700 neue Wohnungen im Jahr soll der Bezirk schaffen, die erste Wohnbaukonferenz debattierte das Wie und Wo

Harburg. Im Bezirk Harburg sollen jährlich 700 neue Wohnungen gebaut werden. Und Hochhäuser sollen, wenn überhaupt, nur im Harburger Binnenhafen entstehen. Das ist das Ergebnis der ersten "Harburger Wohnungsbaukonferenz", zu der am Sonnabend rund 100 Experten aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie ein paar interessierte Bürger in den Elbcampus der Handwerkskammer Hamburg nach Harburg kamen.

Die Bezirksversammlung wollte "über die Wohnungsbauziele und wohnungsbaulichen Entwicklungen im Bezirk Harburg in den Dialog treten". Die Diskussionsergebnisse sollen die Grundlagen für die Erarbeitung eines Wohnungsbauprogramms sein, das voraussichtlich im November von der Bezirksversammlung verabschiedet werden soll. "Wir können gemeinsam die Weichen für eine nachfragegerechte Wohnungspolitik in Harburg stellen", sagte der Vorsitzende der Bezirksversammlung, Manfred Schulz (SPD).

"Was ist einzigartig im Süden Hamburgs?", fragte Schulz. Seine Antwort: "Es ist die Natur. Wir haben die Harburger Berge mit einem der schönsten Waldgebiete in ganz Norddeutschland. Wir haben die Fischbeker Heide mit Segelflugplatz und Heidschnuckenherden. Und wir haben die Obstanbaugebiete in der Marsch und die Elbauen." Es bestehe Handlungsbedarf, so Schulz, "die Bevölkerungsstruktur in unserem Bezirk behutsam anzuheben." Ein Problem für Harburg sei weiterhin das schlechte Image in Hamburg.

Hintergrund der Veranstaltung zur Förderung des Wohnungsbaus im Bezirk Harburg ist der vom Hamburger Senat und den Bezirken im Juli unterzeichnete "Vertrag für Hamburg". Demnach sollen pro Jahr 6000 Wohnungen in Hamburg gebaut werden.

Für den Bezirk bedeutet dies, jährlich im Schnitt 700 neue Wohnungen zu schaffen. Im ersten Halbjahr 2011 wurden Genehmigungen für 300 neue Wohnungen erteilt. Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg (CDU) sagte: "Die Zielgröße von 700 Wohnungen ist eine große Herausforderung. Unser Bezirk ist ein attraktiver Standort für innovative Wohnprojekte im Grünen, am Wasser und im Herzen der Innenstadt. Wir bieten für Familien, Studierende und Senioren die richtigen Möglichkeiten des gehobenen, individuellen aber auch bezahlbaren Wohnens. Bei allen diesen Planungen ist uns die Beteiligung der Bevölkerung sehr wichtig."

Die Harburger seien im Durchschnitt schlecht mit Wohnraum ausgestattet, so Meinberg. "Die Wohnungen sind im Vergleich mit dem Rest Hamburgs ein Drittel kleiner, und es wohnen mehr Menschen in den Wohnungen." Wohnhochhäuser im Bezirk Harburg wird es mit Torsten Meinberg nicht geben. Damit erteilte der Harburg-Chef dem Vorschlag aus Teilen der Hamburger SPD eine Absage, angesichts der Wohnungsnot in der Stadt Hochhäuser zu bauen. Meinberg: "Wohnhochhäuser passen nicht nach Harburg." Eine Ausnahme machte er indes: Im Binnenhafen könnten auch weitere Hochhäuser gebaut werden - "bis zu 70 Meter hoch", sagte Meinberg dem Abendblatt.

Harburgs Baudezernent Jörg Penner sagte, Harburg habe kein Angebotsproblem, sondern ein "Nachfrageproblem". So gebe es auf dem Baugebiet "Elbmosaik" in Neugraben-Fischbek (NF 65) noch "zahlreiche bisher ungenutzte Bauplätze". 320 von 455 Wohneinheiten seien noch nicht realisiert worden. Auch für die Bebauung am Kaufhauskanal im Harburger Binnenhafen gebe es bislang keinen Investor.

Gentrifizierung, so Penner, sei "nicht immer falsch". So tue es der Harburger Innenstadt, in der 22 Prozent der Bewohner Transferleistungen beziehen, gut, wenn im "mittleren bis höheren Preissegment" gebaut werde - "das ist gut für die Mischung". Der Binnenhafen sollte für "solventere Käuferschichten" interessant werden. Und auch für Studenten sollte Harburg als Wohnort interessanter werden. In Planung seien 600 Zimmer und Wohnungen für Studenten der Technischen Universität Hamburg-Harburg.

Der Harburger Planer und Investor Udo Stein, 47, sagte dem Abendblatt, Harburg brauche "Mut in der politischen Umsetzung. Es hilft nicht, Potenzialflächen zu haben, sondern wir brauchen hier gebaute Wohnungen". Wenn ein Hochhaus an der "richtigen Stelle mit der richtigen Bewohnerschaft" stehe, so Stein, könne man auch ein Hochhaus bauen. "Das Ziel, im Bezirk Harburg jährlich 700 Wohneinheiten zu bauen, ist wünschenswert", sagte Stein, "aber ich habe meine Zweifel, ob das wirklich klappt."