann stellte die SPD den Antrag für den Bebauungsplan - Kröger legte seine Pläne auf Eis.

Jetzt fragt sich der Landwirt, der zur Unterhaltung seines mehr als 500 Jahre alten Familienbetriebs mit einem landwirtschaftlichen Lohnunternehmen zusammenarbeitet, was die Zukunft bringt. "Mein Sohn wird jetzt 20, der will den Hof nicht weiterführen." Er ist sich sicher, dass es in den Diskussionen ans Eingemachte gehen wird, wenn der Bebauungsplan ausliegt.

Die SPD dürfte dem gelassen entgegenblicken. "Sinn des Bebauungsplans ist es, ein unkontrolliertes Wachstum des Orts zu verhindern", verteidigt Fraktionsvorsitzender Wolfgang Niesler den Antrag seiner Partei. Er solle Stückwerk verhindern und festlegen, wie Vaensen in den kommenden Jahren aussehen könnte.