In Heimfeld verstoßen besonders viele Halter gegen die Pflicht, den Kot ihrer Tiere zu entfernen. Anwohner klagen über mangelnde Kontrollen.

Hamburg. Mit unsicheren Schritten läuft eine alte Frau hinter ihrem Hund her. Es ist nicht genau auszumachen, wer hier wen führt. Plötzlich bleibt der Vierbeiner stehen. Und nimmt kurz darauf jene Position ein, die unzweideutig auf ein "größeres Geschäft" schließen lässt. Der Abschluss lässt nicht lange auf sich warten. Ebenso unvermittelt setzt das Duo seinen Weg fort. Zurück bleibt ein riesiger stinkender Haufen auf dem sogenannten Straßenbegleitgrün.

Diese Szene wiederholt sich so oder ähnlich täglich zig-mal an der Haakestraße im Harburger Stadtteil Heimfeld. Sie zählt zu den häufigsten Tatorten für eine Ordnungswidrigkeit, der die Bezirksämter offenbar machtlos gegenüberstehen. Laut Hamburger Hundegesetz sind Hundebesitzer verpflichtet, die Hinterlassenschaft ihrer Tiere zu entfernen. Theoretisch. Praktisch ist die Haakestraße ein rechtsfreier Raum - zumindest für Hundebesitzer.

+++ Das stinkt doch zum Himmel +++

+++ SPD fordert neues Gesetz - kommt der Hundeführerschein? +++

+++ Häftlinge bilden Hunde aus: Pilotprojekt erfolgreich +++

Allein auf den rund 25 Metern Straßenbegleitgrün zwischen Feldnerstraße und Wattenbergstraße fanden sich jüngst 51 Hundehaufen, im Schnitt jeden halben Meter einer. Wer als Beifahrer in der Haakestraße einem Auto entsteigt, geht also ein hohes Risiko ein. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Tretmine zu werden, liegt bei 50 Prozent. "Im Bezirksamt Harburg weiß man um die Brisanz des Themas", sagt Sprecherin Beatrice Göhring. Der Bezirkliche Ordnungsdienst (BOD) sei entsprechend sensibilisiert. Oft genug fehle es aber an gezielten Informationen, um die Verursacher belangen zu können. Im Fall Haakestraße sollte dies nicht so schwer sein: Hier sind Verstöße gegen das Hamburger Hundegesetz seit Jahren an der Tagesordnung. Zeitweilig waren deshalb an vielen Bäumen die bekannten schwarzen Tütchen befestigt, mit denen die Häufchen normalerweise entsorgt werden. Gebracht hat diese Maßnahme wenig. Selbst wenn die Tüten benutzt wurden, landeten auch sie oft am Rande des Bürgersteigs.

"Ich bin hochgradig angewidert von dieser Situation", sagt Diana Nero, Mutter von zwei kleinen Kindern. Deren Schulweg sei geradezu gepflastert mit den lästigen Tretminen. Am schlimmsten aber sei die Ignoranz der Hundebesitzer selbst. "Viele dieser Leute geben sich absolut resistent gegen kritische Nachfragen, ihnen fehlt es an jeglicher Sensibilität", sagt Diana Nero. Das beliebteste Argument: "Ich zahle doch jedes Jahr 90 Euro Hundesteuer, basta!"

Auch Wiebke Wittenburg findet die Situation in Heimfeld extrem: "Der Ekel hat mich oft regelrecht wütend gemacht. Es ist unverantwortlich, wie sich viele Hundebesitzer hier verhalten. Vier Jahre habe sie mit ihrer Familie an der Haakestraße gewohnt. "Dann hat es uns gereicht: Dass wir weggezogen sind, hatte auch viel mit dem Thema Hundescheiße zu tun. Das wollten wir unseren drei Kindern nicht länger zumuten", sagt Wiebke Wittenburg dem Abendblatt.

Dass eine erhöhte Kontrollfrequenz hier dringend geboten scheint, ist offensichtlich: Hamburgweit sind 40 000 Hunde registriert, die täglich für rund 13 000 Kilo Kot sorgen. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 wurden in allen sieben Hamburger Bezirken zwar 476 568 Knöllchen für Vergehen im "ruhenden Verkehr", also vorwiegend Parkvergehen, verteilt - aber nur ganze 1008 Verstöße gegen das Hundegesetz behördlich registriert. Das ist weniger als einer pro Tag und Bezirk. In diese Statistik fließen unterdessen auch Verstöße gegen die Anleinpflicht oder fehlende Papiere ein. Der Anteil von Strafmandaten wegen "Nichtaufnahme und Nichtentsorgung des Hundekots" ist entsprechend gering.

"Das Problem ist, dass die Hundebesitzer und ihre Tiere auf frischer Tat ertappt werden müssen", versucht Lars Schmidt-von Koss, Sprecher des Bezirksamts Mitte, das 2011 alle Hamburger Verstöße gegen das Hundegesetz zentral erfasst hat, das Missverhältnis zu erklären. Erst dann könne der Hundehalter verwarnt werden. Gemäß aktuellem Bußgeldkatalog der Hansestadt Hamburg sind in so einem Fall zwischen 30 und 100 Euro bei Fahrlässigkeit sowie zwischen 50 und 200 Euro bei Vorsatz fällig.

Es fehlt den Bezirklichen Ordnungsdiensten offenbar auch am nötigen Personal, um ihrer Kontrollpflicht nachzukommen. Wie das zuständige Dezernat des Bezirksamts Harburg auf Abendblatt-Anfrage mitteilte, gebe es in Harburg derzeit gerade sieben Außendienstmitarbeiter, die täglich zwischen 7.45 und 19 Uhr in zwei Schichten auf den Straßen patrouillierten. Von April an werde die Einsatzzeit bis 21 Uhr verlängert, in den Sommermonaten Juli und August sogar bis 23 Uhr.

Bleibt die Frage, welche Priorität die Ahndung von Verstößen gegen das Hundegesetz bei den BOD-Mitarbeitern hat. "Seit Jahresbeginn wurde bislang nur ein Verstoß geahndet", sagt Beatrice Göhring. Über die Anzahl der Knöllchen für Falschparker hüllt sich das Amt in Schweigen. Angeblich weil es nach einer Softwareumstellung Probleme mit dem Abruf der Daten gebe.

Übrigens: Die Drogeriemarktkette Budnikowsky hat die schwarzen "Gassi-Beutel" bereits seit vielen Jahren im Sortiment. Und sie kosten noch immer null Cent.