Die Pläne für einen hochwertigen Wohnungsbau mit Einzelhäusern auf dem Röttiger-Gelände werden vom SPD-Senat beiseite gelegt.

Harburg. Herbststimmung auf dem Gelände der Röttiger-Kaserne: Die ehemaligen Bundeswehr-Gebäude setzen Moos an, Tautropfen benetzen das Gestrüpp auf dem 55 Hektar großen Grundstück an der Fischbeker Heide. Seit 2004 dämmert das Areal im Dornröschen-Schlaf vor sich hin. Und eigentlich sollte dort, so hatten es die Fraktionen in einer zurückliegenden Bezirksversammlung beschlossen, hochwertiger Wohnungsbau entstehen.

Unter dem Motto "Wohnen im Grünen" sollten Einzelhäuser mit Villencharakter junge Familien mit gutem Einkommen davon abhalten, ins Umland abzuwandern. Gleichzeitig erhofften sich Politik und Verwaltung, mit einer gutbürgerlichen Klientel - Uni-Angestellte und Mitarbeiter der Firma Airbus - die sozialen Strukturen im Hamburger Süden zu stabilisieren. Wohnen am Waldrand, das sei für viele attraktiv, hieß es vor einem Jahr auch von Abgeordneten aus sozialdemokratischem Lager.

+++Eine Frage der Bebauung+++

+++Fällarbeiten auf Röttiger-Gelände+++

+++Arbeitsstart auf dem Röttiger-Gelände+++

Der SPD-Senat schob diesen Plänen einen Riegel vor. Während einer Verkehrsausschuss-Sitzung der Bürgerschaft hieß es, "für den Bereich der Röttiger-Kaserne beispielsweise gebe es hinsichtlich der konkreten Nutzung und Form der Erschließung noch Diskussionsbedarf." Vor dem Hintergrund von Erschließungskosten von 30.000 Euro pro Wohneinheit - ursprünglich waren 450 Wohneinheiten vorgesehen - sollen kostengünstigere Alternativen geprüft werden. "Der Senat wird seine ehrgeizigen Pläne zum sozialen Wohnungsbau auf Kosten des Süderelberaums durchdrücken. Aus einem schönen Wohngebiet für Familien wird ein Areal, das von hohem Geschosswohnungsbau geprägt sein wird", sagt der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete André Trepoll. Dadurch könnten die Erschließungskosten gesenkt und damit ein solches Projekt gerechtfertigt werden. "Besonders enttäuscht bin ich von den SPD-Kollegen aus dem Wahlkreis, die es offensichtlich nicht geschafft haben, die Interessen der Menschen vor Ort gegen die Parteidoktrin zu verteidigen", so Trepoll.

Die SPD-Ortspolitiker gehen erst einmal in Deckung. "Da haben wir möglicherweise einen Fehler gemacht, in dem wir nicht von vornherein geprüft haben, wie teuer Wohnen im Grünen wird", sagt Jürgen Heimath, Vorsitzender der SPD-Bezirksversammlung. Momentan seien die Sozialdemokraten mit der Stadtentwicklungsbehörde im Gespräch, statt eines Gewerberiegels an der Cuxhavener Straße mehrgeschossige, in sich geschlossene Wohnbebauung zuzulassen. "Das drückt schon mal die Erschließungskosten für das restliche Gelände", sagt Heimath. Ein Plan, der sich noch nicht einmal zu Umweltsenatorin Jutta Blankau herumgesprochen zu haben scheint. In einem kürzlichen Medieninterview betonte sie, dass es ausdrücklich gewünscht ist, Flächen für Einfamilienhäuser auszuweisen, besondern in der Neuen Mitte Altona, auf dem Areal der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne in Wandsbek und auf dem Gelände der Röttiger-Kaserne in Fischbek.

Außerdem gibt es da auch einen rechtlichen Haken, denn der Bebauungsplanentwurf für Wohnen im Grünen auf dem ehemaligen Kasernengrund lag längst öffentlich aus, wurde von Anwohnern diskutiert und akzeptiert. "Es ist einer der wenigen Pläne, die auf große Zustimmung bei den Bürgern stößt", sagt CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer. Auch die Gemeinde Neu Wulmstorf habe signalisiert, dass einer ruhigen, einzelhausdominierten Wohngegend nichts entgegenzusetzen sei. Am Reißbrett seien schon eine sogenannte Waldsiedlung im Norden sowie ein Golf- und Reitressort geplant. "Wer will sich schon - egal nun ob auf Hamburger oder niedersächsischen Gebiet - ein teures Haus mit Garten in unmittelbarer Nachbarschaft zu mehrgeschossigen Mietskasernen leisten", so Fischer.

Doch allen Argumenten zum Trotz liegt Wohnen im Grünen in Fischbek erst einmal beim Senat auf Eis. Im aktuellen Doppelhaushalt sind finanzielle Mittel schon nicht mehr eingestellt. Frühestens in zwei Jahren können sich Verwaltung und Politik wieder damit befassen - mit möglicherweise neuen Aspekten. "Teil der Planungen war es auch, die Bundeswehr-Sportstätten zu renovieren. Die rotten jetzt vor sich hin, es wird immer teurer, sie in Schuss zu halten", so Fischer. Und wenn sich möglicherweise auf einem Fußballplatz ein Biotop samt Wachtelkönig ansiedelt - "dann steigen die Kosten in heute noch ungeahnte Dimensionen. Der Senat macht einen großen Fehler, wenn er jetzt für hochwertige Wohnbebauung an der Röttiger Kaserne nicht die Weichen stellt", sagt der Kreischef.