Eine Architektin berät im Auftrag der Stadt Winsen, wie die Heizkosten minimiert werden

Winsen. "Gerade verdient unsere Heizung wieder Geld", sagt Sabine Kadow und lacht. Mit großen Augen guckt ihre Tochter Emma den grünen Kasten an, der auf einmal anfängt zu brummen. Zusammen mit ihrem Freund Stephan Dobler, 41, hat die 37-Jährige ein mehr als 100 Jahre altes Haus in der Luhdorfer Straße in Winsen gekauft. "Roter Backstein, ein 1800 Quadratmeter großer Bauerngarten - das war Liebe auf den ersten Blick", sagt Stephan Dobler, "und von Grund auf sanierungsbedürftig."

Das Ziel der dreiköpfigen Familie: Das 280 Quadratmeter-Haus so energetisch wie möglich sanieren. "Heizung, Fenster, Dach - wenn alles so geblieben wäre, wie wir es übernommen hatten, würde uns eine monatliche Nebenkostenabrechnung von 800 Euro blühen", so der Hausbesitzer. Untragbar und absolut unökologisch. Deshalb nimmt das Paar das Förderprogramm "Energie Sparendes Bauen" in Anspruch, bei dem die Stadt Winsen Energiesparmaßnahmen in privaten Haushalten fördert. 50 000 Euro stehen dafür für das Jahr 2010 im städtischen Haushalt zur Verfügung. "Das Programm wird so gut angenommen, dass wir es auch im kommenden Jahr gerne weiter laufen lassen wollen", so Bauamtsleiter Andreas Mayer.

"Wie viel von dem erzeugten Strom haben Sie im vergangenen Monat selbst verbraucht?" fragt Petra Atzenbeck und blättert zusammen mit Sabine Kadow in einem dicken Aktenordner. Die Architektin bietet im Auftrag der Stadt und im Rahmen des Energiespar-Förderprogramms Beratungsgespräche an - jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat in der Bürgerinformation des Rathauses. Außerdem prüft sie bei Hausbesuchen, wie die geförderten Maßnahmen umgesetzt wurden.

Sabine Kadow und Stephan Dobler haben sich im Juni 2008 bei Petra Atzenbeck gemeldet. "Als ersten Schritt haben wir dann einen Energieberater bestellt", so Stephan Dobler. Der stellte einen Energiebedarfsausweis aus, in dem jedes zu sanierende Bauteil aufgelistet wurde: Wie hoch ist der jeweilige energetische Bedarf und mit welchem Heizmittel wird dieser Bedarf abgedeckt?

Die Umbauten müssen 20 Prozent Energieersparnis bringen

"Daraus ergeben sich dann der endenergetische und primärenergetische Wert, die eine bestimmte Höhe nicht überschreiten dürfen", erklärt Sabine Kadow. Die Biotechnologin beschäftigt sich seit Monaten mit diesem Thema. "Wir hatten vom Bauen keine Ahnung", sagt ihr Lebensgefährte, der ebenfalls Biotechnologe ist.

Das ist wahrscheinlich ein Grund, warum die Sprechstunde von Petra Atzenbeck so gut besucht wird - der andere sind die Fördergelder. Zusammen mit den Hausbesitzern erstellt sie auf der Grundlage des Energiebedarfsausweises eine Liste der durchzuführenden Baumaßnahmen und in welchem Maße sie gefördert werden. Für den Ausweis selbst gibt die Stadt mit 70 Euro Zuschuss, für Wärmedämmung sind es maximal 500 Euro, ebenso etwa für eine elektrische Wärmepumpe. Bedingung: Insgesamt müssen durch die Baumaßnahmen mindestens 20 Prozent der bisher verbrauchten Energie eingespart werden.

Das Blockheizwerk erzeugt auch Strom

"Aber nicht alle kommen mit einem so großen Projekt zu mir wie Sabine Kadow und Stephan Dobler", sagt die Architektin, die für ihre Beratungstätigkeit sowohl von der Stadt Winsen, als auch von dem Bundesverband der Verbraucherzentrale bezahlt wird. "Manche wollen auch nur ihre Heizung erneuern." Zeit nimmt sich die Architektin aber für jeden: "Ich möchte den Leuten ein Gefühl dafür vermitteln, was energiesparendes Wohnen heißt. Eine neue Heizung nützt nicht viel, wenn Wände und Dach schlecht isoliert sind."

Sabine Kadow und Stephan Dobler haben schon eine neue Heizung. In einem Abstellraum steht eine Blockheizkraftwerk (Bhkw), ein großer grüner Kasten, der mit Gas betrieben wird. "Das Tolle: Wenn unsere Heizung arbeitet, erzeugt sie als Abfallprodukt Strom", erklärt Stephan Dobler, "mit dem wiederum unsere Haushaltsgeräte betrieben werden." Zum Teil produziert die Heizung sogar einen Überschuss. Der wird dann in das Netz eines Stromanbieters gespeist - zehn Cent pro Kilowattstunde bekommt die Familie dafür. "Zusätzlich werden wir noch eine Photovoltaikanlage auf dem Schuppendach installieren." Damit sowenig Wärme wie möglich aus den Räumen entweicht, sollen die Wände neben der nachträglichen Kerndämmung auch mit Calciumsilikat-Platten gedämmt werden. "Und wir bekommen neue Fenster mit Wärmeschutzglas." Insgesamt zahlt die Stadt Winsen für den Umbau rund 3000 Euro dazu.

Was die Familie dadurch einsparen wird? Das sind bisher nur Schätzwerte. "Mann kann von einem durchschnittlichen Verbrauchs-Wert von 67 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr ausgehen", so Petra Atzenbeck, "der vorherige Hausbesitzer hatte einen Verbrauch von 492 Kilowattstunde pro Quadratmeter und Jahr." Ein riesiger Unterschied, über den sich Sabine Kadow und Stephan Dobler schon heute freuen. Stephan Dobler: "Dieses Haus auf Neubauniveau von 2008 zu bringen, ist unheimlich viel Arbeit, aber wir wissen, es lohnt sich."