Durch einen neuen Kanukanal kann jedermann ab dem Frühjahr 2013 von der Elbinsel zur Alster paddeln - dafür muss ein Schwimmbad weichen.

Wilhelmsburg. Vom Gelände der Internationalen Gartenschau (igs) auf der Elbinsel Wilhelmsburg bis in den Hamburger Hafen paddeln: Diesem Vergnügen können Kanu- und Kajakfreunde ab dem Frühjahr 2013 nachgehen. Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer ist derzeit dabei, den 1,3 Kilometer langen Kanukanal zu bauen. Er wird fünf bis 7,5 Meter breit und 75 Zentimeter tief sein. Die Kosten werden sich auf 9,5 Millionen Euro belaufen - gezahlt werden sie von den Hamburger Steuerzahlern.

Die Nord-Süd-Verbindung des Kanals verläuft vom Bürgerhaus Wilhelmsburg - wo ab dem Frühjahr Barkassen aus der Hamburger City anlegen werden - bis zum Kuckucksteich, östlich der Wilhelmsburger Reichsstraße (B4/75). Somit können Paddler die Internationale Gartenschau und später den Wilhelmsburger Inselpark vom Wasser aus erleben.

Gebaut wird der Kanukanal aber nicht wegen der Paddler. "Der Kanal dient vorrangig der Entwässerung der angrenzenden Flächen für die Neubauten in der neuen Mitte Wilhelmsburgs", sagt LSBG-Projektleiterin Käthe Fromm, 57. Sie hält das Bauprojekt für richtungsweisend für die Elbinsel: "Wenn die ersten Bötchen fahren, wird man sich fragen, warum man dieses Projekt nicht schon viel früher gemacht hat. Hier wird ein Buch mit weißen Seiten geöffnet - die Wilhelmsburger müssen da jetzt etwas hineinschreiben."

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Bis Juni soll die Unterquerung unter der Wilhelmsburger Reichsstraße fertig sein, von März bis Juli wird die Unterquerung unter der Dratelnstraße gebaut. Dafür muss die Dratelnstraße verschwenkt werden, bevor sie ab September wieder zurückgebaut wird. An diesem Wochenende kann die Dratelnstraße nicht von der Neuenfelder Straße aus befahren werden.

Genau der Kanuabschnitt an der Dratelnstraße wird zu einem großen Problem für viele Wilhelmsburger: "Das Schwimmbad Wilhelmsburg muss im September abgerissen werden, damit wir die Oberflächenentwässerung komplettieren können", sagt Käthe Fromm. Das neue Schwimmbad auf dem Gartenschaugelände soll aber erst kurz vor Beginn der Internationalen Gartenschau am 26. April 2013 öffnen. Damit werden die 50 000 Bewohner der Elbinsel Wilhelmsburg für rund sieben Monate kein Schwimmbad mehr haben.

"Betroffen sind auch rund 50 Schulklassen von den Elbinseln", räumt Thomas Cyriacus, 50, vom Bäderland Hamburg ein, das 26 Schwimmhallen betreibt. "Wir sind dabei, gemeinsam mit der Schulbehörde und dem Sportamt Alternativen zu prüfen." Konkrete Pläne kann Thomas Cyriacus noch nicht nennen.

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Thomas Wirl, 41, Interimsmanager des Turn- und Schwimmvereins Harburg/Wilhelmsburg von 1894 ist empört über die Pläne: "Hier haben die Verantwortlichen Bockmist gebaut, das ist ein klarer Planungsfehler. Den Wilhelmsburgern und uns ist jahrelang versichert worden, dass der Schwimmbetrieb nahtlos weitergeführt werden kann." Rund 100 Schwimmer der Startgemeinschaft Schwimmen aus dem Hamburger Süden sind betroffen. "Wir brauchen die Wasserzeiten in Wilhelmsburg zum Trainieren", sagt Thomas Wirl. "Wenn wir bei Wettkämpfen nicht erfolgreiche Plätze belegen, werden unsere Wasserzeiten für die nächste Saison gekürzt, und wir können weniger trainieren. Das ist ein Teufelskreis." Sorgen bereitet Thomas Wirl auch die Schwimm-Nachwuchsförderung im Schwimmbad Wilhelmsburg. "Hier gewinnen Kinder Spaß am Wasser - viele trainieren dann später dreimal pro Woche. Die Wilhelmsburger Eltern werden diese Kinder nicht in das Schwimmbad Neugraben oder in unser 12 mal 8 Meter großes Bewegungsbecken nach Heimfeld schicken."

Käthe Fromm räumt indes ein, dass die vorzeitige Schließung des Schwimmbades Wilhelmsburg nicht zwingend erforderlich gewesen wäre: "Man könnte durchaus Spundwände in den Boden rammen." Allein, die würden Kosten "im Millionenbereich" verursachen, sagt Käte Fromm. "Das sollte nicht sein - das ist zu teuer."

Wer künftig vom igs-Gelände zum Bürgerhaus paddelt, wird drei Straßen unterqueren: die Neuenfelder Straße, die Dratelnstraße und die Wilhelmsburger Reichsstraße. Vorher passiert ein Regenrückhaltebecken, in dem die mondänen "Water Houses" gebaut werden. Deren exquisite Bewohnerschaft kann künftig im Prinzip von Wilhelmsburg nach Amerika paddeln.