Der Widerstand der Bürger in Wilstorf gegen das Bau-Projekt an der Zimmermannstraße führt zu einem Kompromiss mit dem Eisenbahnbauverein.

Harburg. Der monatelange Streit zwischen der Harburger Wohnungsbaugenossenschaft Eisenbahnbauverein (EBV) und Mietern in Wilstorf um eine verdichtete Wohnbebauung im Abschnitt Reeseberg, Zimmermannstraße, Sophienstraße und Friedrich-List-Straße ist beendet. Unter dem Druck eines von den Anwohnern im Januar gestarteten Bürgerbegehrens rückte die Genossenschaft jetzt von ihrer maximalen Zielsetzung ab, vier Häuser mit insgesamt 44 Wohnungen auf einer denkmalschutzwürdigen Kleingartenfläche im Innenhof der aus den 1920er Jahren stammenden Siedlungsanlage zu errichten. Eine Kompromisslösung, die nur noch die Hälfte der Bebauung vorsieht, soll an diesem Sonnabend von beiden Parteien, dem EBV-Vorstand und den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens, in einem privatrechtlichen Vertrag vereinbart werden.

Die SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung hat mit Blick auf die sich anbahnende Einigung bereits einen Antrag für die kommende Sitzung am 28. Februar eingereicht, um die weitere Bauplanung gemäß der Kompromisslösung zu unterstützen. Voraussichtlich im kommenden Jahr wird der EBV mit dem im Umfang abgespeckten Wohnungsbauvorhaben beginnen können.

Gebaut werden sollen zwei dreigeschossige Häuser plus Staffelgeschoss mit jeweils elf Wohnungen. "Das ist ein bislang nie dagewesener Fall in der gut 90-jährigen Geschichte unserer Genossenschaft", sagt EBV-Vorstand Joachim Bode, "es liegen uns überhaupt keine Erfahrungen vor, wie im Falle eines Bürgerbegehrens zu verfahren ist. Und es wäre für uns in juristischer Prüfung unter anderem auch zu klären gewesen, ob sich unsere Mieter genossenschaftsförderlich verhalten oder sogar gegen die Grundsätze der Genossenschaft verstoßen haben. Der juristische Aufwand wäre groß geworden und wir entschieden uns deshalb für das Kompromissangebot."

Bereits zu früheren CDU- und CDU/GAL-Regierungszeiten war mit den Projekten "Wachsende Stadt" und "Sprung über die Elbe" nach Bauplätzen innerhalb des Stadtgebiets gesucht worden. Beim Blick von oben auf die Stadt zeigt sich, dass Häuser vielfach entlang der Straßen gebaut sind und zwischen den Häuserzeilen oft große Gartenflächen existieren. Sie für Wohnungsbau zu erschließen ist noch immer das Ziel von Politik und Verwaltung. Im Bezirk Harburg, darunter auch in Wilstorf (Jägerstraße/Mensingstraße/Osterbaum) und Eißendorf (Weinligstraße), mussten bereits mehrfach Versuche begraben werden, die Bebauungspläne für die Nachverdichtung zu ändern, weil Bürger die Pläne für rückwärtige Bebauung und Grundstückserschließung durch Stichstraßen oder Pfeifenstiel-Anschlüsse zumeist mit großem Widerstand ablehnten.

Am 19. Oktober vergangenen Jahres informierte der Eisenbahnbauverein die Anwohner von Reeseberg, Zimmermannstraße, Sophienstraße und Friedrich-List-Straße erstmals über das Vorhaben der Innenhofbebauung. In dem Innenhof existieren etwa 25 Kleingärten. Sie haben Denkmalschutzwert, weil sie an die Zeit der Selbstversorgung in den 1920-er Jahren erinnern und auch jetzt noch von einer Vielzahl der Bewohner genutzt werden. Die Mieter fühlten sich mit ihrer Ablehnung der Bebauung von der Genossenschaft nicht richtig wahrgenommen. Anwohner Andreas Frankenberg: "Wir hatten deshalb im November innerhalb kurzer Zeit mehr als 400 Unterschriften gesammelt und unsere Ablehnung auch dem Bauamt und dem Stadtplanungsausschuss mitgeteilt. Aber auch der Stadtplanungsausschuss reagierte nicht wirklich auf unseren Protest. Als wir ein Bürgerbegehren ankündigten, wurde uns sogar damit gedroht, der Senat würde den Fall evozieren und im Sinne der Genossenschaft entscheiden. Das war schon wirklich harter Tobak."

Die Bewohner ließen es dennoch darauf ankommen, wählten drei Vertrauensleute und starteten im Januar das Bürgerbegehren. Mehr als 1000 Unterschriften wurden bereits gesammelt. Die halbjährige Frist des Begehrens hätte erst im Juni ein Ende gehabt. So hat aber der vom EBV-Vorstand nun vorgelegte Kompromissvorschlag die von beiden Seiten akzeptierte Lösung gebracht. Die beiden Neubauten entstehen außerhalb der denkmalschutzwürdigen Kleingärten in Richtung Reeseberg. Die Häuser erhalten keine Zufahrt für Autos, außer für Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr. Baumbestand soll bei dem Bauvorhaben berücksichtigen werden.