Die Firma Gaz de France betreibt die 2000 Meter tiefen Bohrungen. In Sinstorf wird gerade der Aufbau für neue Pumpenanlagen errichtet.

Harburg. Keine saudischen Wüsten, keine texanischen Ölbarone und auch kein Dallas-Fiesling J. R. Ewing weit und breit. Und trotzdem verbreitet das "Schwarze Gold" im Süden Hamburgs ein wenig dieser Atmosphäre. Die Gaz de France (GDF) Suez E & P Deutschland GmbH macht sich derzeit an die Arbeit, die seit 1960 bestehenden beiden bis zu 2000 Meter tiefen Bohrungen des Ölfelds Sinstorf unterirdisch neu auszurichten. Im Laufe des Jahres soll mit der Erdölförderung im Bereich der Autobahnanschlussstelle Fleestedt an der A 7 und dem Betriebs- und Tanklagerplatz Sinstorf an der Poststraße in Beckedorf (Gemeinde Seevetal) wieder begonnen werden. GDF-Sprecher Dr. Stefan Brieske: "Bei einem gewissen Preisniveau, wie wir es derzeit vorfinden, wird auch weiterhin die Förderung von Erdöl in der Region wirtschaftlich sein."

Dabei sind keine gigantischen Mengen wie in den Ölfeldern Saudi Arabiens zu erwarten. Vor zwei Jahren produzierte Gaz de France aber immerhin 20 000 Tonnen Erdöl in Hamburg. Der Hauptbetrieb befindet sich im Bezirk Bergedorf. Per Tanklastwagen wird das gewonnene Rohöl von den Betrieben Bergedorf und Sinstorf zu einer Öltank-Station nach Wilhelmsburg geschafft und von dort per Rohrleitung zur Weiterverarbeitung in die Shell-Raffinerie Harburg gepumpt. So kann es durchaus sein, dass sich in den Kraftstoffmixturen von Diesel bis Super Plus, mit denen Autofahrer unterwegs sind, auch ein paar Tropfen aus dem heimischen Untergrund befinden. Im Bezirk Bergedorf wird aus dem Feld Reitbrook bereits seit 1937 Öl gefördert. Dort konnten in der Anfangszeit bis zu 400 000 Tonnen pro Jahr aus den Tiefen geholt werden. Brieske spricht von einer deutschen Standard-Ölqualität, die im Süden Hamburgs gepumpt wird. Das Öl ist in porösen Gesteinsschichten eingelagert, ist vor Millionen Jahren, in früher erdgeschichtlicher Zeit, aus Überresten von Meeresgetier und Pflanzen entstanden. Gaz de France holt aber bei weitem kein reines Öl aus dem Untergrund. Brieske: "In den Hamburger Feldern wird ein sogenanntes Nassöl gefördert, das zu 90 Prozent aus Wasser besteht. Das Öl wird in unseren Anlagen Sinstorf und Bergedorf vom Wasser getrennt."

Im Feld Sinstorf laufen derzeit die Vorbereitungen für die Neuausrichtung der Bohrlöcher und den folgenden Aufbau der Pumpenanlagen. Der poröse Gesteinsuntergrund Hamburgs hat nach der Ölausbeute noch einen weiteren Nutzwert. Die Betriebsplätze sind auch ans unterirdisch verlaufende Netz europäischer Erdgas-Pipelines angeschlossen. So dient der poröse Untergrund auch als idealer Erdgasspeicher.

Die Erdölförderung lag ursprünglich in den Händen der Preussag, einem wichtigen deutschen Konzern, der sich vor neun Jahren aus dem Rohstoff- und Industriegeschäft zurückzog und nun als TUI im Tourismusmarkt aktiv ist. Die Preussag-Sparte Exploration und Produktion (E&P) mit dem kompletten deutschen Inlandsgeschäft war 2003 von der Gaz de France übernommen worden. Die wiederum fusionierte 2008 mit dem Wettbewerber Suez. Mit 35 Prozent ist der französische Staat Hauptaktionär.