Es wird gebaut, obwohl Anwohner vor Gericht Stillstand des Straßenausbaus für ein Bürgerbegehren erreicht hatten

Marmstorf. Frühlingsanfang am Schafshagenberg: Große Baumaschinen graben sich ins Erdreich, Bäume wurden gegen die Arbeiten mit Matten geschützt, Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes suchen das Areal nach Blindgängern ab. Der einst idyllische Weg gleicht einer Grube.

Arnold Ude, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) gegen den Ausbau der Schafshagenberg-Stichstraße, ist aufgebracht. Wie berichtet, hatte er mit einigen Anwohnern ein Bürgerbegehren gegen die Modernisierungsmaßnahmen beim Bezirksamt eingereicht. Die Beamten machten Formfehler geltend, Ude klagte erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht mit dem Ergebnis, dass das Anliegen eines Bürgerbegehrens in Ordnung war und die Baumaschinen sofort abgezogen werden müssten.

"Ich werde nun von meinen Anwälten prüfen lassen, inwieweit diese Bauaktivitäten noch in Ordnung sind", kündigt der BI-Sprecher an.

Dierk Trispel, stellvertretender Bezirksamtsleiter, dazu: "Das Gelände wird immer noch vom Kampfmittelräumdienst nach Blindgängern abgesucht. Das ist unsere Pflicht. Vor Ort werden zusätzlich Probebohrungen vorgenommen, um Leitungsverläufe nachzuvollziehen" Außerdem hätten die Bauarbeiter bei den Grabungsarbeiten eine fatale Entdeckung gemacht. "Ein Teil des Bodens ist kontaminiert. Es wurden keine besorgniserregende Stoffe gefunden, aber die Erde muss abgetragen werden." Weiterhin steckt jede Menge Schutt unter der kleinen Stichstraße, die ins Appelbütteler Tal führt. "Ganz so harmlos ist es dort wohl doch nicht", so Trispel. Sind diese Arbeiten abgeschlossen, wird Sand und Schotter aufgebracht - "Dieser Belag dient als Untergrund für den Straßenausbau", so der stellvertretende Bezirksamtsleiter.

Ude schüttelt den Kopf. Er und seine BI-Kollegen haben nun noch fünf Monate Zeit, um die restlichen Unterschriften für ein erfolgreiches Bürgerbegehren zu sammeln. Insgesamt müssten 3400 Harburger mobilisiert werden. Etwas mehr als die Hälfte der benötigten Unterschriften, 1800 Signaturen, hat die BI schon. "Wir werden Listen auslegen, vielleicht auch Anzeigen in den Zeitungen schalten", so Ude. Eigentlich wäre auch das Bezirksamt rechtlich dazu verpflichtet, der BI beim Bürgerbegehren behilflich zu sein. "Ich bin mal gespannt, wie kooperativ die sind", so der BI-Sprecher. Viel verspricht er sich nicht davon. "Wir haben es erlebt, wie Bezirksamtschef Torsten Meinberg uns gesagt hat, dass wir eher das Grundgesetz ändern müssen, bevor hier keine Betonpiste gebaut wird." Klar, dass Harburgs Verwaltungschef unter Druck gerät. Denn hamburgweit gibt es laut Medienberichten etwa 800 Straßen, deren Anwohner mit einem Ausbau rechnen müssen. Die BI Schafshagenberg ist mit ihrem Protest und dem Einreichen eines Bürgerbegehrens sehr weit gekommen. Das Beispiel könnte Schule machen und andere Bauvorhaben hemmen, wenn nicht gar unmöglich machen. "Andere Bürger haben sich schon bei mir erkundigt, wie wir mit dem Papierkram fertig geworden sind", so Ude. Er erzählt ihnen dann, dass sie nicht nur einen langen Atem haben müssen, sondern sich auch vor einem Kleinkrieg mit den Behörden nicht scheuen dürfen. "Neulich wollte das Bezirksamt mein Auto abschleppen lassen, weil es angeblich fünf Zentimeter zu weit vom Grundstück in die Straße ragte. Das hatte dann aber der Bauleiter verhindert", sagt Ude und grinst.