In Wilhelmsburg brodelt es: Immer mehr Bürger und Politiker sind gegen die Fällpläne der Gartenschau.

Wilhelmsburg. Der Streit um die geplanten Baumfällungen auf dem Gelände der künftigen Internationalen Gartenschau Hamburg (igs 2013) in Wilhelmsburg spitzt sich zu. Am Dienstagabend plädierten in einer mit viel Emotionen geführten Sitzung die meisten Mitglieder des Regionalausschusses Wilhelmburg/Veddel und fast 50 Wilhelmsburger gegen die Pläne der igs: Die Gartenschau, eine hundertprozentige Tochter der Stadt Hamburg, hatte im November 2009 beim Bezirksamt Mitte beantragt, in diesem Winter 2235 Bäume zu fällen. 750 Bäume sind bereits gerodet worden.

Igs-Geschäftsführer Heiner Baumgarten, gleichzeitig Vorsitzender des BUND in Niedersachsen, versuchte die Wogen zu glätten. "Wir werden bei jedem Baum noch einmal genau hinsehen. Es wird in diesem Jahr nicht zu insgesamt 3000 Fällungen kommen." Gleichzeitig sagte er aber, auch in der "Fällsaison 2010/11" müssten noch weitere Bäume weichen - die Rede ist von rund 300 Bäumen.

Die Wilhelmsburger waren empört: "Ist dieser Kahlschlag wirklich nötig?", fragte Marianne Groß vom Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg. "Wir haben den Eindruck, dass hier Landschaft neu erfunden werden soll." Eine andere Wilhelmsburgerin monierte: "Die Bürger lieben alte, große Bäume mehr als neue, kleine. Die Kinder vom Reiherstiegviertel werden nicht zu den Ausgleichsflächen in Stillhorn und Moorwerder fahren, um sich dort die neuen spitteligen Bäume anzuschauen."

Prof. Michael Rothschuh erinnerte Heiner Baumgarten an dessen Statement aus den "IBA News" im April 2008: "Wir werden sehr behutsam in die gewachsene Ordnung des Geländes eingreifen, ohne dabei dem Genius Loci, dem Zauber dieses Ortes mit seinem Frieden, seiner Stille und seiner kultivierten Urwüchsigkeit Schaden zuzufügen." Der Wilhelmsburger Diplom-Biologe Jörg v. Prondzinski kritisierte, "dass die erfundenen Landschaften nichts ernsthaft mit der bestehenden Landschaft und den Bedürfnissen der Wilhelmsburger zu tun haben."

Der Bürgerschaftsabgeordnete Metin Hakverdi (SPD) bilanzierte, "die Bürger haben klar gemacht, dass sie die igs-Planungen nicht wollen. Ich werde mich für jeden einzelnen Baum einsetzen." Sein Parteikollege Klaus Lübke von der Veddel forderte "maßvolle Fällungen". Jutta Kodrzynski (GAL) sagte, "es müssen so wenig Bäume wie möglich gefällt werden, aber so viele, dass es ein wunderschöner Park für viele Menschen werden kann". Nur die vier Christdemokraten schien das Thema nicht zu interessieren: Sie meldeten sich in der zweieinhalbstündigen Diskussion nicht einmal zu Wort und verließen den Ausschuss vorzeitig.

Ronald Wilke von den Linken monierte, dass "nicht nur Bäume vernichtet, sondern auch viele Arten gestört werden". "Sie vernichten Biotope", rief er dem igs-Chef zu. An die Adresse der Grünen gerichtet, spottete er: "Vor 20 Jahren hätten sich die Menschen der GAL an jeden Baum gekettet." Die Linke hat Anzeige gegen igs und Finanzbehörde wegen "illegaler Baumfällungen" gestellt.