Tierschützer decken auf, dass ein Geflügelhof im Kreis Harburg seit Jahren halb ausgebrütete Enteneier zum Verzehr verkauft

Wistedt. Der Lebendrupf-Skandal auf dem Gänsehof Schwerk ist kaum vergessen, schon wird der nächste Tierschutzskandal in dem Geflügelmast-Betrieb bei Wistedt aufgedeckt. Tierschutz-Aktivisten der Stiftung "Vier Pfoten" werfen Manfred und Björn Schwerk sowie deren Vater Rudolf Schwerk vor, dass "in der Anlage Enteneier angebrütet und die Embryonen in der Schale unter dem Ladentisch zum Verzehr" an Asia-Märkte, unter anderem in Hamburg, verkauft werden.

In einigen asiatischen Ländern gelten die angebrüteten und voll entwickelten Entenküken in ihrer Schale, unter dem Namen "Balut-Eier", als Delikatesse. Nach rund 20 Tagen Brutzeit, also kurz bevor die Entenküken normalerweise schlüpfen, werden sie gekocht - oder sogar roh gegessen.

Nach dem deutschen Lebensmittelrecht laut Paragraf 3 (bebrütete Enteneier) ist es jedoch verboten, "bebrütete Enteneier in irgendeiner Form zum Zwecke menschlichen Genusses in den Verkehr zu bringen", was vor allem an der hohen Salmonellengefahr liegt. Die Stiftung hat gegen den Betrieb Strafanzeige gestellt.

Im Sommer vergangenen Jahres hatten Mitglieder von Vier Pfoten mit heimlichen Videoaufnahmen beweisen können, dass auf dem Hof der Familie Schwerk Gänse lebendig gerupft wurden. Viele Tiere überlebten diese Tortur entweder nur schwer verletzt oder gar nicht. Die Mitarbeiter hatten Rupfmaschinen benutzt, die nur für tote Tiere benutzt werden dürfen. Auch das Veterinäramt des Landkreises Harburg geriet in die Kritik, weil dessen Mitarbeiter den Betrieb, der zu den größten seiner Art in Norddeutschland gehört, ständig kontrolliert hatten, von der offenbar gängigen Lebendrupf-Praxis aber angeblich nichts gewusst hatten. Inzwischen sind die Maschinen verplombt. Die Leiterin des Kreis-Veterinäramts, Dr. Astrid Kröger, kündigte damals unangemeldete Kontrollen auf dem Hof an. Gegen Ex-Inhaber Rudolf Schwerk wurde ein Tierhalteverbot verhängt, die Leitung des Betriebes ging auf seinen Sohn Manfred Schwerk über.

Marcus Müller von Vier Pfoten fragt: "Wie kann es sein, dass auf dem bestüberwachten Hof der Gegend immer noch Tierquälerei, Steuerhinterziehung und Schwarzhandel blühen können? Für Schwerk ist das Geschäft mit den Ekel-Eiern sehr profitabel. Ohne lästige Rechnungen bleiben ihm Profite von rund 20 000 Euro. Nach unseren Informationen sollen rund 1000 angebrütete Enteneier wöchentlich an asiatische Kunden verkauft worden sein, und das schon seit Jahren."

Die Tierschützer deckten den erneuten Skandal auf, indem sie asiatische Käufer der Enteneier mit versteckter Kamera begleitet hatten. Die Kunden kauften Balut-Eier in zwei Asia-Läden in Wandsbek, die nach Angaben der Tierschützer von Schwerk beliefert werden, sowie auf dem Hof in Wistedt direkt. Bei Schwerk habe man sofort gewusst, worum es geht, als sich die Käufer am Telefon nach den Eiern erkundigten. "Es handelt sich hier um einen erschreckend großen Konsumentenkreis, der sich allerdings in recht geschlossenen Gesellschaften bewegt", so Müller.

"Wir haben dann die Eier zunächst mit einer starken Lampe durchleuchtet, um zu sehen, ob die Tiere noch leben, und dann einige der bereits gestorbenen geöffnet", berichtet der Tierschützer weiter.

Die vermeintliche Delikatesse sei aber nicht nur unter ethischen Gesichtspunkten anzuprangern, sondern berge auch große gesundheitlich Gefahren: "In den Läden lagern die Ekel-Eier neben Gemüse und Tofu. Wer diese Ware kauft, dem droht die Gefahr einer Salmonellen-Infektion, die gerade für Kinder und alte Menschen sehr gefährlich ist", so Marcus Müller.

Beim Landkreis gibt man sich indes bedeckt. Kreishaussprecher Georg Krümpelmann: "Der Landkreis Harburg kooperiert eng mit Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Stade gegen den Geflügelhof Schwerk im Landkreis Harburg sind von Beginn an in enger Abstimmung mit dem Veterinäramt des Landkreises Harburg erfolgt. Im Rahmen des noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft wird die Frage geprüft, ob das Inverkehrbringen von angebrüteten Enteneiern einen Straftatbestand erfüllt. Vom Ausgang dieses Verfahrens ist abhängig, ob das Veterinäramt eine Grundlage zum Einschreiten aus lebensmittelrechtlichen Gründen hat." Mehr könne er zum jetzigen Zeitpunkt aus Rücksicht auf das laufende Verfahren in Stade nicht sagen, so Krümpelmann.