Modernisierungsgebot soll die notwendige Sanierung des Albert-Schweitzer-Viertels vorantreiben. Viele Bewohner klagen über Schimmel.

Winsen. Seit Jahren verkommen die Wohnanlagen im Albert-Schweitzer-Quartier, viele Bewohner - die meisten beziehen Sozialleistungen - klagen über Schimmel in ihren Wohnungen. Erst kürzlich hatte ein Gutachter gravierende Schäden an den Heizungsanlagen und Wasserleitungen festgestellt (wir berichteten). Nun soll die Stadt Winsen den Druck auf den Eigentümer verstärken, die Gebäude aus den 70er-Jahren endlich zu sanieren. Das hat der Rat in seiner letzten Sitzung in alter Zusammensetzung einstimmig beschlossen. Die Verwaltung soll nun alles Nötige vorbereiten, um ein sogenanntes Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot für das Viertel auf den Weg zu bringen.

Den Antrag hatte die Grünen-Fraktion eingebracht. "Mit dem Gebot soll der Eigentümer, die Firma Capricornus, verpflichtet werden, die dringend erforderliche Instandsetzung und Modernisierung der Wohngebäude unverzüglich vorzunehmen. Bisher macht er dazu wenig Anstalten", sagte deren Vorsitzender Erhard Schäfer.

Das Viertel war bereits 2008 vom Rat zum Sanierungsgebiet erklärt worden. Anfangs sei der Eigentümer durchaus kooperativ gewesen, schreibt Schäfer im Antrag seiner Fraktion. Capricornus erneuerte einige Fenster, stellte eine leere Wohnung für die Sozialarbeit zur Verfügung und beteiligte sich an den Kosten für den Abriss des Parkhauses. In diesem Zusammenhang seien auch öffentliche Fördermittel geflossen, so Schäfer. Dass der Eigentümer die Gebäude aber tatsächlich - wie im 2010 beschlossenen Rahmenplan vorgesehen - umfassend sanieren wird, bezweifelt er mittlerweile. Trotz wiederholter Nachfrage habe die Firma noch immer keine verbindliche Zusage vorgelegt. "Das Gebot soll dem Grundeigentümer unmissverständlich klar machen, dass das beschlossene Sanierungsprogramm keine Rosinenpickerei zulässt, sondern zügig und in vollem Umfang realisiert werden muss." Der Rat sah das ähnlich. "Das Rumlamentieren muss ein Ende haben. Der Eigentümer braucht Druck, um seinen Pflichten nachzukommen", sagte Dirk Oertzen, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Und CDU-Fraktionschef André Bock meinte: "Es muss etwas passieren."

Die Verwaltung hatte dagegen Bedenken geäußert und auf das Kostenrisiko hingewiesen. Laut Baugesetzbuch sei ein solches Gebot nur durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt. Davon abgesehen sei der Eigentümer nur zu Maßnahmen verpflichtet, die sich durch Erträge aus der Anlage wieder auszahlten. Eventuelle Mehrkosten müsse die Gemeinde, die die Maßnahmen angeordnet habe, dem Eigentümer erstatten. Das gelte allerdings nicht, wenn dieser notwendige Instandsetzungen unterlassen habe. Das Fazit der Verwaltung: "Im Einzelnen kommt es also darauf an, ob die Maßnahmekosten rentierlich oder unrentierlich sind, ein Instandsetzungsstau vorliegt und die unterlassenen Instandsetzungsarbeiten vertretbar und zumutbar waren."

Tatsächlich hat ein Gutachter festgestellt, dass die Gebäude, in denen etwa 500 Menschen leben, über Jahrzehnte vernachlässigt worden sind. Bereits im Februar dieses Jahres war der Architekt Klaus Giffey über den Sanierungsträger ASK Hassenstein und Pfadt beauftragt worden, eine detaillierte Bestandsaufnahme der Mängel zu erstellen. Ergebnis: An allen technischen Anlagen bestehe ein "erheblicher Instandsetzungsstau". Die Feuchtigkeitsschäden in den Wohnungen führt der Gutachter vor allem auf falsches Heiz- und Lüftungsverhalten zurück. Die Kosten für die Umsetzung des Minimalpakets schätzt er auf rund drei Millionen Euro, eine umfassendere Sanierung würde etwa 4,8 Millionen Euro kosten.