Proteste von Schülern aus Winsen und Stelle gegen die Gesamtschul-Entscheidung des Kreises

Winsen. Das Thema war die Gesamtschule für Winsen. Und selten tagte ein Kreisausschulausschuss vor so vielen Zuhörern und Demonstranten. Drinnen reichte der Sitzungssaal im Kreishaus für die Besucher nicht aus - sie mussten bei geöffneten Türen im Flur zuhören. Draußen demonstrierten derweil Schüler aus Roydorf und Stelle für den Erhalt ihrer Realschulen. Vor diesem Hintergrund fiel die Entscheidung der Abgeordneten des Kreisschulausschusses: Die zweite Integrierte Gesamtschule (IGS) des Landkreises kommt nach Roydorf.

Der Kreistag wird Ende Oktober die endgültige Endscheidung treffen

Der Ausschuss wird seine Empfehlung an den Kreistag des Landkreises Harburg zur endgültigen Entscheidung am 28. Oktober weitergeben. Wie berichtet, standen zwei Winsener Standorte für die IGS zur Disposition: in Roydorf und an der Bürgerweide. An beiden Standorten, das war klar, würde auf Dauer eine Realschule der IGS weichen müssen. "Mir ist in diesem Ausschuss noch nie eine Entscheidung so schwer gefallen wie heute", sagte Ausschussvorsitzende Martina Oertzen (CDU) zu Beginn der Sitzung.

Oertzen machte deutlich, dass sich der Ausschuss nicht anmaßen werde, eine Entscheidung nach qualitativen Gesichtspunkten zu fällen. Beide Schulen seien gute Schulen, daran bestehe auch im Ausschuss kein Zweifel, "dennoch müssen wir uns hier und heute für einen Standort aussprechen", so Martina Oertzen. Die Politik müsse nach der Faktenlage gehen, und die sei eindeutig. Ihre Fraktionskollegin Britta Witte ergänzte: "Es war für uns klar, dass wir, egal wie unsere Entscheidung ausfallen würde, an anderer Stelle Porzellan zerschlagen werden."

Zu den Demonstranten vor dem Kreishaus gehörte auch Andrea Redenz, die ihren Sohn Joshua, 11, und dessen Freunde René, 12, und Mika, 11, begleitete. "RS Roydorf will nicht sterben", stand auf ihrem Plakat. "Ich fände es wirklich sehr, sehr schade, wenn die Realschule in Roydorf in eine IGS umgewandelt wird", sagt Redenz. Sie befürchtet vor allem, dass die besseren Lehrkräfte mit dem Auslaufen der Realschule abwandern und nicht an der neuen IGS bleiben. "Die letzten zwei Jahrgänge der Realschule müssten dann vermutlich nach Buchholz in die Realschule, um ihren Abschluss zu machen, mit neuen Lehrern. Das macht es den Kindern viel schwerer. Wenn gewährleistet wird, dass genügend Lehrer an der Schule bleiben, um einen guten Abschluss zu garantieren, wäre es weniger schlimm." Joshua, der in die sechste Klasse geht, wäre davon betroffen.

Silke Eckert, die in Roydorf Chemie unterrichtet, sorgt sich mehr um den Übergang für Lehrer. "Wenn ich A-, B-, und C-Kurse habe, kann ich mich auf das Niveau einstellen. Wenn ich aber plötzlich 30 Kinder mit ganz verschiedenem Wissensstand da sitzen habe, muss ich allen auf einmal gerecht werden. Ich habe im Prinzip nichts gegen eine IGS, aber es gab überhaupt keine Weiterbildung für uns Lehrer", klagte sie. Alle sorgen sich, dass die Zusammenarbeit mit den Eltern nicht an die neue IGS hinübergerettet werden kann.

Der Landkreis muss 6,52 Millionen Euro für Roydorf ausgeben

Rund 6,52 Millionen Euro muss der Kreis in den Umbau der Roydorfer Realschule zur IGS investieren, knapp zwei Millionen Euro teurer wäre der Umbau der Johann-Peter-Eckermann Schule. Oertzen: "Auch die Nachhaltigkeit war für die Fraktionen CDU und FDP ein Faktor. Was machen wir mit den umgebauten Gebäuden, wenn die Schülerzahlen in ein paar Jahren zurückgehen werden? Die umgebaute Roydorfer Schule kann später auch anders genutzt werden." Wegen der zu erwartenden sinkenden Schülerzahlen hatte der Kreis schon die Berufsbildenden Schulen in Buchholz so umgebaut, dass sie später als Wohnquartiere genutzt werden könnten. "In der Bürgerweide hätten wir diese Möglichkeit nicht", so Oertzen.

Auch die SPD sieht in dem Roydorfer Standort klare Vorteile. Genau wie die Grünen sehen die Sozialdemokraten in der Entscheidung für einen neuen IGS-Standort nicht gleichzeitig eine Entscheidung gegen eine bestehende Realschule. Es sei eine große Chance für Lehrer und Schüler der Realschule, bei der neuen IGS mitzumachen, gab Dieter Bender (SPD) zu bedenken. "Bei uns arbeitet kein eingeschlafenes Kollegium, das vom Schulausschuss aufgeweckt werden muss. Unsere Schule ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Hier wird ein System, das über Jahre hinweg gute Arbeit geleistet hat, mit der IGS beerdigt", sagte der Roydorfer Schulleiter Rainer Ebel, der als Zuhörer in die Sitzung gekommen war.

Folgt der Kreistag der Empfehlung des Ausschusses, dann werden ab dem nächsten Jahr keine Schüler mehr in Roydorf angenommen, bestehende Klassen können noch ihre Abschlüsse machen. Um die Steller Realschule zu stärken, empfiehlt der Ausschuss, vorübergehend die Einzugsgebiete der Schule auszuweiten.

Wie berichtet, fordern die Marschachter Bürger eine gymnasiale Außenstelle für ihre Samtgemeinde. Um darüber zu beraten, will der Ausschuss die Novellierung des Schulgesetzes in Hannover abwarten. Dort wird derzeit darüber beraten, wie viele Züge eine Außenstelle haben muss.